Organisation

Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Sie riskieren ihr Leben, um andere Menschen zu retten

Die Kärntner Bergrettung im Einsatz

372 Einsätze mit 6.277 Einsatzstunden im Jahr 2010 – das ist die Statistik der Bergrettung Kärnten. Dahinter stecken Einsatzfreude und eine professionelle Ausbildung.

Eine Seilschaft ist abgestürzt. Ein Mann schwer verletzt. So lautet die Meldung aus dem Funkgerät, und sofort machen sich 25 Bergretter auf den Weg, um zu helfen. Zum Glück handelt es sich dabei um keinen echten Unfall, sondern um einen Ausbildungskurs, den jede/jeder Kärntner Bergretter(in) absolvieren muss, bevor er oder sie zum Einsatz kommt.
Das Kärntner Ausbildungssystem ist eines der besten Österreichs. Kein Wunder, immerhin stehen hier die höchsten Berge, und Bergsteigen gehört zu des Kärntners und des Touristen Lieblingssport.
Das bekommen die etwa 900 Kärntner Bergretter auch zu spüren: „Die Einsätze werden immer vielfältiger“, weiß Rudi Preimel, Ausbildungsleiter beim Kärntner Bergrettungsdienst: „Es braucht oft spezielle Techniken, um etwa den modernen Trendsportarten gerecht zu werden.“ Denn die Bergretter sind überall im Einsatz: im Winter auf Pisten, in Schluchten bei „Canyoning“-Unfällen oder im Wald, wenn Paraglider oder Mountainbiker in Gräben stürzen.
Um mit diesen unterschiedlichen Situationen zurecht zu kommen, ist es wichtig, dass die Retter auch selbst diese Sportarten ausüben. Viele kommen vom Bergsteigen, wie David Liebhart. Der gelernte Koch ist viel in den heimatlichen Bergen unterwegs und will die Freude an der Natur mit etwas Sinnvollem kombinieren. Zu helfen ist auch das Motiv von Doris Matha und Sylvia Schöffmann. Die beiden Ärztinnen können bei der Bergrettung ihren Beruf und ihr Hobby ideal kombinieren.
Sämtliche Kärntner Bergretter sind ehrenamtlich im Einsatz. Manche von ihnen nicht nur in der Bergrettung, sondern auch in anderen Bereichen, wie der Mölltaler Lehrer Heimo Schall. Im Tal ist er als Rettungssanitäter aktiv.
Dass viel Idealismus dazu gehört, bestätigt Rudi Preimel: „Die Bergretter sind meistens dann im Einsatz, wenn sonst nichts mehr geht: bei Schlechtwetter oder Nachteinsätzen“, erinnert sich der Kolbnitzer an einen Einsatz am 24. Dezember um 18 Uhr.
Warum den Bergrettern heute die Bergungen unter schwierigsten Bedingungen bleiben, ist leicht erklärt: Bei Schönwetter werden die meisten Verletzten mit dem Helikopter geborgen. Aber auch die Bergung aus der Luft muss ein echter Bergretter können. Und daher steht auf dem Ausbildungsprogramm in der Reißeckgruppe ein Flug mit dem Bundesheer-Hubschrauber am Bergeseil. Damit wird eine echte Bergungssituation simuliert und vor allem die Angst vor dem Fluggerät genommen.
Dass die Ausbildung der Kärntner auf höchstem Niveau erfolgen kann, ist einem professionellen Ausbildungsteam zu verdanken. Rudi Preimel, selbst Bergführer, baut hier ausschließlich auf Berufskollegen: „Das gewährleistet uns nicht nur bergsteigerisch den höchsten Standard, sondern garantiert auch die modernsten Techniken.“
Neben der Felsausbildung am Reiß-eck und in den Lienzer Dolomiten gibt es einen Winterkurs und einen Gletscherkurs sowie begleitende Ausbildungen in Spezialdisziplinen wie Eisklettern oder Canyoning.
Als ein wesentliches Ziel der Ausbildung definiert Preimels Stellvertreter Hans Oberluggauer die Kameradenbergung: „Wenn man als Bergretter privat unterwegs ist, also ohne alle technischen Hilfsmittel, muss man ebenso helfen können“, so der Lesachtaler Bergführer.
Dass die angehenden Bergretter ihr Handwerk in dieser Woche gelernt haben, beweisen sie anhand der Übung. Der „verletzte“ Bergsteiger ist inzwischen von einem Team aus der Wand geborgen worden. Nun beginnt der Abtransport durch die Geröllhalde zur Hütte.
Entscheidend ist das Zusammenspiel aller Beteiligten. Die Rettungstrage ist schon zusammengebaut, die Vakuummatratze dient der besseren Stabilisierung. Doris Matha und Sylvia Schöffmann, die beiden Ärztinnen, untersuchen die Verletzung.
Mit Gurten und Reepschnüren wird der Verletzte auf der Bahre gesichert, und dann beginnt der körperlich anstrengendste Teil: der Abtransport. Gesichert durch Seile wird die Trage über mannshohe, wackelige Steinblöcke manövriert. Frauen und Männer packen gemeinsam an. Über Steilhänge muss abgeseilt werden, bis das Ziel endlich erreicht und der Verletzte in Sicherheit ist.
Die Bergretter sind erschöpft, aber glücklich. Und der Ausbildungsleiter? Er ist mit der Leistung seiner Truppe hochzufrieden.