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Institut für kirchliche Ämter und Dienste

Alles wird neu. 5/9 - unterscheiden

9x9 Gedanken zum Heiligen Geist

Erkenntnis als Gabe der Unterscheidung (Karl-Heinz Kronawetter)
Erkenntnis als Gabe der Unterscheidung (Karl-Heinz Kronawetter)
Alles wird neu. 9x9 Gedanken zum Heiligen Geist - Teil 5 - unterscheiden

Der Begriff Erkenntnis schließt in der Bibel die Dimensionen des Denkens, Wollens und auch der Geschicklichkeit mit ein. Diese vierte Gabe des Heiligen Geistes ist somit ein Tunwort und befähigt hinter die Dinge zu blicken und zwischen Gut und Böse zu unterscheiden.

  1. Verführerisch rankt sich die Schlange in der künstlerischen Interpretation Michelangelos auf dem Deckenfresko der Sixtinischen Kapelle um den Baum der Erkenntnis, nimmt die Gestalt eines Menschen an, reicht der am Boden sitzenden Eva mit der linken Hand die alles entscheidende Frucht und blickt betörend zu Adam, der sich an einem Ast festhaltend selbst bedient, während im selben Bildausschnitt der göttliche Engel die beiden nach diesem verbotenen Genuss rüde aus dem Paradies vertreibt.
  2. Inhaltlich geht es im 3. Kapitel des Buches Genesis um die Erkenntnis von Gut und Böse, die der Mensch mit dieser Grenzüberschreitung erwirbt, dadurch Gott gleich wird und mit dieser Erzählung der Vertreibung aus einem paradiesischen Urzustand darauf reflektiert, warum menschliches Leben von mühevoller Arbeit, einer Geburt unter Schmerzen und Tod geprägt ist.
  3. Der Intellekt, verstanden als Einsicht, Erkenntnisvermögen und Verstand, befähigt den Menschen die Welt zu ergründen, dabei zu sich selbst in Distanz zu treten und Zusammenhänge zu erkennen.
  4. Doch ist dieser Vorgang dem ständigen Zweifel unterworfen, ob das Erkannte auch richtig oder gar wahr ist und wie sich die rationale Erkenntnis zur emotionalen verhält bzw. ob ein Zutrauen in das rechte Gefühl nicht eher zum Ziel führt.
  5. Im Zeitalter von Fotomontagen, Fake News und Deepfake öffnet sich zwischen menschlicher Wahrnehmung und dem Wirklichkeitsgehalt des Wahrgenommenen zudem eine kaum mehr zu schließende Kluft und führt dabei häufig zu resignativer Naivität oder angespannter Betrugserwartung.
  6. Bei seinem Ringen um das Gute und Böse, Wahre und Falsche bittet der biblische Mensch Gott um Einsicht, Verständnis und um den Geist der Unterscheidung.
  7. „Verleih daher deinem Knecht ein hörendes Herz, damit er dein Volk zu regieren und das Gute vom Bösen zu unterscheiden versteht!“ (1 Kön 3,9)
  8. Dieses hörende Herz, das Gott König Salomo verleiht, zeigt sich im biblischen Verständnis nicht zuerst in einer Gefühlsbegabung, sondern in der Klarheit des Verstandes und der Festigkeit des Willens.
  9. Ergänzung erfährt diese Herzkraft in einer Herzensbildung, die zudem auch intuitiv und emotional zu unterscheiden weiß, was die eigenen Gedanken, Worte und Werke und die der anderen bedeuten, bezwecken und bewirken.