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Institut für kirchliche Ämter und Dienste

Synodal leben - eine Stilfrage

Syondalität als neuer Stil (D. Kapeller)
Syondalität als neuer Stil (D. Kapeller)

Reformstau, zunehmende Spannungen zwischen Hierarchie und Basis, Vertrauenskrise aufgrund sexualisierter Gewalt durch Kleriker und Ordensleute, verstärkte Mitbestimmung von Laien, völlige Gleichstellung von Frauen. Diese und ähnliche Schlagwörter prägen seit einigen Jahren den Innenblick auf Kirche. Dabei werden die Forderungen lauter und das Bewusstsein wächst, dass sich nun wirklich „etwas ändern muss“. Die Vorstellungen nach dem genauen Was und dem Wie dieser Veränderungen klaffen jedoch teils weit auseinander. In diese Grundstimmung hinein hat Papst Franziskus einen synodalen Prozess begonnen, der sich über drei Jahre erstreckt, in den einzelnen Ortskirchen startet, einen Austausch auf Kontinentalebene vorsieht und schließlich 2023 in eine Bischofssynode mündet. Dem Papst geht es aber nicht zuerst um die so genannten „heißen Eisen“, sondern um einen groß angelegten Kommunikationsprozess. „Dabei handelt es sich um ein Ausweichmanöver“ mutmaßen daher die einen. Andere wiederum erkennen gerade darin das Vermächtnis dieses Papstes und sein Bestreben die Kirche zu reformieren, indem er unmittelbar die „noch nicht eingelösten Versprechen des Zweiten Vatikanischen Konzils“ aufgreift. Wer die Chancen und Grenzen dieses synodalen Prozesses ausloten möchte, kommt nicht umhin, sich mit dem leitenden Interesse des Papstes zu beschäftigen.

Alle – einige – einer

Die Grundlagen für die Durchführung einer Bischofssynode wurden von Papst Paul VI. 1964 im Motu Proprio „Apostolica sollicitudo“ festgelegt, im Codex iuris canonici 1983 weiterentwickelt und zum 50-Jahr-Jubliäum 2014 von Papst Franziskus in der Apostolischen Konstitution „Apostolica Communio“ an die Erfordernisse der Gegenwart angepasst. Dabei hat der Papst besonders die Einbeziehung der Gläubigen in den Beratungsprozess gestärkt und Instrumentarien entwickelt, um sie möglichst unmittelbar zu Wort kommen zu lassen. Dazu bedient er sich Fragebögen, Versammlungen und Vorsynoden. Beibehalten wurde jedoch der Grundsatz, dass es sich bei diesem Prozess der Wahrheitssuche nicht um einen demokratischen Vorgang handelt, bei dem am Ende ein Mehrheitsvotum steht, sondern um einen geistlichen Prozess mit einer gestuften Zuständigkeit und Verantwortung. In einer von Papst Franziskus in Auftrag gegebenen und 2018 bestätigten Studie der Internationalen Theologischen Kommission zum Thema Synodalität wird auf das Zugleich einer aktiven Rolle des Gottesvolkes und der besonderen Aufgabe des Bischofsamtes hingewiesen:

Diese ekklesiologische Sicht lädt dazu ein, die Entwicklung der synodalen Gemeinschaft zwischen „allen“, „einigen“ und „einem“ zu fördern. (Nr. 64)

Entscheidend sei nun, so Johanna Rahner, dass es bei diesem Zueinander von allen Gläubigen, einigen Bischöfen und einem Papst nicht zur Festigung eines „Zwei-Klassen-Systems“ von Autorität der Kleriker und Gehorsam des Gottesvolkes komme, sondern zu einer aktiven Beteiligung der Gläubigen an den Beratungs- und Entscheidungsprozessen. Dies erfordere jedoch die Bereitschaft der Bischöfe Freiräume für Beteiligung zu schaffen und sich korrigierend nur dann einzubringen, wenn ihre spezifische Verantwortung des Leitens und Lehrens dies erfordere.

Eine Frage des Stils

Für Papst Franziskus ist Synodalität zuerst eine besondere Form oder auch ein Stil des Kirche-seins. Darunter versteht er die Fähigkeit sich der Führung des Heiligen Geistes anzuvertrauen, kirchliche Prozesse so zu gestalten, dass alle daran teilnehmen können, den Reichtum aller unterschiedlichen Charismen anzuerkennen, Verantwortung für die Verkündigung des Evangeliums partizipativ wahrzunehmen, am Aufbau einer schönen und bewohnbaren Welt mitzuwirken, eine Umwandlung von kirchlichen Machtstrukturen, die gegen das Evangelium stehen, vorzunehmen und als verlässlicher Partner in einem sozialen Dialog mit der Gesellschaft einzutreten. Dies alles soll durch den Prozess der Weltsynode künftig verstärkt stilbildend für kirchliches Wirken werden. Und dieser besondere Stil soll die Kirche in die Zukunft führen.

Eine Zielformulierung

Was müsste sich nun aber bis 2024 geändert haben, damit deutlich wird, dass bei uns, in unseren Pfarrgemeinden und diözesanen Dienststellen ein neuer Stil Einzug gehalten hat? Wenn ich Papst Franziskus richtig verstanden habe, dann würde sofort auffallen: hier leben und arbeiten Menschen zusammen, die einander respektieren, aufeinander hören und im Gebet miteinander verbunden sind. Entscheidungen werden nicht getroffen, weil einer der Pfarrer oder der Amtsleiter ist, sondern weil im Hören auf den Heiligen Geist miteinander Argumente, Wahrnehmungen und Sichtweisen abgewogen worden sind. Im Zusammenwirken von Klerikern und Gläubigen nehmen alle ihren Platz ganz selbstverständlich ein, bringen ihre Begabungen ein und unterstützen und ergänzen einander. Im pfarrlichen und diözesanen Alltag herrscht eine nachhaltiger Lebensweise, eine grundsätzliche Offenheit gegenüber anderen Meinungen und die Bereitschaft sich als Christin und Christ in die Gesellschaft einzubringen und sich im Sinne des Evangeliums zu positionieren vor.

Ob dieser besondere Stil auch zu Entwicklungen bei den großen Reformthemen der Kirche führt, wird sich spätestens 2024 zeigen. Papst Franziskus lädt uns jedenfalls nachdrücklich dazu ein, uns mit diesem Stil gemeinsam auf dem Weg zu machen.