Themen der Bischofssynode 2012
(Medien-)Beobachtungen, Kommentare und Anregungen zum Thema "Neue Evangelisierung"
Direktor Josef Marketz und eine Gruppe von Theologen aus dem Bischöflichen Seelsorgeamt beobachtet und kommentiert die derzeit in Rom stattfindende Bischofssynode

27. Oktober – (letzter) Kommentar von P. Reinhold Ettel SJ
Die Bischofssynode ist nach drei Wochen zu Ende gegangen. Thema dieses Bischofstreffens war „die neue Evangelisierung – die Weitergabe des christlichen Glaubens“.
Für die Synodenteilnehmer sind sicher die Begegnungen während der Synode und das Erleben einer weltweiten Kirche ein großer Gewinn. Dazu gehören die Berichte, Erfahrungen, Zeugnisse, wie unterschiedlich und vital der Glaube gelebt werden kann, gemeinsames Beten und Feiern der Gottesdienste, konkrete Liebesdienste unter den Teilnehmern und Mitarbeitern. „Die Bischofssynode ist ein besonderes Erlebnis“ bestätigt Kardinal Schönborn. Die persönlichen Bereicherungen ergeben für die einzelnen Bischöfe eine wertvolle Bilanz.
In den Berichten, die aus Rom zu uns gekommen sind, ist die pastorale Sorge zu vernehmen, wie der Glaube in der modernen, weithin säkularisierten Welt wirkungsvoll weitergegeben wird. Sind in den Aussagen richtungweisende Anregungen und Erkenntnisse zu finden? Gibt es eine „Neu-Ausrichtung“ für die Evangelisierung? Oder sind vorwiegend die bekannten Sätze vom „Missionarischen der Kirche“ und einer „zeitgemäßen Verkündigung“ wiederholt worden?
Im Arbeitspapier („Instrumentum laboris“), das die Bischöfe vor der Synode erhalten hatten, sind grundlegende, richtungweisende Aussagen zum Thema enthalten. Es ist nicht leicht, den Glauben vor allem als Begegnung und Beziehung zu verstehen, nämlich eine Beziehung zu Jesus Christus. Wie wird diese Begegnung ermöglicht? Die Evangelisierung erfordert die Fähigkeit von Seiten der Kirche, die gemeinschaftliche Erfahrung des Glaubens in den neuen kulturellen und gesellschaftlichen Situationen zu leben.
Ich hätte erwartet, von den Bischöfen theologische Reflexionen zu hören, die tiefer greifen, etwa …
Der Glaube und das Vertrauen, dass Gott in Christus, dem erhöhten Herr, und im Heiligen Geist überall und zu jeder Zeit präsent und am Wirken ist. Der „Pantokrator“, d.i. der Allherrscher (sonst wäre er nicht Gott!). Gott als der Treue, selbst wenn Er sich als das verborgene Geheimnis erweist.
Gott ist auch präsent in den Niederungen des Lebens und der Kirche („Die heilige Kirche der sündigen Menschen“). Das Ereignis und Geheimnis der liebenden Nähe Gottes in der - menschlich erlebten – „Gottesferne“.
Darauf verweist auch der Blick auf den gekreuzigten Jesu, in seiner äußersten Erniedrigung und Erfahrung von Gottverlassenheit. Denn gerade „im Schwachsein offenbart sich Gottes Stärke“. Die Evangelisierung ist oft keine „Erfolgsstory“ und keine sichtbare Massenbewegung. Das lässt auch einen „quantitativen Rückgang“ im kirchlichen Leben anders wahrnehmen.
Der Wille Gottes, dass alle Menschen, jeder einzelne Mensch zum Heil gelangt; im Glauben diesen Heilswillen Gottes als ungebrochen annehmen – selbst wenn die Verkündigung bei einzelnen oder in breiten Bevölkerungsgruppen „vergeblich“ scheint.
Die absolute Treue Gottes – Jahwe. Dazu die Zusage Jesu: „Ich bin bei euch alle Tage, bis ans Ende der Welt, bis ans Ende der Zeit.“ Welches Vertrauen und welche Dynamik könnten darauf für die Evangelisierung erwachsen.
