Leben aus der Taufe

Eine Besinnung über die einmalige und persönliche Lebensmelodie

Eine Besinnung über die einmalige, persönliche Lebensmelodie - und die Taufe

Das wunderschön gestaltete Taufbecken in der Pfarrkirche Maria Gail (© Foto: Foto: wikipedia-commons / Johann Jaritz)
Das wunderschön gestaltete Taufbecken in der Pfarrkirche Maria Gail (© wikipedia-commons / Johann Jaritz)

Eine ostafrikanische Geschichte erzählt von folgendem Brauch
Wenn eine Mutter neues Leben empfangen möchte, zieht sie sich zurück in den Wald und hört in der Stille auf die Lebensmelodie, die Gott für dieses Kind bereit hält. Sie glaubt, dass Gottes Sehnsucht nach dem Leben dieses Menschen, sein Traum von dieser konkreten Person in der Lebensmelodie verborgen ist. Wenn sie diese Melodie empfangen hat, geht sie zurück, lehrt die Melodie dem Vater des Kindes und beide summen sie beim Liebesakt, in dem das Kind gezeugt wird. Wenn die Mutter das Kind empfangen hat, geht sie zu den Hebammen und Geburtshelferinnen und lehrt diese die Lebensmelodie, damit sie das Kind bei der Geburt auf Erden mit seiner Melodie willkommen heißen. Später dann lernen alle Freunde und Verwandten, sowie das ganze Dorf die Melodie. Immer wenn das Kind auf seinem Weg eine wichtige Station erreicht oder eine Prüfung zu bestehen hat, wird diese Melodie gesungen. Mit der Zeit lernt es seine eigene Melodie und entfaltet sie Ton um Ton. Wenn das Kind herangewachsen ist und heiratet, wird die Melodie gesungen, ebenso wenn es in eine Krise gerät, krank ist und stirbt. Dann versammeln sich alle um das Krankenbett, letztlich um das Sterbebett und summen die Melodie. Sie glauben, dass diese Melodie den Menschen hinüber begleitet in sein neues Leben und dass Gott diesen Menschen mit seiner Melodie ins neue Leben willkommen heißt. Diese Lebensmelodie ist wie die göttliche Leucht- und Tonspur, die jeden Menschen persönlich und einmalig kennzeichnet, die Sehnsucht Gottes für den Einzelnen. Diese Lebensmelodie und ihre Motive zeigen sich in den Begabungen und Lebensumständen, in der Familie, in den Bezugspersonen.

Von Gott geliebt
Ich bin als Mensch von Gott geschaffen, das heißt, mich gibt es und ich lebe aufgrund des Liebeswirkens Gottes. Jede und jeder ist ein Liebesgedanke, ein einmaliges Liebeswerk des Schöpfer-Gottes. Für jeden gibt es die persönliche "Lebensmelodie". - Das fällt uns oft schwer zu glauben: Mich mag jemand; ich bin geliebt, ohne Vorleistung!

In der Taufe
wird es dem einzelnen Menschen zugesagt: Gott liebt dich. Du gehörst zu Ihm und Er ist mit dir. Als Jesus von Johannes am Jordanfluss getauft wurde, war die Stimme aus dem Himmel zu vernehmen: "Dies ist mein geliebter Sohn!" Jedem und jeder ist zugesagt: "Du bist Gottes geliebter Sohn, Gottes geliebte Tochter!" Wie deutlich ist mir das bewusst? Erkennen wir darin unsere Identität? Wer bin ich? Zu wem gehöre ich? Unsere kostbare Identität: getauft sein = zugehörig zu Gott: Der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer trägt im NS-Gefängnis die Frage mit sich: "Wer bin ich? Einsames Fragen treibt mit mir Spott. Wer ich auch bin. Du kennst mich, Dein bin ich, o Gott!"
 

Getauft sein: "Dein bin ich. o Gott; eine von Gott Geliebte / ein von Gott Geliebter!"



Gottes Zusage und Treue zu uns
Die Taufe ist nicht einfach ein schönes Fest für die Familie und Verwandtschaft, mit dem Kleinkind und den Eltern. Sie ist kein einzelnes Ereignis. Auf den Namen Gottes bin ich getauft und bleibe ihm zugehörig; denn Gott nimmt seine Zusage nie zurück. Er steht dazu. Er ist der treue Gott.

Taufe - aufgrund einer Glaubensentscheidung
Das Verständnis, was die Taufe bedeutet, sollte nicht von der Kinder-taufe, sondern von der Taufe eines Erwachsenen genommen werden. Kinder werden getauft aufgrund der Entscheidung der Eltern, die sich zum Glauben bekennen. Die Eltern übernehmen damit auch die Auf-gabe und die Verantwortung, ihre Kinder in den Glauben hinein zu führen, sie zu jungen gläubigen Menschen zu erziehen. Die Kinder nicht um Gott betrügen.

Mit Wasser getauft und mit Chrisam gesalbt
Mit Wasser werden wir getauft und im Wasserbad gereinigt; dazu das Zeichen des Kreuzes und die Taufe auf den Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Danach erfolgt die Salbung mit dem Öl, mit Chrisam-Öl. Wer getauft ist, gehört zu Jesus, der gesalbt ist als der Christus, als Priester, König und Prophet in Ewigkeit.

Die vielen Melodien im Zusammenklang
In der ostafrikanischen Geschichte hören wir von der persönlichen Lebensmelodie, die für jeden Menschen gegeben sei. In einem Brief vergleicht Ignatius von Antiochien (1. Jh.) die Gemeinde mit einem großen Chor: "Nehmt Gottes Melodie in euch auf. So werdet ihr alle zusammen zu einem Chor." Die vielen einzelnen Melodien sollen nicht einzeln, jede für sich allein dahin schwingen, sondern zusammengeführt werden. Die vielen, so unterschiedlichen Christen, die Getauften, gehören zusammen zur lebendigen Gemeinschaft der Getauften. Im Zusammenklang aller Stimmen wird eine Symphonie (= Zusammenklang). Es soll ein Chor werden, wo jeder seine Stimme, sein Lebenslied einbringt. ... und so ertönt das Lied Christi. Das Lebenslied jedes Christen ist verwandt mit dem Lebenslied Christi.

"In eurer zusammenklingenden Liebe ertönt durch euch das Lied Christi."


Getauft sein = das Lebensbeispiel, die Mentalität und Gesinnung Jesu als Orientierung wählen. Jesu Lebensweg mitgehen, ihm "nachfolgen" und so Gott die Ehre erweisen.
 

Text: ( Aus einem Faltblatt der Pfarre St. Sebastian, Ludesch (Vorarlberg)
verfasst von P. Mag. Dr. Reinhold Ettel SJ