Organisation

Institut für kirchliche Ämter und Dienste

Maßnehmen an Josef: Ansichten eines Schweigsamen

Fastenzeit 2021

Josef, Klagenfurt-Christkönigskirche (M. Kapeller)
Josef, Klagenfurt-Christkönig (M. Kapeller)

Vom 8. Dezember 2020 bis zum 8. Dezember 2021 hat Papst Franziskus mit dem Apostolischen Schreiben „Patris corde“ (= Väterliches Herz) ein Jahr des Heiligen Josef ausgerufen. In der Fastenzeit und natürlich am 19. März, dem Gedenktag des Heiligen Josef, möchte ich mit diesen Beiträgen Anstöße zu einer vertieften Auseinandersetzung mit diesem Heiligen und den Anliegen von Papst Franziskus geben.

Das Schweigen brechen

Bei aller Faszination, die der Heilige Josef auszulösen vermag bleibt ein Manko. Das Neue Testament überliefert kein einziges Wort von ihm. Besonders an seinem Gedenktag, der in Kärnten seit ihn Maria Theresia 1772 zum Landespatron erhoben hat, als Feiertag begangen wird, würde ich gerne wissen, wie Josef selbst seine Rolle im Heilsgeschehen gesehen und erlebt hat. Ein wenig Abhilfe schaffen kann Papst Franziskus in seinem Schreiben Patris corde. Denn dort wendet er eine Auslegungsmethode biblischer Texte an, die er in seiner Ausbildung zum Jesuiten gelernt hat. In seinem Exerzitienbuch empfiehlt Ignatius von Loyola, sich bei der Betrachtung einer Bibelstelle den Schauplatz vorzustellen und mit den dort handelnden Personen in einen Dialog zu treten. In diesem Sinne lässt Papst Franziskus den Heiligen Josef lebendig werden. Diesem Weg möchte ich folgen und mit Josef durch die Worte von Papst Franziskus (s. Patris corde, Abschnitt 5) ein Gespräch führen.

Gottes Eingreifen

Ich möchte gleich direkt zur Sache kommen. Immer wieder haben wir in unserem Leben schwierige Situation zu bewältigen: eine Krankheit, der Tod eines Angehörigen, der Verlust der Arbeit, eine Trennung. Zudem leiden wir seit einem Jahr unter einer Pandemie. Hier fragen sich viele Menschen: Warum greift Gott nicht ein? Warum wendet er nicht die Not?

JOSEF: Diese Fragen habe ich mir auch oft gestellt. Damals in Betlehem als wir in der Herberge keinen Platz gefunden haben waren wir verzweifelt. Wir haben zu Gott geschrien. Doch es tat sich kein Ausweg auf. So blieb mir nichts anderes übrig. Ich musste selbst den Stall herrichten und so bereiten, dass er für den in die Welt kommenden Sohn Gottes ein möglichst behaglicher Platz wird.

Das heißt, wir sind in unserem Leben ganz auf uns selbst gestellt? So nach dem Motto: „Hilf dir selbst, sonst hilft dir keiner.“ Im Anbetracht des Übermaßes an Leid und Not wirkt Gott schwach und ohnmächtig.

JOSEF: Diese Beobachtung kann ich nicht teilen. Denn vieles habe ich erst im Rückblick verstanden. So wurde mir nach der glücklichen Geburt Jesu oder nach der schwierigen Flucht nach Ägypten bewusst: Gott wirkt durch Ereignisse und Menschen. So eigenartig es klingt: Das „Wunder Gottes“ sind wir Menschen selbst. Immer, wenn ich Schwierigkeiten mit kreativem Mut begegnet bin, durfte ich erfahren: Gott ist da, er begleitet und rettet uns.

Arroganz der Mächtigen

Zu oft habe ich den Eindruck, dass die Welt den Starken und Mächtigen gehört. Die Armen und Unterdrückten kommen zu kurz und haben oft genug sogar noch die Rechnung zu bezahlen. Die Verteilung oder besser das Horten des Covid-19 Impfstoffes durch reiche Länder ist dafür ein besonders erschreckendes Beispiel.

JOSEF: Die scheinbare Übermacht der Herrschenden musste auch ich immer wieder erfahren. Ich erinnere nur an den Kindermord in Betlehem durch Herodes. Diese Grausamkeit, dieses Leid waren furchtbar. Wir sind dem nur knapp entkommen. Der Schmerz der vielen toten Kinder aber hat uns begleitet. Wenn Gott uns manchmal nicht zu helfen scheint, bedeutet das aber nicht, dass er uns im Stich gelassen hat, sondern dass er auf uns vertraut und auf das, was wir planen, entwickeln und finden können.

In Betlehem hat das damals aber nicht geklappt…

JOSEF: Dürfen wir grausame Taten wie diese wirklich Gott anlasten? Den Menschen zeichnet doch aus, dass er zwischen Gut und Böse wählen kann, sonst wäre er nur eine willenlose Marionette. Deshalb bin ich davon überzeugt, dass es Gott immer gelingt, das zu retten, worauf es ankommt, wenn wir uns ihm anvertrauen. Entscheidend aber ist, dass wir nicht bei den Schwierigkeiten stehen bleiben, sondern gemeinsam Probleme in Chancen verwandeln.

Grenzen überwinden

Dieser Zugang, das Leben als Chance zu begreifen trifft wohl nur bedingt zu. Ich denke hier zum Beispiel an die vielen Männer, Frauen, Kinder und Jugendlichen, die aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen auf der Flucht sind. In einer verzweifelten Lage ergreifen sie die Chance und landen dabei nur zu oft in den Händen von skrupellosen Schleppern, in menschenunwürdigen Lagern oder kommen gar zu Tode.

JOSEF: Diesen Menschen fühle ich mich sehr nahe. Damals in Ägypten ging es uns ähnlich. Ich musste eine Bleibe suchen und Arbeit finden, damit wir genug zu essen haben. Dabei waren wir als Fremde auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen. Vielleicht hat Jesus auch deshalb später mit so großem Nachdruck betont: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25,40).

Wie weit kann diese Zuwendung reichen? Viele Menschen meinen, dass wir unmöglich allen helfen und alle Geflüchtete aufnehmen können.

JOSEF: Ich bleibe bei Jesus. Ihm ist es nicht um alle Menschen gegangen, sondern um jeden Einzelnen, der in Not ist. Wenn jeder Mensch, dem es gut geht nur einem Menschen, der in Not ist hilft, wird es vielen Menschen besser gehen.

Begleiten und beschützen

Die Pandemie hat tiefe Spuren hinterlassen. Gab es zunächst viel an Solidarität so nehmen nun die Spannungen immer stärker zu. Was tun, damit diese Krise nicht zu Brüchen führt, die sich auch nach erfolgter Impfung nicht mehr kitten lassen?

JOSEF: Mein Weg führte in eine gute Zukunft, wenn ich getan habe, was Gott mir auftragen hat. Dabei habe ich erfahren: Gott vertraut mir das Größte an, seinen Sohn. Er macht sich von mir abhängig, um verteidigt, geschützt, gepflegt und erzogen zu werden. Ich wiederum unternahm alles, um Jesus und Maria mit all meinen Kräften zu behüten.

Im Blick auf die aktuelle Krise bedeutet das, dass es nicht zuerst darum geht, was andere für mich tun können, sondern wie ich mit anderen fürsorglich umgehen kann?

JOSEF: Meine Fürsorge und Verantwortung bestand darin: das Kind und seine Mutter zu lieben. So empfing ich den wertvollsten Schatz meines Lebens.