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Institut für kirchliche Ämter und Dienste

Alles wird neu. 8/9 - ehrfürchtig

9x9 Gedanken zum Heiligen Geist

Der Berg als Ort der Gottesbegegnung und -furcht (M. Kapeller)
Der Berg als Ort der Gottesbegegnung und -furcht (M. Kapeller)


Alles wird neu. 9x9 Gedanken zum Heiligen Geist - Teil 8 - ehrfürchtig

Die siebente Gabe des Heiligen Geistes ist der Gottesfurcht gewidmet. Gottesbegegnung wird häufig als ein zugleich erschreckendes und faszinierendes Geheimnis erlebt. Was dies mit Furcht zu tun hat und wie sich die Angst des Alltags von der Gottesfurcht unterscheidet, ist Thema dieser neun Gedanken.

  1. Blankes Entsetzen vermittelt die Figur im Vordergrund des Gemäldes „Der Schrei“ von Edvard Munch, in dem sie mit beiden Händen den totenkopfartigen Schädel umfängt, Augen und Mund weit aufreißt und so die gespenstische Stimmung der Natur mit ihren blauen und blutroten Wellenlinien widerspiegelt.
  2. Angst ist ein Grundgefühl, das im Menschen wie ein Frühwarnsystem funktioniert, das ihn davon abhält sich selbst und andere zu gefährden, das sich jedoch zu Angstneurosen und Panikattacken steigern kann, wenn das Grundvertrauen durch eine massive psychische oder physische Verletzung nachhaltig erschüttert wurde.
  3. Zwar kann zwischen der Angst als einem eher unbestimmtem Gefühl und der Furcht als Spezialfall von Angst im Zuge einer aktuellen Konfrontation mit einer überfordernden Situation unterschieden werden, dennoch drücken beide Begriffe Unwohlsein, Beklemmung und Enge aus.
  4. Im Bereich des Religiösen erhält Furcht eine eigenständige Bedeutung und wird empfunden, wenn es zu einer Berührung mit der Größe und Unbegreiflichkeit Gottes kommt und diese Begegnung mit dem Heiligen menschliches Fassungsvermögen förmlich sprengt.
  5. Im Laufe der Geschichte durfte Israel Gott auch als einen erfahren, der sich in seiner Größe zu den Menschen herabneigt, sein Eigentumsvolk mit väterlicher und mütterlicher Fürsorge begleitet und mit grenzenlosem Erbarmen wieder auf den rechten Weg führt.
  6. „Ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, sodass ihr immer noch Furcht haben müsstet, sondern ihr habt den Geist der Sohnschaft empfangen, in dem wir rufen: Abba, Vater!“ (Röm 8,15)
  7. Für Paulus ist es der Geist, der dem Menschen ein neues Verhältnis zu Gott eröffnet, ein Verhältnis, das von Vertrauen geprägt ist und somit die Furcht vor der unbegreiflichen Größe Gottes in eine kindlich-herzliche Beziehung wandelt.
  8. Dies hebt jedoch die Grundrelation zwischen Schöpfer und Geschöpf nicht auf, daher weist das 4. Laterankonzil 1215 darauf hin, dass es zwischen Gott und Mensch keine Ähnlichkeit gibt, die nicht eine weit größere Unähnlichkeit miteinschlösse.
  9. Anders als bei der Angst und Furcht des Alltags wird der Mensch, dem sich Gott als der in seiner unendlichen Größe ganz Nahe zeigt, nicht in die Enge geführt, sondern in die Weite eines Staunens, das ihn bzw. sie ehrfürchtig das Knie beugen lässt und aus der Erdenschwere des Daseins aufrichtet und erhebt.