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Institut für kirchliche Ämter und Dienste

Nizäa – für heute

Was das erste ökumenische Konzil mit uns zu tun hat

Aktuelle Relevanz des Konzils von Nizäa (pfarrbriefservice.de/Peter_Weidemann)
Aktuelle Relevanz des Konzils von Nizäa (pfarrbriefservice.de/Peter_Weidemann)

Im Juni des Jahres 325, also vor genau 1.700 Jahren, wurde in Nizäa, der heutigen türkischen Stadt Iznik, das erste ökumenische Konzil der Christenheit eröffnet. Am Konzil nahmen ca. 220 Bischöfe, Chorbischöfe und Delegierte teil. Davon kamen jedoch nur ca. 10% aus der Westhälfte des Reiches. Die Beschlüsse des Konzils betreffen die so genannte arianische Frage (dazu gleich mehr), diverse Schismen und den Osterfeststreit. Die insgesamt 20 Beschlüsse sind jedoch Großteils nicht mehr erhalten. Überliefert wurde jedoch das Glaubensbekenntnis, das – mit entsprechenden Erweiterungen am 1. Konzil von Konstantinopel (381) – bis heute den Kern christlichen Glaubens bildet. In diesem Beitrag geht es nicht um einen historischen Bericht, sondern um die Relevanz des Konzils für die Kirche heute.

Staat und Kirche

Einberufen wurde das Konzil von Kaiser Konstantin. Er war von der Idee geleitet, für Friede und Einheit nicht nur in seinem Reich Sorge tragen zu müssen, sondern auch in der Kirche. Die Kirche stand im 4. Jahrhundert noch unter dem Eindruck der Verfolgung. So nahmen am Konzil Bischöfe teil, die Opfer staatlicher Repression waren. Der Übergang von einer verfolgten Kirche zu einer Kirche, die als Staatsreligion anerkannt ist, wird in der Kirchengeschichte als „konstantinische Wende“ bezeichnet. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich nun eine Auseinandersetzung um die Vormachtstellung von staatlicher oder kirchlicher Autorität. Erst mit Ende des Kirchenstaates 1870 hat sich die Kirche wieder auf ihre geistliche Vollmacht besonnen. Das macht die Kirche jedoch nicht unpolitisch. Gerade weil die Kirche keine weltliche Macht beansprucht, vermag sie ihre Positionen unabhängig und universal zu vertreten. So tritt Papst Leo XIV. nachdrücklich für einen weltweiten Frieden ein und bringt sich in Verhandlungen ein.

Übertritt in eine neue Kultur

Eine zentrale Rolle am Konzil spielte der alexandrinische Presbyter Arius. In seinem Bestreben, die Transzendenz Gottes zu betonen, behauptete er, dass Gott anfangslos sei, der Sohn jedoch einen Anfang habe. Gegen diese Unterordnung des Sohnes unter den Vater regte sich heftiger Widerstand. In Nizäa hielten die Konzilsväter Arius entgegen, dass Vater und Sohn eins sind. Um diese Einheit und Gleichrangigkeit von Vater und Sohn ins Wort zu bringen, wählte das Konzil mit „homoousios“ (= Wesensgleichheit) einen Begriff, der sich weder im Alten noch im Neuen Testament findet. Dieses Wort, das in der Gnosis beheimatet war, war zunächst heftig umstritten und musste in den folgenden Jahrzehnten erläutert und in die Glaubenssprache eingepasst werden. Die Verwendung dieses Begriffs markiert einerseits den Übertritt des christlichen Glaubens von der semitischen in die hellenistische Kultur und macht anderseits deutlich, dass das Neue des christlichen Glaubens auch sprachlich neue Ausdrucksweisen erfordert. Diese Herausforderung stellt sich auch heute. So ist das Bekenntnis zum einen Gott in drei Personen immer wieder neu in die Sprache unserer Zeit zu übersetzen, und zwar so, dass das unfassbar Neue dieses Gottesverständnisses erahnbar wird.

Ein Ostertermin für alle

Ein weiterer wichtiger Grund für die Einberufung des Konzils lag darin, dass der Osterterm in der westlichen und östlichen Reichshälfte unterschiedlich berechnet wurde. Dies führte zum Osterfesttermin-Streit. Für Kaiser Konstantin war es nun unerlässlich, dass es in seinem Reich einen gemeinsamen Ostertermin gibt. Im Osten wurde das Osterfest entsprechend dem jüdischen Kalender am 14. Nisan, in Rom hingegen am ersten Sonntag nach Frühlingsbeginn gefeiert. Das Konzil folgte der römischen Berechnung. Diese Einigung ist mit der Einführung des gregorianischen Kalenders wieder verloren gegangen. So wird heute in der Ostkirche, die dem julianischen Kalender folgt und der Westkirche, die sich auf den gregorianischen Kalender bezieht, das Osterfest häufig an unterschiedlichen Terminen gefeiert. Papst Franziskus war es ein großes Anliegen, dass die Christenheit wieder zur Praxis eines gemeinsamen Ostertermins zurückkehrt, denn diese Spaltung, so Papst Franziskus, werde heute von vielen nicht mehr verstanden.

Das Wesen von Kirche

Am Konzil von Nizäa kam es auch zu einer weiteren Ausprägung des Wesens der Kirche. Dieses umfasst das Zusammenspiel der Charismen von Leitung, Lehre und gemeinschaftlicher Entscheidung. Die Leitung etablierte sich zunehmend im dreigliedrigen Amt von Diakon, Priester und Bischof. Die Lehre wiederum brauchte es, um in Schulen Taufwerber/innen zu unterrichten. Seit dem 3. Jahrhundert kam es schließlich zur Abhaltung von Synoden, um in Fragen der Disziplin, des Gottesdienstes und der Lehre zu gemeinschaftlichen Entscheidungen zu finden. Wie ist es nun um diese drei Charismen in der Kirche von heute bestellt? Das gemeinschaftliche Entscheiden hat in den letzten Jahren im Kontext der Synodalität an Bedeutung gewonnen. Ebenso werden Fragen der Leitung und des Amtes breit diskutiert. Kaum beachtet wird hingegen die Bedeutung der Lehre, der Theologie. Im Angesicht der Pluralität von weltanschaulichen Positionen, braucht es meines Erachtens jedoch gerade heute Lehrerinnen und Lehrer des Glaubens, die mit nachvollziehbaren Gründen für den Glauben einstehen und ihre Position in die Diskussion einbringen und suchenden Menschen vermitteln können.