„Verstehst du auch, was du liest?“ (Apg 8,30)

25 Jahre mit der Bibel unterwegs ist Klaus Einspieler, Referent für Bibel und Liturgie in der Diözese Gurk

Vor 25 Jahren wurde im Seelsorgeamt der Diözese Gurk das Referat für Bibel und Liturgie errichtet. Es war eine Frucht des Jahres der Bibel im Jahr 1992. Offenbar hatte man in diesem Zusammenhang erkannt, dass eine nachhaltige Bibelarbeit nur dann stattfinden kann, wenn es Personen und Einrichtungen gibt, die dafür verantwortlich sind. Zu groß ist die Gefahr, dass man die Bibel so selbstverständlich zum „Inventar“ kirchlichen Handelns zählt, dass man am Ende vergisst, die Menschen immer wieder aufs Neue dafür zu begeistern. In diesem Sinne handelte einst auch Pfarrer Peter Granig, Leiter des Theologischen Institutes. Er hat unter anderem durch den Einsatz namhafter Referenten aus dem gesamten deutschen Sprachraum wertvolle Akzente gesetzt. Als ich 1994 mit der Leitung des Referates betraut wurde, erfüllte sich für mich früh ein Berufstraum. Die Bereiche Bibel und Liturgie hatten mich schon im Studium am meisten fasziniert. Unverhofft rasch tat sich nun die Möglichkeit auf, diese Leidenschaft mit Interessierten zu teilen. Einen konkreten Auftrag, wie sich die Arbeit entwickeln sollte, habe ich nie erhalten. Offenbar hat man darauf vertraut, dass sich aus den pastoralen Erfordernissen zeigen wird, was Bestand hat. So geschah es auch. In dieser Zeit wurde nämlich gerade an einer neuen slowenischen Bibelübersetzung gearbeitet. Es war bald klar, dass ihr Erscheinen die Chance bot, auch den Inhalt wieder stärker ins Bewusstsein zu rufen.

Bibelreferent Klaus Einspieler begeistert die Teilnehmer der Bibelkurse wie hier 2019 in der Pfarre Weißenstein (Foto: O. Höher)
Bibelreferent Klaus Einspieler begeistert die Teilnehmer der Bibelkurse wie hier 2019 in der Pfarre Weißenstein (Foto: O. Höher)

Zweisprachige Bibelausstellung

So entstand eine erste zweisprachige Bibelausstellung, die im November 1996 präsentiert wurde. Herzstück war ein Zyklus von zwölf Ölbildern des akademischen Malers Matej Metlikovič. Diese Ölbilder waren das Ergebnis intensiver Gespräche über maßgebliche Texte der Heiligen Schrift. Eine Reihe von Studientagen mit allen namhaften Bibelwissenschaftern aus Slowenien, die in eine zwölftägige Studienreise nach Israel mündeten, hinterließ nachhaltige Spuren bei den pastoralen Mitarbeitern in den zweisprachigen Pfarren Kärntens.

Jahr der Bibel 2003

Was im Kleinen erprobt wurde, erlebte im Großen eine Neuauflage. 2003 wurde von allen Kirchen des deutschen Sprachraumes das Jahr der Bibel begangen. Dies bot die Gelegenheit, die Bibelausstellung zu erweitern und teilweise neu zu konzipieren. Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg stellte dafür eine originale Torarolle zur Verfügung. Archäologische Stücke aus dem Nahen Osten sollten zudem ein Gefühl für die Zeit der Bibel vermitteln. Die Ölgemälde wurden überdies in Form von Postkarten, versehen mit Impulsen und Auslegungen, unter dem Titel WegWorte an viele Interessierte versandt. Heute sind Teile der Ausstellung im Diözesanhaus zu besichtigen. Einige Materialien können zudem von Interessierten entlehnt werden, um in der Seelsorge und Schule einen Eindruck von der Bibel zu vermitteln.