Die Kirche ist die Gemeinschaft in Jesus Christus, dem auferstandenen und erhöhten Herrn – der Leib Christi und Christus ist das Haupt; durch ihn wird der ganze Leib zusammengefügt und gefestigt in jedem einzelnen Gelenk. (vgl. Eph 4, 15f) Damit könnten die Vorstellungen hinterfragt werden, wenn Glaubensweitergabe durch gesteigerte Aktivitäten und den Verwaltungsaufwand vieles als „machbar“ vermutet wird.
Eine wirksame Dynamik für die Weitergabe des Glaubens liegt in den Feiern der Sakramente und in den Botschaften der Festfeiern im Kirchenjahr. Kirchliche Verkündigung ist wesenhaft verbunden mit dem sakramentalen Leben, in den gnadenhaft wirksamen Zeichen. Das Wesen und die Bedeutung des sakramentalen Lebens für eine neue Evangelisierung sind beachtlich.
Während des 2. Vatikan. Konzils und in der Zeit nach dem Ende der Konzilsversammlung haben so viele Frauen und Männer, Priester und Bischöfe, getragen von diesem Zutrauen in Gott, durch Jesus Christus im Heiligen Geist, an einer lebendigen Kirche mitgewirkt. Ist auch gegenwärtig so ein Hoffnungsglaube als vorherrschend versus einem klagendes Reden über den „Niedergang des Glaubens“ und des kirchlichen Lebens zu erkennen?
Evangelisierung ist eng verknüpft mit dem Evangelium Jesu, mit dem Wort Gottes. Wie lebendig und vital wird das Evangelium Jesu herangelassen und wird es jeder einzelnen Christin, jedem Christen vertraut?
Entsprechend spürbar und ansteckend sollte die Freude und die Zuversicht sein, die aus dem Glauben an diese Frohe Botschaft hervorgehen.
In der abschließenden „Botschaft an das Volk Gottes“ unterstreichen die Bischöfe die Notwendigkeit einer Neuevangelisierung für alle Völker. Christen und Christinnen sollten das Evangelium, die Frohe Botschaft, auch frohen Mutes verkünden, Ängste mit Hilfe des Glaubens überwinden und die Welt mit gelassener Zuversicht betrachten. Es besteht die Notwendigkeit, den Glauben mit neuem Leben zu füllen, da er in der gegenwärtigen Kultur an Klarheit zu verlieren droht, auch auf Grund der Schwächung des Glaubens vieler Getaufter. Die Begegnung mit dem Herrn, die Gott als Liebe offenbart, kann nur in der Kirche in der Form einer liebevollen Gemeinschaft und der Erfahrung von Gemeinsamkeit geschehen.
Kardinal Christoph Schönborn hat in einer persönlichen Bilanz zur Bischofssynode auf die Bedeutung der gemeinschaftlichen Erfahrungen und auf die unverzichtbare Mitarbeit der Laien hingewiesen.
Kleine christliche Gemeinschaften oder Gemeinden ermöglichen eine Evangelisierung. Es zeigt sich, dass diese Gemeinden die Basis der Evangelisierung sind: Von dort geht Mission aus. Oder sie geht eben nicht.
Die Erfahrung der Gemeinschaft im Glauben ist wegweisend – das Miteinander aller Getauften, die in unserer Gesellschaft oft als Minderheit leben. „Es soll keine verschreckte, sondern eine mutige und selbstbewusste Minderheit sein, die den Schatz des Evangeliums in die Gesellschaft tragen darf“, stellt Kardinal Schönborn fest. Wichtig ist auch, dass die Priester untereinander Gemeinschaft haben und die priesterliche Gemeinschaft gestärkt wird – gerade in einer säkularisierten Gesellschaft, in der der Priester keine selbstverständliche Beheimatung mehr hat.
Die Mitarbeit der Laien war während der gesamten Synode ein wichtiges Thema. Sie bezeugen den Glauben und vermitteln ihn im jeweiligen Umfeld, in Familie, Beruf und Freundeskreis. Ohne das Mitwirken der Laien, bevollmächtigt und gesendet durch die Taufe und Firmung, ist eine Neuevangelisierung nicht denkbar.
