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Institut für kirchliche Ämter und Dienste

Maßnehmen an Josef: Schwäche zeigen

Fastenzeit 2021

Jan Milan Krkoška, Anaste (M. Kapeller)
Jan Milan Krkoška, Anaste (M. Kapeller)

Vom 8. Dezember 2020 bis zum 8. Dezember 2021 hat Papst Franziskus mit dem Apostolischen Schreiben „Patris corde“ (= Väterliches Herz) ein Jahr des Heiligen Josef ausgerufen. In dieser Fastenzeit und im Umfeld des Gedenktags des Heiligen Josefs am 19. März möchte ich in mehreren Beiträgen einige Anstöße zu einer vertieften Auseinandersetzung mit diesem Heiligen und den Anliegen von Papst Franziskus geben.

Die (erste) Wahl ist geschlagen

Neben dem bangen Blick auf steigende Infektionszahlen, nur langsam zunehmende Impfzahlen und dem Wunsch vieler die Einschränkungen der Pandemie endlich hinter sich zu lassen, waren die letzten Wochen von der Wahlwerbung zur Gemeinderatswahl geprägt. Aufmerksam habe ich auf Plakaten, in Zeitungen und auf Social Media die Programme von Bürgermeister/innen, Parteien und politischen Bewegungen verfolgt. Dabei handelte es sich so gut wie immer entweder um Erfolgsgeschichten und Leistungsschauen, die wortgewaltig und mit Bildern untermauert präsentiert wurden oder um politische Forderungen verbunden mit dem Versprechen, es gewiss besser zu machen, wenn man denn nur an die Macht komme. Was ist aber mit all den Vorhaben und Versprechen, die in den letzten sechs Jahren nicht umgesetzt wurden bzw. werden konnten? Fehlanzeige. So eine „negative Leistungsschau“ ist in einer Wahlauseinandersetzung nicht vorgesehen und es wäre wohl marketing-technisch unklug, sich damit an die Öffentlichkeit zu wagen. Was bedeutet es aber, wenn für Versäumnisse, Fehler und Schwächen kein Platz ist? Was macht das mit Menschen, mit Politikerinnen und Politikern, aber auch mit der Gesellschaft insgesamt, wenn diese Realität unseres Menschseins unterdrückt und ausgeklammert werden muss? Auf dieses Thema kommt Papst Franziskus im zweiten Kapitel seines Apostolischen Schreibens „Patris corde“ zu sprechen.

Schwachsein

Zunächst stellt der Papst Josef als einen liebenden Vater vor, der Jesus das Gehen beibrachte und ihn immer wieder auf seine Arme genommen hat: „Er war für ihn wie ein Vater, der sein Kind an seine Wange hebt, sich ihm zuneigt und ihm zu essen gibt (vgl. Hos 11,3-4).“ Josef, so der Papst, habe aber auch erfahren, dass Gottes Heilsplan nicht aufgrund menschlicher Stärke, sondern trotz und durch menschliche Schwäche zum Durchbruch kommt. Daher sei es erforderlich, die eigene Schwäche anzunehmen. Darauf weist auch der tschechische Theologe Tomáš Halík hin. Besonders im Blick auf die Wunden Jesu am Kreuz wird deutlich, dass Schwäche und Verwundet-Sein Teil menschlicher Existenz sind. Sie lassen sich weder gänzlich vermeiden noch verdrängen. Vielmehr geht es darum, sie zu akzeptieren und anzunehmen:

Ich darf meine Wunden haben! Das ist ein großer, befreiender Schritt zur Heilung. (…) Es ist befreiend, so sein zu dürfen, wie ich wirklich bin.


Mit Schwäche umgehen

Schwäche erfahre ich, wo ich an innere oder äußere Grenzen stoße, die ich (noch) nicht überwinden kann. Meist sind es andere Menschen, die mich mehr oder weniger deutlich darauf aufmerksam machen. Für Papst Franziskus ist der Umgang mit der eigenen Schwäche und der Schwäche anderer entscheidend. Denn wer auf sich oder den anderen mit dem ausgeschreckten Zeigefinger zeigt, ist, so der Papst, nicht in der Lage die eigene Zerbrechlichkeit anzunehmen. Er oder sie wird verurteilen und dabei sich oder den anderen zu Boden drücken. Wer sich jedoch die Haltung der Sanftmut aneignet, wird der Schwachheit so begegnen, wie uns dies in der Heiligen Schrift von Gott überliefert wird.

„Wir wissen jedoch, dass die Wahrheit, die von Gott kommt, uns nicht verurteilt, sondern aufnimmt, umarmt, unterstützt und vergibt.“

In seiner Sorge um die heilige Familie habe Josef Gottes Willen verwirklicht. Daher können wir von Josef lernen, dass Gott „selbst durch unsere Ängste, unsere Zerbrechlichkeit und unsere Schwäche wirken kann."

Ein Programm für das Miteinander?

Hätte so eine Haltung in der Politik, in der Wirtschaft, in der Kirche und selbst im privaten Umfeld eine Chance? Was würde sich dadurch verändern? Der Kirchenvater Gregor von Nazianz hat uns im Blick auf die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus in einem Brief die Überzeugung überliefert:

Was nicht angenommen ist, kann nicht geheilt werden; was aber Gott geeint ist, kann auch gerettet werden.

Im Zentrum steht die Annahme all dessen, was uns als Menschen ausmacht. Damit aufmerksam und wertschätzend umgehen führt zu innerer Heilung und diese wirkt auch nach außen. Sie ändert meinen Blick auf mich selbst aber auch auf andere Menschen. So werden vermeintliche oder faktische Fehler, die mir beim anderen auffallen nicht dazu führen ihn oder sie zu verurteilen und abzuwerten, sondern vorerst einmal anzunehmen, was ist. In meiner Rückmeldung beziehe ich mich dann auf das, was die Person gesagt oder getan hat und nicht darauf wie sie ist. Diese Haltung der Annahme kann dazu beitragen, dass der zwischenmenschliche Umgang fairer, humaner und weniger verletzend wird. Sie ermöglicht Heilung und mit ihr wächst das Göttliche in uns und bringt uns darin Gott näher.