Der österliche Festkreis

von Mag. Klaus Einspieler

“Jesus Christus im Lichte der Auferstehung“ (© Foto: Foto: fotomax)
“Jesus Christus im Lichte der Auferstehung“ (© Foto: Foto: fotomax)

Die österliche Bußzeit
Der alte und bis heute offizielle Name Quadragesima (die vierzig Tage) ist in der Symbolsprache der Bibel verwurzelt. Zumeist ist damit eine Zeit der Vorbereitung, Erwartung und des Reifens gemeint. Die Ursprünge dieser Phase der Vorbereitung auf das Osterfest liegen im Dunkeln. Eine Wurzel ist sicher die Vorbereitung der Taufbewerber auf die Tauffeier in der Osternacht. Eine zweite Wurzel ist die Buße jener, die schwer gesündigt hatten und am Gründonnerstag nach vierzigtägiger Buße wieder in die volle Gemeinschaft der Getauften aufgenommen worden sind.
Zunächst begann die Quadragesima mit dem ersten Sonntag. Je mehr jedoch der Bußcharakter in den Vordergrund rückte, desto unpassender wurde der Beginn empfunden, wurde doch an Sonntagen nicht gefastet. Daher wurde der Beginn auf den Mittwoch vorverlegt. Ab dem 10. Jh. ist belegt, dass den Gläubigen an diesem Tag auch Asche als Zeichen der Buße aufgelegt wurde (Aschermittwoch).
Am fünften Fastensonntag bildete sich zudem der Brauch heraus, die Altäre zu verhüllen. An diesem Tag wurden nämlich Lesungen vorgetragen, die von der Passion Christi sprechen. Daher wurde er früher auch Passionssonntag genannt. Der Brauch, Kreuze und Bilder mit Tüchern zu verhüllen, wie auch die Tradition der Fastentücher, gehen auf diesen Ritus aus dem 11. Jh. zurück.
Ab dem 16. Jh. ist der Brauch belegt, am 4. Fastensonntag rosafarbene Messgewänder zu tragen. An diesem Tag pflegte nämlich der Papst eine goldene Rose zu weihen, ein Zeichen des Sieges des Frühlings über den Winter. Mit der Liturgiereform des II. Vatikanums beginnt die Quadragesima am Aschermittwoch und endet mit der Messe vom Letzten Abendmahl am Gründonnerstagabend. Die Zahl vierzig ist in Bezug auf die Tage also symbolisch zu verstehen. Am ersten Fastensonntag wird das Evangelium von der Versuchung Jesu verkündet. Am zweiten Fastensonntag wird mit dem Evangelium von der Verklärung Jesu bereits auf Ostern vorausgeblickt.

Die Ordnung des Lesejahres A

hat die altchristliche Ordnung im Zuge der Vorbereitung auf die Taufe bewahrt:

  • 3. Fastensonntag: Die Samariterin am Jakobsbrunnen – das lebendige Wasser
  • 4. Fastensonntag: Die Heilung der Blindgeborenen
  • 5. Fastensonntag: Die Auferweckung des Lazarus.

Das Lesejahr B folgt an diesen drei Sonntagen dem Thema Pascha-Erlösung, das Lesejahr C dem Thema Buße. Der sechste Fastensonntag ist schließlich als Palmsonntag vom Einzug Jesu in Jerusalem und von der Passion geprägt.

Die Osterzeit
Schon in der jüdischen Liturgie liegen zwischen dem Paschafest und dem Wochenfest sieben Wochen. Beide Feste waren ursprünglich agrarisch geprägt und wurden erst in einem weiteren Schritt mit Ereignissen der Heilsgeschichte verbunden. Zu Pascha gedenken die Juden der Befreiung des Volkes Israel aus Ägypten, am Wochenfest, sieben mal sieben Tage (!) später, des Bundesschlusses am Sinai. Die Verbindung zum Christentum ist unübersehbar: Ostern als das Fest der Befreiung von Sünde und Tod, Pfingsten als Fest der Werdung des Bundesvolkes, das Christus als den Messias bekennt. Auch das dritte jüdische Wallfahrtsfest ist heilsgeschichtlich geprägt. Am Laubhüttenfest gedenkt man nämlich der Wanderung des Volkes Israel durch die Wüste.
Ursprünglich galt die Osterzeit als fünfzigtägige Festzeit. Man gedachte der Auferstehung, der Erscheinungen und der Himmelfahrt der Herrn sowie der Herabkunft des Heiligen Geistes. Noch Ambrosius von Mailand bezeugt: „Die fünfzig Tage sind wie das Pascha zu feiern, und sie sind alle wie ein einziger Sonntag.“ Der fünfzigste Tag, Pfingsten, war also zunächst nur der letzte Tag einer langen Festzeit. Doch schon zur Zeit des Ambrosius, am Ende des 4. Jh., begann diese Einheit zu zerfallen.
Im Anschluss an den Ostersonntag bildete sich eine Oktav heraus. An jedem Tag wurde ein anderes Evangelium von der Erscheinung des Auferstandenen gelesen. So wurde die Woche nach Ostern zum Gedächtnis an die Erscheinungen des Auferstandenen. In dieser Woche versammelten sich die Neugetauften, und es wurde ihnen in Predigten das Sakrament der Taufe, das sie in der Osternacht empfangen hatten, erschlossen.
Allmählich wurde der 40. Tag der Osterzeit zum Gedächtnis an die Himmelfahrt Christi. Der fünfzigste Tag, ursprünglich der Abschluss der Osterzeit, aber wurde zum Gedächtnis an die Aussendung des Heiligen Geistes. Was zuvor als Einheit betrachtet wurde (Auferstehung – Himmelfahrt – Geistsendung), wird nun isoliert gesehen. Später verdunkelten Bräuche, wie etwa das Auslöschen der Osterkerze nach dem Evangelium am Hochfest Christi Himmelfahrt das Verständnis der Osterzeit noch mehr. Man hatte den Eindruck, Christus hätte sich mit seiner Himmelfahrt von der Welt verabschiedet. Ursprünglich galt: mit der Himmelfahrt ist die Auferstehung an ihr Ziel bei Gott gelangt.
Als schließlich das Pfingstfest mit einer vorbereitenden Bußzeit und einer Oktav (!) umgeben wurde, schien der Zusammenhang mit dem Osterfest gänzlich aus dem Blick geraten zu sein.
Heute hat die Osterzeit ihre ursprüngliche Einheit weitgehend wiedererlangt.
In der Osteroktav werden die Evangelien von der Erscheinung des Auferstandenen gelesen. Auch am 2. und 3. Sonntag der Osterzeit werden Erscheinungsberichte vorgetragen.
Der 2. Sonntag der Osterzeit, auch Weißer Sonntag genannt, ist geprägt durch die Perikope von der Erscheinung des Auferstandenen vor Thomas. Am 4. Sonntag der Osterzeit folgt das Evangelium vom Guten Hirten. An den folgenden beiden Sonntagen werden Abschnitte aus den Abschiedsreden Jesu im Johannesevangelium vorgetragen. Sie vertiefen das österliche Mysterium. Christi Himmelfahrt und Pfingsten betonen schließlich das Motiv der Himmelfahrt und der Geistsendung. Mit Pfingsten endet die fünfzigtägige Osterzeit.