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Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Im Mittelpunkt steht das Kreuz

Ein Besuch in der Schnitzwerkstatt von Pfarrer Johannes Pichler. Auf Umwegen kam er zum Holzschnitzen und schreibt so auch an der Familiengeschichte weiter. von Ingeborg Jakl

Blick in die Schnitzwerkstatt von Pfarrer Johannes Pichler (© Foto: Pfarre St. Theresia)
Blick in die Schnitzwerkstatt von Pfarrer Johannes Pichler (© Foto: Pfarre St. Theresia)

Es duftet nach Holz, vornehmlich nach Zirbe und Linde. Eine kleine Wolke von Holzstaubresten liegt in der Luft und breitet sich auf den Arbeitstisch aus. In der Werkstatt von Pfarrer Johannes Pichler scheint die Zeit ein wenig stehen geblieben zu sein. Es duftet nicht nur nach Natur, es findet sich hier auch viel Natur in Form von unterschiedlich großen Holzplatten wieder. Das Licht scheint durch das Fenster auf eine Werkbank, auf der angefangene Werkstücke liegen. Rundherum liegen exakt Schnitzeisen und Werkzeuge, alle übersichtlich und zweckmäßig geordnet.


Hier, im Atelier im Pfarrhof in St. Theresia in Klagenfurt, gibt es keine High-Tech-Maschinen, die millimetergenau fräsen oder sägen. Hier wird noch ganz von Hand gearbeitet, geschnitzt, getischlert, gesägt. „Schnitzen ist für mich ein Innehalten in der oftmals hektischen und fordernden Welt von heute“, sagt Pichler. Bedächtig setzt er nach kurzem Überlegen das Schnitzeisen an und vertieft sich wieder in die Arbeit an einem Holzrelief, in dessen Mittelpunkt das Kreuz steht. „Das Kreuz Christi ist das Symbol, das auf die Vereinigung der Widersprüche und Gegensätze hinweist“, sagt er. Einerseits erinnere das Kreuz an den Tod Christi, andererseits weist es hin auf Auferstehung und Neuanfang. „Schnitzen hat für mich etwas Meditatives“, gibt Pichler zu. Hier entstehen Ideen für die nächste Predigt. Eindrücke seiner Arbeitsweise fließen hinein und geben Ausdruck über die Kraft des Glaubens, der sich vehement in seinen Reliefs wiederfindet.


Kreative Arbeiten mit Holz
Ruhig und bedächtig, einen Schritt nach dem anderen vornehmend und ganz und gar nicht digital. Eine sehr beruhigende Vorstellung in einer schnelllebigen Zeit. Die Devise „mal eben schnell“ gibt es beim Schnitzen nicht. „Beim Bearbeiten von Holz lässt sich abschalten, zu sich selbst finden“, betont er. Das ruhige Werken ohne Ablenkung bringe die schönsten Stücke hervor. Davon zeugen die vielen Holzreliefs, die im Pfarrhof an den Wänden hängen, im Pfarrheim und auch in der Sakristei.


Begonnen hat für Pfarrer Pichler die Arbeit mit Holz vor fünf Jahren. Nach einem Herzinfarkt suchte er im Zuge seiner Genesung nach einem Ausgleich, der ihn einerseits fordert, andererseits zum Nachdenken und Heraustreten aus dem Alltag veranlasst. Das kreative Arbeiten mit Holz bot sich da gewissermaßen an. Noch dazu, weil er damit vorbelastet ist ...
Johannes Pichler stammt aus einer bekannten Bildhauerfamilie. Sein Vater Arnulf war Bildhauer und Restaurator für Holz, Stuck und Stein und weit über Kärntens Grenzen hinaus bekannt. Ebenso wie sein Großvater Anton. Der hatte vor 98 Jahren das Unternehmen von seinem damaligen Lehrherren Johann Gamper übernommen und gegründet. Zuvor hatte er seine Gesellenjahre auf der romantischen Straße in Deutschland und bei Restaurierungsarbeiten am Kölner Dom vertieft und ausgebaut. Hier, am berühmten Dreikönigsschrein, lernte er seine spätere Ehefrau Rosa Deigendesch aus Regensburg kennen, deren Vater und Bruder ebenfalls am Kölner Dom als Restauratoren tätig waren. Das ist lange her. Viel ist geschehen in dieser Zeit. Und ein neues Kapitel in Bezug auf Bildhauerei in der Familie Pichler ließe sich aufschlagen. Denn mit den Schnitz-eisen von seinem Großvater Anton, die alle exakt durchnummeriert und mit Namen gekennzeichnet sind, arbeitet heute Johannes Pichler wieder, natürlich nur hobbymäßig. „Diese Werkzeuge sind für mich etwas ganz Besonderes, erzählen sie doch die Familiengeschichte.“


Eigentlich sollte Pichler auch Bildhauer werden. Das war zumindest der Wunsch seines Vaters. Als Schüler und Student begleitete er ihn oft in den Ferien zu den verschiedenen Einsatzorten. Arbeiten im Erzbischöflichen Palais in Wien, an vielen Kärntner Kirchen, Klöstern sowie Burgen und Schlössern eröffneten ihm eine eindrucksvolle Arbeitswelt. Aber Pichler wollte immer „mit Menschen arbeiten, mit ihnen im Austausch stehen, sie begleiten, für sie da sein“. Zunächst als Lehrer, später, nach Studien in Rom und Salzburg, als Priester. Hier hat er seine Erfüllung gefunden.
Das Hobby Schnitzen kam erst viele Jahre später. In den letzten fünf Jahren entstanden viele Holzreliefs, die seine Schwester Elisabeth jetzt für ein eindrucksvolle Ausstellung zusammenstellte. In der Gewölbegalerie des Klagenfurter Stadthauses waren „Linien, Formen und Symbole“ Treffpunkt für viele Interessenten aus nah und fern.


Schulstunde in der Ausstellung
Auch die Schülerinnen und Schüler der 7 a des Bischöflichen Gymnasiums St. Ursula mit Direktor Hans Oman kamen, um hier einen anschaulichen Religionsunterricht zu erleben. Pichler selbst führte durch die Ausstellung und erklärte, wie es gelingt, aus Holzoberflächen Kunstwerke zu erarbeiten. Es bedarf verschiedener Stichformen und Stichbreiten. Ecken, Kanten, Flächen, Wellen oder komplexe, faltenreiche Motive benötigen eben ihre ganz spezielle Werkzeugform. „Wichtig ist beim Werkstoff Holz das geduldige Feingefühl.“ Dann lassen sich Texte aus der Bibel künstlerisch darstellen, wie der Durchzug durch das Rote Meer, Jona und der Walfisch, vom Samenkorn, dass in die Erde fiel oder Gedanken zu Beichte, Vergebung und Verzeihen. Und im Mittelpunkt von Pichlers Arbeiten steht wiederum das Kreuz, weil „in ihm alles zusammenfindet“.

Info:

Klagenfurt-St. Theresia, Auer-von-Welsbach-Straße 15, Klagenfurt am Wörthersee
Tel. 0463/42244
E-Mail: klagenfurt-sttheresia@kath-pfarre-kaernten.at

Informationen über die Pfarre St. Theresia und Pfarrer Johannes Pichler:
http://www.jpichler.com

Pfarrer Johannes Pichler filmt auch. Hier finden sich alle Youtube-Filme:
https://www.youtube.com/channel/UCvSIR0cwSoIUkS0egc7RXwg