Studientage als Dauerbrenner

Am nachhaltigsten wirkten jedoch die Studientage zur Bibel. Was als Zyklus im Jahr der Bibel konzipiert war, erwies sich als wahrer Dauerbrenner. Bis heute nehmen an die vierzig Personen am nun schon zur Tradition gewordenen Studientag zur Bibel im Bildungshaus Tainach/Tinje teil, um jedes Jahr ein biblisches Buch besser kennenzulernen. Als das Markenzeichen des Bibelreferates aber gelten zu Recht die Bibelkurse. Der Impuls dafür kam 1997 aus Villach und entwickelte rasch eine Eigendynamik, die so nicht planbar gewesen wäre. Eines Tages meldete sich der damalige Dechant Msgr. Mag. Matthias Hribernik mit dem Wunsch, eine Reihe von Vorträgen anzubieten, die einen Überblick über die Bibel vermitteln sollten. So entstand das Modell eines achtteiligen Kurses. Er fand nicht nur in Villach Anklang, sondern wurde in fast allen Dekanaten durchgeführt. Nachdem der Hunger nach dem Wort geweckt war, folgte dann bis auf den heutigen Tag ein Kurs nach dem anderen. Ging es im ersten noch darum, einen Überblick über die gesamte Bibel zu vermitteln, widmeten sich die nächsten Zyklen kleineren Texteinheiten oder Themen wie z. B. den Evangelien, den Psalmen, der Tora, dem Johannes-Evangelium etc. Das Ziel dieser Angebote kann mit der Frage des Philippus „Verstehst du auch, was du liest?“ (Apg 8,30) zusammengefasst werden. Sie sind kein Ersatz für das Bibelgespräch in den Pfarren, sondern eine Möglichkeit, neuere Ergebnisse der Bibelwissenschaft kennenzulernen und die Texte auf diesem Hintergrund zu verstehen.

Unterschiedliche Motivation

Es gibt Leute, die von sich behaupten können, alle diese Kurse besucht zu haben. Es finden sich aber immer auch Interessierte, die das erste Mal auf diese Art mit der Bibel in Berührung kommen wollen. Erfreulicherweise stoßen hin und wieder auch evangelische Christen dazu, mitunter Menschen, die aus der Kirche ausgetreten sind oder einer Freikirche angehören. Den typischen Bibelkursteilnehmer gibt es also nicht. Daher sollen nun zumindest einige von ihnen zu Wort kommen. Warum nehmen Menschen eigentlich die Mühe auf sich, an sechs Vormittagen oder Abenden einen Kurs zu besuchen? Die Antworten sind sehr unterschiedlich. Die meisten sind interessiert an den Inhalten, sie wollen mehr über Zeit, Umwelt und Botschaft der Bibel erfahren und sich mit einem Text ausführlich beschäftigen, was im Gottesdienst aufgrund der begrenzten Zeit nicht möglich ist. Für manche ist es eine Ergänzung zur Bibelrunde, in der eher der persönliche Zugang im Zentrum steht. Nun wollen sie sehen, wie ein Exeget die Bibel liest und welche neuen Bezüge sich auf diese Art erschließen.

Faszination für das Wort Gottes

Andere wiederum suchen die Gemeinschaft. Dass sie mit zwanzig bis dreißig Bibelinteressierten zusammenkommen, gibt ihnen das Gefühl, mit ihrer Faszination für das Wort Gottes nicht allein zu sein. Die meisten sind zudem überzeugt, auf diese Art ihren Glauben zu vertiefen. Nicht selten bedauern sie, dass sie „so alt werden mussten“, bis ihnen die Schrift auf diese Art erschlossen wurde. Das Schlusswort haben nun zwei Teilnehmerinnen: „Ich danke für diesen lehrreichen Kurs. Noch nie wurde mir das Leben Jesu auf diese Art erklärt. Sehr interessant waren die Querverbindungen zum Alten Testament.“ „Es ist schön, sich im Kreis gleichgesinnter Brüder und Schwestern mit dem Wort Gottes auseinanderzusetzen. – Suchet und ihr werdet finden. – Jedesmal, wenn ich das Wort Gottes suche, finde ich ein Stück näher zu Gott.“ |

  • Erstveröffentlichung dieses Beitrages von Klaus Einspieler in: „Lebensbuch Bibel“ , Jahrbuch der Diözese Gurk 2020, (Redaktion: Pressestelle der Diözese Gurk).