Das Kirchenjahr und seine Farben

So bunt wie die blühende Narzisse ist das Kirchenjahr (
So bunt wie die blühende Narzisse ist das Kirchenjahr (© fotogard)

Wie die Jahreszeiten den Menschen mit ihrer Buntheit erfreuen, vom Weiß und zarten Grün der Blüten und jungen Blätter, über das satte Grün des Sommers und die bunte Vielfalt im Herbst, bis zum glitzernden Weiß einer Winterlandschaft, hat auch das Kirchenjahr seine Farben. Diese sind jedoch nicht dem Kreislauf der Natur, sondern der Feier der Heilsgeschichte zugeordnet.


Die liturgische Jahreszeit läßt sich also nicht nur anhand der Texte, das heißt mit dem Verstand, sondern auch mit den Augen, erkennen. Dies ist ein Wesenszug des Gottesdienstes. Alle Sinne des Menschen sollen angesprochen werden, wenn es darum geht, die Heilstaten Gottes zu feiern.
Das Kirchenjahr ist wie eine Ellipse mit zwei Brennpunkten - Weihnachten und Ostern. Beide Feste werden durch eine Zeit der Vorbereitung eingeleitet und ziehen eine längere Festzeit nach sich.


Der Advent und die Fastenzeit dienen der Vorbereitung. Diese umfaßt mehrere Aspekte: Besinnung, Ein - und Umkehr, aber auch Buße. Die liturgische Farbe ist violett. Violett gilt als Farbe der Sehnsucht nach Licht und Leben. Am 3. Advent- und 4. Fastensonntag kann aber auch die Farbe rosa verwendet werden. Diese beiden Sonntage stehen nämlich im Zeichen der Vorfreude auf das Fest und diese Freude soll sich auch in der helleren Farbe rosa widerspiegeln.


Die weihnachtliche und österliche Festzeit stehen im Zeichen der Freude. Daher wird die weiße Farbe getragen. Weiß ist die Farbe der festlichen Freude, wird daher auch an Festen außerhalb der Weihnachts- und Osterzeit getragen, und des Lichtes. Im Advent wurde dieses Licht mit Sehnsucht erwartet. Der Adventkranz und der Lichterbaum zu Weihnachten bezeugen, daß das Kerzenlicht auch im Zeitalter der Glühbirne nichts an Faszination eingebüßt hat. Das Osterfest ist geprägt von der Freude über den Sieg Christi, des Lichtes, über die Finsternis des Todes. Zu Beginn der Feier der Osternacht wird die brennende Osterkerze als Zeichen des Auferstandenen in die Kirche getragen. An ihr werden die Kerzen der Gläubigen entzündet - welch sprechendes Zeichen unserer Teilhabe an der Auferstehung Christi. Ohne Zweifel darf nicht übersehen werden, daß die weiße Farbe auch für die Reinheit steht. Nach einer Zeit der Läuterung, in der die Farbe violett getragen wurde, steht das Fest selbst im Zeichen der vergebenden Güte Gottes, die das Heil aller Menschen will.


Die Weihnachtszeit dauert vom 25. Dezember bis zum Fest der Taufe des Herrn (dritter Sonntag nach Weihnachten). Die Osterzeit umfaßt fünfzig Tage: vom Ostersonntag bis zum Pfingstsonntag. Der Pfingstsonntag, der die Osterzeit beschließt, wird jedoch nicht durch die weiße, sondern durch die rote Farbe gekennzeichnet. Denn der Geist kam in Gestalt von Feuerzungen auf die Apostel herab.


Die Wochen zwischen der Weihachts- und Fastenzeit sowie der Oster- und Adventszeit werden auch als Zeit im Jahreskreis bezeichnet. Sie werden durch die Farbe grün gekennzeichnet. Grün ist die Farbe der wachsenden Saat. Diese Saat ist vielen Gefahren ausgesetzt: Dürre, Hagel usw. Auch die Saat des Glaubens, die ausgesät wurde, muß gepflegt werden. Deshalb ist grün die Farbe der Hoffnung auf die Vollendung. Diese Vollendung wird uns an den letzten Sonntagen des Kirchenjahres in den Texten der Heiligen Schrift ausführlich vor Augen geführt.


Die Werktage des Kirchenjahres folgen diesem Farbenkanon.


An Gedenktagen und Festen der Heiligen wird jedoch die weiße oder rote Farbe verwendet. Starb ein Heiliger den Märtyrertod, wird zum Zeichen dafür, daß er den Glauben durch sein Blut bezeugte, die rote Farbe verwendet. Dies gilt auch für den Palmsonntag und den Karfreitag. An diesen beiden Tagen wird nämlich die Leidensgeschichte Jesu Christi gelesen.


Wurde ein Heiliger aufgrund seines vorbildlichen Lebens zur Ehre der Altäre erhoben, starb aber eines natürlichen Todes, wird die Farbe weiß verwendet. Sie ist das Zeichen himmlischer Vollkommenheit, die der Heilige schon zu Lebzeiten zu erreichten trachtete.


Die Farbe schwarz wurde nach der Liturgiereform durch die violette Farbe ersetzt. Vielerorts wird sie jedoch auch heute noch bei Begräbnissen verwendet. Ferner wird sie im Direktorium unserer Diözese für den Allerseelentag vorgeschrieben. Schwarz ist in unserem Kulturkreis die Farbe der Trauer. Auch dafür sollte in unserem Gottesdienst Platz sein. Diese Trauer ist jedoch nie ohne Hoffnung, weil Jesus Christus durch seinen Tod auch die dunkelsten Tiefen des Menschseins durchschritten hat.