Organisation

Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Als Mitarbeiter bei Mutter Teresa

Der Kärntner Priester Lawrence Pinto arbeitete mit Mutter Teresa zusammen.

Der Herr hat nach ihr gerufen. Sie selbst sah sich als „Bleistift in der Hand Gottes, der einen Leserbrief an die Welt schreibt.“ Anlässlich ihrer Heiligsprechung an diesem Sonntag, dem 4. September, Erinnerungen an Mutter Teresa. von Katja Stingl

Mutter Teresa wird am 4. September heiliggesprochen. (© Foto: kna)
Mutter Teresa wird am 4. September heiliggesprochen. (© Foto: kna)

Der Regen hat aufgehört, ein lauer Sommerwind umspielt sanft die Blätter der Bäume, die Regentropfen zeichnen ein Muster auf die Fenster, während Lawrence Pinto, Dechantstellvertreter vom Dekanat Krappfeld und Provisor in mehreren Pfarren,  die Vorhänge zur Seite zieht. Er nimmt Platz und beginnt zu erzählen: „Mutter Teresa war schon mein großes Vorbild, als ich ein kleiner Junge war. In Indien war sie ein Star. Im Alter von 16 Jahren wollte ich sie dann unbedingt kennen lernen.“
Kärnten für Kalkutta
Dieser Wunsch sollte das Leben des indischen Jungen für immer verändern, es war der Beginn einer wundervollen Reise. „Ich habe mich aufgemacht nach Kalkutta, um dort Mutter Teresa zu treffen. Dafür bin ich sogar schwarz gefahren“, erinnert sich Pinto und lächelt. Die Güte und Herzenswärme der Ordensschwester haben ihn geprägt. Es sollte seine Berufung werden, in das Priesterseminar einzutreten und alsbald, dem Wunsch der Mutter Teresa Folge leistend, nach Rom zu ziehen. „Allerdings hatte ich damals noch keinen Reisepass. Es hätte viel zu lange gedauert, die regulären Wartezeiten am Passamt auf sich zu nehmen.“ Auch hier machte sie ihren Einfluss geltend. Ein kurzes Telefonat genügte, binnen einer halben Stunde brachte ein Beamter das benötigte Reisedokument. In Rom selbst tat der junge Priester Dienst in Flüchtlingseinrichtungen, half in der Küche und betreute Sterbende. Über 13 Jahre lang sollten die beiden zusammenarbeiten. „Sie war etwas ganz Besonderes und wurde wie eine zweite Mutter für mich.“ Ihre Persönlichkeit war geprägt von unendlich viel Geduld, Energie, Kraft und der Überzeugung helfen zu müssen.
Ein Leben lang hat sie den Ruf des Herrn gehört“, so Lawrence Pinto weiter, „mich dürstet.“ Dass es auch nach über 50 Jahren so unendlich viel Leid gab, hat Mutter Teresa schwer getroffen. „Es war schrecklich. Wie oft nur haben wir tote Babys neben den Müll-containern gefunden? Es gab noch so viele, die ihre Hilfe brauchten.“ Heute sind es andere, die ihr Werk fortsetzen. Lawrence Pinto hat die Armen nie vergessen. „Kärnten für Kalkutta“, heißt die von ihm gegründete Initiative. Die Organisation errichtete mehrere Schulen, insgesamt werden 3000 Kinder betreut, „vorwiegend Mädchen. Für sie ist es in Indien auch heute ganz besonders schwer.“
Heiligsprechung
Ihr Ruhm ist ungebrochen. Ihr Wirken war und ist so vielen ein Vorbild. Am 4. September wird Anjezë Gonxha Bojaxhiu, so ihr bürgerlicher Name, in Rom heilig gesprochen. Es waren die Armen, die Mutter Teresa groß gemacht haben. Sie selbst hingegen hat sich nie in die Öffentlichkeit gedrängt, sie war voller Demut und Nächstenliebe. Eine Geschichte will Lawrence Pinto ganz besonders hervorheben: „Das muss erzählt werden.“ Er erinnert sich zurück, an ein Erlebnis, das wie kein zweites den Charakter der Ordensschwester widerspiegelt: „Die Sunday Times schrieb eines Tages einen Artikel über Mutter Teresa und sprach darin von einer ‚Diktatur der Barmherzigkeit.‘ Ich habe diesen Bericht gelesen, ich war außer mir und habe ihr den Artikel gezeigt.“
Die Antwort hat Lawrence Pinto tief geprägt. „Sie hat nur gesagt: ‚Ach, lass sie doch schreiben. Sie brauchen diese Aufmerksamkeit. Wir gehen in die Kirche und wollen gemeinsam für diese Leute beten.‘ Das hat mich bewegt.“ Er hält einen Moment inne. „Lasse nie zu, dass du jemandem begegnest, der nicht nach der Begegnung mit dir glücklicher ist“, sagte Mutter Teresa einst. In Momenten der Traurigkeit erinnert sich der Priester gerne an die große Heilige. „Dann stelle ich mir oft die Frage, ‚Was würde Mutter Teresa jetzt tun?‘ Diese Gedanken helfen mir sehr.“
Die Menschen zu Gott bringen
Wie unterschiedlich sind die Aufgaben eines Priesters in Indien und in Österreich? „In Indien ist ein Priester vor allem ein Brotgeber. Wir müssen die Menschen versorgen, es fehlt ihnen an vielem. In Österreich hingegen gibt es eine funktionierende Infrastruktur. Aber hier fehlt es an anderer Stelle. Hier muss ich die Menschen wieder zu Gott bringen. Das ist viel schwieriger. Wenn ein Mensch Hunger leidet, dann sieht man das. Wenn aber ein Mensch im Herzen leidet – das kann man nicht sehen. Es mangelt an Liebe. Es ist unsere Aufgabe, den Menschen Gott näher zu bringen,“ resümiert Lawrence Pinto, der mit einer Gruppe Kärntner Pilger am Sonntag auf dem Petersplatz bei der Heiligsprechung von Mutter Teresa dabei sein wird.
In Indien gibt es viele, vor allem junge Priester; in Österreich fehlt es an jungen Männern, die in den Dienst der Kirche eintreten wollen. Mehr denn je sind wir heute eingeladen, Gott neu kennen zu lernen. „Früher waren es die Europäer, die nach Indien kamen um zu missionieren. Heute wollen wir ein bisschen von all dem zurück geben, was wir von euch bekommen haben“, erzählt Jyothi Ramesh, Stipendiat in der Stadtpfarre Klagenfurt-Annabichl. Auch für ihn war Mutter Teresa etwas ganz Besonderes. „Sie hat immer gesagt, dass wir einander vergeben dürfen. Wenn wir beten, dann gibt uns Gott die Stärke und die Kraft. Erst dann können wir einander in Liebe begegnen.“