Das Ringen um eine angemessene Raumgestalt katholischer Liturgie im 21. Jahrhundert

Über die Neugestaltung der liturgischen Orte in St. Margarethen bei Wolfsberg

Kirche im Dialog mit zeitgenössischen Künstlern und Kulturschaffenden - ein Beitrag von Prof. Dr. Stefan Kopp

 (© Foto: Pfarre St. Margarethen bei Wolfsberg)
(© Foto: Pfarre St. Margarethen bei Wolfsberg)

„Freude und Feiern“ sowie „Sinn und Schönheit“ prägen gleichsam als Programmworte das Selbstverständnis der katholischen Kirche Kärntens in ihrer Feiergestalt. Einen Beitrag dazu versucht auch die Liturgische Kommission zu leisten, indem sie Pfarrgemeinden (zumeist) im Zuge von Kirchenrestaurierungen hilft, ihre je eigene und historisch gewachsene liturgische Raumsituation neu zu bedenken und zu ästhetisch-künstlerisch hochwertigen Lösungen beizutragen. Dies geschieht in enger und fruchtbarer Zusammenarbeit mit den diözesanen Einrichtungen (Bauabteilung und Kunstkonservator), dem Bundesdenkmalamt und nicht zuletzt auch mit Architekten und bildenden Künstlern.

Liturgische Orte

Die Konstitution über die heilige Liturgie des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) und nachfolgende kirchliche Dokumente benennen den Spannungsbogen von Tradition und Innovation. Zu den wichtigsten und sichtbarsten Errungenschaften der nachvatikanischen Liturgiereform in der liturgischen Raumgestaltung zählen dabei die Konzentration auf einen einzigen, frei stehenden Altar als „Mitte der Versammlung“, die Betonung des Ortes der Wortverkündigung (Ambo) und die Errichtung eines feststehenden Priestersitzes. Nicht zu vergessen ist auch die Einbeziehung der übrigen liturgischen Orte in die Planung, wie Tauf- und Beichtort. Ein weiterer Schwerpunkt ist in den Dokumenten die optimale Ermöglichung der Liturgiefeier und der tätigen Teilnahme aller Gläubigen.

Diözesane Leitlinien

Genau 40 Jahre nach Abschluss der Kärntner Diözesansynode, die als „Frucht des Konzils“ einberufen wurde, „um die Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils in die diözesane Wirklichkeit umzusetzen“ (Zitat von Diözesanbischof Dr. Alois Schwarz) wurden heuer „Leitlinien für die Gestaltung von liturgischen Räumen in der Diözese Gurk“ veröffentlicht. Diese verstehen sich ebenfalls als Konkretion der Liturgiereform auf diözesaner Ebene und können als Vademecum für Priester und Gemeinden bezeichnet werden, im Prozess der Neugestaltung liturgischer Orte durch eine mystagogische Erschließung tiefer in den Geist der Liturgie einzudringen.

Beispiel: St. Margareten bei Wolfsberg

Das jüngste Beispiel für eine Neugestaltung der liturgischen Raumsituation in der Diözese Gurk ist die Pfarrkirche von St. Margarethen bei Wolfsberg. Im Zuge der notwendigen Kirchenrestaurierung (Ergänzung des historischen Steinbodens im Altarbereich und Ersetzung der provisorischen Holzpodeste, Ausmalung der Kirche, Elektroinstallation, Beleuchtung, Reinigung der barocken Retabel) entstand auch hier der Gedanke, dem historisch wertvollen Kirchenraum eine künstlerisch hochwertige Altarraumgestaltung zu implementieren. Für die künstlerische Gestaltung konnte der in Klagenfurt geborene, hauptsächlich in St. Margarethen lebende und international tätige Künstler Pepo Pichler gewonnen werden, der sich auf diesen Gesprächsprozess einließ und der Pfarre sein Werk sogar stiftete. Altar und Ambo sind aus demselben Stein wie der historische Boden (Lavanttaler Gneis) und scheinen aus diesem herauszuwachsen. Sie bilden (gemeinsam mit dem neuen Vortragekreuz von Meister Guido Kapsch) die Mitte der liturgischen Versammlung, dahinter ist der neue Vorstehersitz verortet. Besondere Erwähnung verdient zudem die neu adaptierte Taufkapelle, deren Taufstein in der Mitte schon vor etwa einem halben Jahrhundert für die Kirche geschaffen wurde und bisher nicht in Verwendung war. In theologischer Korrespondenz steht der Taufort mit dem neuen Beichtstuhl, der ebenfalls in der Taufkapelle installiert wurde und das Werk von Meister Edwin Schulnig ist. Somit ist diese Kirche ein Zeugnis für das Ringen um eine angemessene Raumgestalt katholischer Liturgie im 21. Jahrhundert. Sie ist zudem ein lebendiges Zeugnis dafür, dass sich die Kirche ihres Auftrags bewusst ist, mit zeitgenössischen Kulturschaffenden in Dialog zu treten und „Freude und Feiern“ sowie „Sinn und Schönheit“ als einen Teil ihrer Sendung zu verwirklichen. Zum Höhepunkt und krönenden Abschluss dieses gemeinsamen Prozesses wurde schließlich die feierliche Hl. Messe mit Altarweihe und Segnung des Ambos durch Diözesanbischof Dr. Alois Schwarz am ersten Adventssonntag 2012.