Der Heilige Geist als Lebensbegleiter

 (© Foto: Foto: morguefile.com)
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Ruah - die schöpferische Lebenskraft Gottes

Das Alte Testament spricht vom Geist Gottes. Das hebräische Wort ruah (Geist), kann auch mit Atem, Wind oder sogar Sturm wiedergegeben werden. Die ruah (das Wort ist weiblich) ist also der Atem, die Lebenskraft Gottes. Sie schwebt bereits am Anfang, bei der Erschaffung von Himmel und Erde, über dem Wasser. Ruah, das ist die schöpferische Kraft Gottes, die das Chaos zum Kosmos umgestaltet. Das Wirken des Geistes beschränkt sich aber nicht auf die Erschaffung der Welt. Der Geist ist es auch, der die Erde erhält, umgestaltet und erneuert. So heißt es etwa in Psalm 104:

„Sendest du deinen Geist aus, so werden sie alle erschaffen, und du erneuerst das Antlitz der Erde“ (Ps 104,30).

Von der Neuschöpfung spricht vor allem der Prophet Ezechiel. Er wirkte im babylonischen Exil und dachte über die Situation seines Volkes in der Gefangenschaft nach. Für ihn heißt Neuschöfung zunächst Sündenvergebung. Der Geist Gottes bewirkt die Umkehr des Volkes Israel und ermöglicht, daß es nach der Weisung Gottes lebt. Anschließend wird dem Propheten eine großartige Vision vom Wirken des Geistes Gottes zuteil: Er wird in eine Ebene geführt, die voll von Totengebeinen ist. Die Totengebeine sind das Sinnbild dafür, daß jegliche Hoffnung des Volkes Israel, neu beginnen zu können, geschwunden ist. Da kommt der Geist in sie und die Gebeine stehen auf, ein großes und gewaltiges Heer. Der Geist Gottes schafft also neues Leben. Der besagte Text, Ez 37, wurde schon früh in der Feier der Osternacht gelesen. Letztlich erinnert er uns Christen daran, daß die Auferstehung nicht nur ein Ereignis zwischen Jesus Christus und seinem Vater ist, sondern auch als Wirken des Geistes verstanden werden muß. Daran knüpft auch der Apostel Paulus an, wenn er in seinen Ausführungen über die Auferstehung sagt: „Der letzte Adam wurde lebendigmachender Geist“ (1 Kor 15,45). Auferstehung heißt Umgestaltung; diese aber ist eine Frucht des Geistes Gottes, der schon nach den Zeugnis des Alten Testamentes dem Staub neues Leben einhaucht (Ps 104,29-30). Letztlich ist die Neuschöpfung, die der Geist Gottes bewirkt, sei es die Sündenvergebung, sei es die Wiederherstellung des Volkes Israel, auf die Gotteserkenntnis ausgerichtet, wie der Prophet Ezechiel betont Ez 36,23, 37,13). Das Wirken des Geistes führt die Menschen zur Gemeinschaft mit Gott, zum Leben in Fülle.

 

Gottes Geist - unser Wegbegleiter

Der Geist Gottes wirkt aber nicht nur in der Schöpfung. Ein zweiter Textstrang in Alten Testamentes nimmt auch das Wirken des Geistes Gottes in der Gesellschaft in den Blick. Dabei sei vor allem an jene denkwürdige Stelle erinnert, die davon berichtet, daß der Geist, der auf Mose ruht, über die siebzig Ältesten herabkommt, damit sie zusammen mit Mose das Volk Israel in das verheißene Land führen (Num 11,24-30). Der Geist wird durch die Handauflegung weitergegeben: Mose legt Josua die Hände auf und er wird vom Geist Gottes erfüllt (Dtn 34,9). Ein weiters Zeichen für die Begabung mit dem Geist Gottes ist die Salbung mit Öl: Samuel salbt David mit Öl und der Geist des Herrn war von diesem Tag an über David (1 Sam 16,13). Diese Riten sind auch heute in der Weiheliturgie ein Zeichen, daß letztlich der Geist Gottes die Kirche leitet und nicht der Amtsträger kraft seiner eigenen Fähigkeiten. In der Taufliturgie und auch in der Firmung ist die Salbung mit Öl Zeichen für den Geist, der über alle, die an Christus glauben, ausgegossen wurde, wie Petrus in seiner Pfingstpredigt betont (Apg 2,16-21). Er bezieht sich hierbei auf den Propheten Joel, der ankündigt, Gott werde in den letzten Tagen seinen Geist ausgießen, damit die Menschen umkehren („den Namen des Herrn anrufen“) und gerettet werden (Jl 3,1-5). Der Geist Gottes drängt also auch, die Gesellschaft zu gestalten. Im Buch der Richter wird immer wieder betont, daß der Geist Gottes auf Personen herabkommt, die das Volk aus der Not herausführen. Die Betonung des Wirkens des Geistes Gottes hat das Ziel herauszustellen, daß letztlich, auch wenn Menschen am Werk sind, Gott die Geschicke seines Volkes Israel und der Kirche leitet. Daher wird, ähnlich wie bei der Neuschöpfung, auch bei der Neugestaltung der Gesellschaft am Ende der Zeit, das Wirken des Geistes hervorgehoben. Der Prophet Jesaia betont, der Geist Gottes werde sich auch auf dem messianischen Herrscher niederlassen und ihn beseelen, für Frieden und umfassende Gerechtigkeit zu sorgen: „Der Geist der Herrn läßt sich nieder auf ihm: der Geist der Weisheit und der Einsicht, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Gottesfurcht“ (Jes 11,2). Letztlich ist also auch das Friedensreich des Messias, von dem der Prophet Jesaia einige Male spricht, eine Frucht des Wirkens des Geistes Gottes. Der Text ist Pate gestanden für die Lehre von den sieben Gaben des Heiligen Geistes, also für die Fülle seines Wirkens in uns Menschen. Die letzte Gabe, nämlich die Gabe der Gottesfurcht wurde in der christlichen Überlieferung noch durch den Geist der Frömmigkeit erweitert und so auch gedeutet. Wenn immer wir also zu neuen Ufern aufbrechen, unser Glaube danach drängt Gestalt anzunehmen, damit die menschenfreundlichen Züge Gottes den Menschen bekannt werden und der Glauben das Zusammenleben unter den Menschen verändert, sollten wir zum Heiligen Geist beten. Er, der Atem Gottes, seine schöpferische Kraft, die uns umgibt wie wohlriechendes Salböl, erneuert, was entstellt war.