Brot, das unsere Seele nährt

Über die Feier des Fronleichnamsfestes - ein Beitrag P. Reinhold Ettel SJ

Das Fronleichnamsfest steht in enger Verbindung mit dem Gründonnerstag und stellt Jesus als das Lebensbrot in den Mittelpunkt. Wir sind eingeladen, uns an seinem Tisch für unsere Lebensaufgaben zu stärken.

Die Feier des Fronleichnamsfestes (© Foto: Pressestelle / Neumüller)
Die Feier des Fronleichnamsfestes (© Foto: Pressestelle / Neumüller)
 (© Foto: Hans Lach)
(© Foto: Hans Lach)

„Wieso kann ein Leichnam eigentlich froh sein? Ich dachte, ein Leichnam wäre tot!“ – so eine Kinderfrage zum Fronleichnamsfest. Mit einem Toten hat „Fronleichnam“ gar nichts zu tun. Denn „lichnam“ ist ein mittelalterliches Wort und bedeutet „lebendiger Leib“. Und es heißt auch nicht „froh“, sondern „vron“ – ebenfalls mittelalterlich für „Herr“. Das Fest „Fronleichnam“ hat also mit einem „Lebendigen“ zu tun: mit Gott, dem Herrn, der auf vielerlei Weisen unter den Menschen lebendig ist. Das »Hochfest des Leibes und Blutes Christi« erinnert und feiert die Einsetzung der Eucharistie beim »letzten Abendmahl Jesu«, das wir am Gründonnerstag begehen.

Auslösend für die Entstehung des Festes in seiner heutigen Gestalt war eine Vision der Ordensfrau Juliana von Lüttich (1192–1258). Sie sah im Jahre 1209 ein Bild der Vollmondscheibe, bei der eine dunkle Stelle das Fehlen eines besonderen Festes im Kirchenjahr zu Ehren der Eucharistie anzeigte. 1247 ordnete der Bischof von Lüttich ein solches Fest für seine Diözese an, 1264 erhob es Papst Urban IV. zum Fest für die ganze Kirche.
Der Theologe Thomas von Aquin (1224/5–1274) trug wesentlich zur Ausgestaltung des Festes bei. Allerdings gab es weite Vorbehalte, die geweihte Hostie in einer Prozession aus dem geweihten Kirchenraum hinauszuführen. Das Konzil von Vienne bekräftigte 1311/12 das Fest, und 1317 wurde es von Papst Johannes XXII. endgültig bestätigt. Erst zum Ende des 14. Jahrhunderts setzte sich das Fest in seiner einheitlichen Form mit Prozession durch.
»Der Herr ward mein Beschützer; er führte mich heraus ins Weite. « Dieser Liedruf war für die Entstehung der Prozession von Bedeutung. Ebenso der Vers aus dem Lukasevangelium, das an diesem Tag gelesen wurde: »Das Volk begleitete ihn (Jesus) in großen Scharen (auf dem Weg)« (vgl. Lk 14, 25). Entscheidender war jedoch der Bezug zum übergeordneten Osterfestkreis, sodass mit der Prozession die Heimkehr der Gläubigen in das »Himmlische Jerusalem«, das für die Kirche steht, verdeutlicht werden konnte. Und schließlich spielt auch die Predigt des Franziskaner-Ordens eine große Rolle. Franz von Assisi beschrieb das Leben als ein ständiges Unterwegssein zu Gott und rief die Gläubigen dazu auf, den Fußspuren Jesu nachzugehen.

Laudis thema specialis
Panis vivus et vitalis
Hodie proponitur.
Dieses Brot sollst du erheben,
welches lebt und gibt das Leben,
das man heut‘ den Christen weist.
(Thomas von Aquin)

Das Besondere an der Prozession ist, dass die geweihte Hostie mitgeführt wird. In ihr ist nach der Glaubenslehre der katholischen Kirche Jesus Christus ganz gegenwärtig. Die Fronleichnamsprozession konnte so für die Gläubigen ein konkret fassbares Ereignis werden: Wie sie in ihrem Leben Christus nachfolgen sollen, folgen sie dem im Brot gegenwärtigen Christus auf dem Weg durch die Welt, um am Ende in das »Himmlische Jerusalem« zu gelangen. Damit hat die Fronleichnamsprozession aber auch eine große Nähe zum Gehen des Kreuzweges. Wird hier der Leidensweg betont, unterstreicht Fronleichnam von Ostern her die Überwindung von Leid und Tod durch die Auferweckung Jesu. Und ähnlich den Passionsspielen haben szenische Darstellungen der Heilsgeschichte Eingang in die Fronleichnamsprozession gefunden.
Mit der Mitführung der geweihten Hostie eng verbunden ist die Vorstellung, dass Christus seinen Segen auf diese Weise den Menschen unmittelbar zuwenden könne. Vor dem Hintergrund der Eucharistiefrömmigkeit des Mittelalters dürfte dies dem Fest zum »Durchbruch« verholfen haben. Denn aus Sorge vor einem unwürdigem Empfang der heiligen Kommunion ging man nur unmittelbar nach der (jährlichen) Beichte zur Kommunion. An die Stelle des Empfangs des Sakramentes im Mahl trat eine Anschauung und Verehrung des aufbewahrten Sakraments in der Brotgestalt, das in der Prozession gleichsam »gezeigt« wurde.
Heute steht wieder mehr die Eucharistie selbst und vor allem ihre Feier im Mittelpunkt des Festes. Die Eucharistieverehrung ist damit wieder mit ihrer Feier verbunden, wie es auch mit der Bestimmung des Donnerstages als Festtag in Erinnerung an das Abschiedsmahl Jesu intendiert war. Es geht um die Erinnerung dessen, was in der Eucharistie selbst gefeiert wird.

Immer häufiger finden sich Pfarreien zu einer gemeinsamen Prozession zusammen. Besonders für Kinder ist es erfahrungsgemäß eindrucksvoll, mit vielen anderen Gottesdienst im Freien zu feiern und singend durch die Straßen zu ziehen. Vielerorts sind
dabei die Straßen mit Fahnen, Blumen u.ä. geschmückt.

  • Auszug aus der von Pater R. Ettel herausgegebenen Broschüre „Feste feiern im Kirchenjahr - Heft 15 - Fronleichnam“ (siehe Download)