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Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Firmung ohne Barrieren

Eine inklusive Firmung: Weil es normal ist, verschieden zu sein

In manchen Pfarren ist es selbstverständlich, dass Menschen mit Behinderung in vollem Umfang am Pfarrleben teilhaben, in anderen nicht. Was hindert daran, und was hat Inklusion mit der Botschaft Jesu zu tun?

Wo ein Wille, da auch ein Weg: Mit allen Firmlingen kommt auch Jana über den Haupteingang in die Kirche. (© Foto: Haab)
Wo ein Wille, da auch ein Weg: Mit allen Firmlingen kommt auch Jana über den Haupteingang in die Kirche. (© Foto: Haab)

20 Jugendliche empfingen am 7. Juni in Eberndorf das Sakrament der Firmung, darunter Jana, ein Mädchen, das seit Geburt eine mehrfache Behinderung hat und nicht sprechen kann. Die Feier war nicht nur schön; sie war vor allem besonders intensiv, das war spürbar – und sichtbar an den roten Augen und den gezückten Taschentüchern. 

Nicht überall ist die Teilhabe von Menschen mit Behinderung so selbstverständlich. Darf man das? Können wir das? Oft herrscht große Unsicherheit darüber, was gut ist, angemessen und erlaubt.

Für Jana und ihre Familie waren Firmung und Firmvorbereitung jedenfalls ein großes Ereignis: „Sie war immer ganz aufgeregt und voller Freude“, erzählt ihre Mutter. „Die Firmvorbereitung war für sie eine ganz außerordentliche Zeit; sogar gesundheitlich haben wir die Auswirkung gespürt, sie war wesentlich weniger krank als sonst.“ 

Eine Zeit der Gnade

Für sie als Mutter war der Empfang des Sakramentes keine Frage: „Auch wenn sie sich nicht ausdrücken kann und wir im Letzten nicht wissen, was sie versteht und was nicht ... wir wissen von den Religionslehrerinnen, dass Jana bei Religion immer ganz ruhig und aufmerksam ist. Sie hat wirklich eine religiöse Ader.“ Dennoch war es nicht leicht, mit ihr zum Gottesdienst zu gehen: „Natürlich gibt es die Scheu, dass unsere Tochter Laute von sich gibt, dass sie lacht oder unruhig wird und alle schauen.“ Ein guter Kontakt zu den Seelsorgern hat sich da als große Hilfe erwiesen, ebenso die Zugehörigkeit zur Firmgruppe: Das schafft einen schützenden Rahmen, der viele Sorgen erübrigt. Mit dem angenehmen Nebeneffekt, dass Jana viele neue Freunde gewonnen hat, die nach ihr fragen, sie besuchen kommen. Und ihr die Hoffnung geben, auch weiterhin einmal auf einen Spaziergang oder ein Eis eingeladen zu werden.

Bedeutet das Mehraufwand?

Welchen Mehraufwand bedeutet eine solche Sakramentenvorbereitung? „Der schwierigste Schritt war, sich auf diese intensive Form der Firmvorbereitung einzulassen“, erklärt Diakon Bernhard Wrienz, dem die Inklusion ein Herzensanliegen war. „Die erste Begegnung war von Offenheit, aber auch Unsicherheit geprägt. Jana ist dann mit ihrer freien, gewinnenden Art auf alle zugegangen bzw. zugefahren. Gemeinschaft ist gewachsen. Das hat die Tür geöffnet, durch die Gott eintreten konnte.“ Ja, es sei schon Mehraufwand gewesen. Aber einer, der sich auszahlt. Das unterstreicht auch Pfarrer Janez Tratar: „Die Firmlinge haben einen großen Schritt gemacht. Sie haben gespürt, dass jeder ein Mensch ist, der Zuwendung braucht, und dass auch sie selbst dadurch ihre schwachen Seiten anschauen können.“ Weiterer Nebeneffekt, von dem alle profitierten: Es wurde mehr gesungen, gebetet ... eben kreative Glaubensvermittlung mit allen Sinnen.

Die schlimmste Diskriminierung ist der Mangel an geistlicher Zuwendung

Kreativer Aufbruch

Mit den Worten von Papst Franziskus: „Jede beliebige Gemeinschaft in der Kirche, die beansprucht, in ihrer Ruhe zu verharren, ohne sich kreativ darum zu kümmern und wirksam daran mitzuarbeiten, dass die Armen in Würde leben können und niemand ausgeschlossen wird, läuft die Gefahr der Auflösung, auch wenn sie über soziale Themen spricht (...). Sie wird schließlich leicht in einer mit religiösen Übungen, unfruchtbaren Versammlungen und leeren Reden heuchlerisch verborgenen spirituellen Weltlichkeit untergehen.“ (Evangelii Gaudium 207) Die Frage, ob Menschen mit geistiger Beeinträchtigung die Sakramente empfangen dürfen, gehört vergangenen Zeiten an. Im Gegenteil: Papst Franziskus beklagt, „dass die schlimmste Diskriminierung, unter der die Armen leiden, der Mangel an geistlicher Zuwendung ist. Die riesige Mehrheit der Armen ist besonders offen für den Glauben; sie brauchen Gott, und wir dürfen es nicht unterlassen, ihnen seine Freundschaft, seinen Segen, sein Wort, die Feier der Sakramente anzubieten und ihnen einen Weg des Wachstums und der Reifung im Glauben aufzuzeigen.“ (EG 200) Denn aus „unserem Glauben an Christus, der arm geworden und den Armen und Ausgeschlossenen immer nahe ist, ergibt sich die Sorge um die ganzheitliche Entwicklung der am stärksten vernachlässigten Mitglieder der Gesellschaft.“ (EG 186)