22. Oktober – Kommentar von P. Reinhold Ettel SJ
In den vergangenen Tagen kam es zu weiteren Berichten und Wortmeldung, die von der offenen Gesprächsatmosphäre bei der Synode und am Rande der Synode zeugen. Es sind die Hoffnungszeichen, wenn der weltweite Blick in der Kirche zu erkennen ist, die ökumenische Dimension und vor allem auch die pastorale Sorge immer wieder eingebracht werden.
Bei der 17. Generalkongregation am 19. Oktober sprach als Gast Prof. Michel Weinrich, Professor an der evangelischen theologischen Fakultät der Ruhr-Universität in Bochum, für die Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen. Die große Bedeutung des Themas der Neuevangelisierung stehe auch im Zentrum der Überlegungen der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen, hob er hervor. Das Verbindende ist bei Weitem größer als das Trennende: „Was könnte eine engere Verbindung sein als das gemeinsame Vertrauen auf die Lebendigkeit des Wortes Gottes und des von ihm immer wieder neu ausgehenden Evangeliums?“ Bei der Neuevangelisierung gehe es nicht nur um die Verbesserung der Kommunikationsstrategien nach außen, mit denen die Kirche auf eine sich verändernde Situation reagiere; die Kirche müsse sich selber immer wieder neu am Evangelium orientieren und sich durch das Evangelium erneuern lassen. Erneuerung sei in ihrer Substanz immer auch Umkehr zu der Quelle des Glaubens.
Der schweizer Bischof Felix Gmür (Basel), warb am Freitag vor Journalisten erneut um mehr Verständnis in der Kirche für geschiedene und wiederverheiratete Personen. „Wie sprechen wir denn die Leute an, die in etwas anderen Familienformen leben?“ Bischof Gmür erzählte von einem Paar, „das seit fünfzig Jahren zusammen ist“; beide Partner seien zuvor kurz mit einem anderen verheiratet gewesen. „Gelten denn diese fünfzig Jahre gar nichts in unseren Augen?“ Die amtliche Kirche könne doch entweder ihre Regeln im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen überdenken oder „den Pfarrern eine besondere Verantwortung in dieser Sache zusprechen“.
Am 20. Oktober 2012, versammelten sich die 250 Synodenväter zur 18. Generalkongregation. Bei dieser wurde das Schema der Abschlussbotschaft vorgestellt und es gab eine erste Diskussion darüber. Die Bischöfe können bis kommenden Freitag Änderungen vorschlagen und dann wird über einen endgültigen Text abgestimmt. Der Entwurf betont, dass alle Christen, Geweihte wie Laien, zur Verkündigung des Evangeliums berufen seien. In dem Entwurf werden auch Familien, junge Leute und Politiker direkt angesprochen. Besondere Hinweise sind für jeden einzelnen Kontinent vorgesehen. Der Text unterstreicht die Bedeutung des interreligiösen Dialogs, der Caritas und des Engagements im Erziehungswesen. Entscheidend sei, dass die Christen ihre Angst im Glauben überwänden und Mut fassten, um das Evangelium in die Welt hinauszutragen.
Am Sonntag, 21. Oktober feierte Papst Benedikt einen festlichen Gottesdienst am Petersplatz. Er sah es als eine „glückliche Fügung“, dass der Weltmissionssonntag und die Bischofssynode mit dem Anliegen der Neuevangelisierung zusammenfallen. Im Sonntagsevangelium (Mk 10,45) wurde von den Worten Jesu über den Dienst der Gesandten berichtet; denn auch „der Menschensohn ist gekommen, um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele.“ Der Glaubensbote ist berufen, die christliche Botschaft zu bezeugen und zu verkünden, indem er Jesus Christus ähnlich wird und seinem Leben folgt. Bei diesem Gottesdienst wurden auch sieben Selige vom Papst „heilig gesprochen“. Am Beispiel der neuen Heiligen erinnerte der Papst an den Auftrag der Kirche in der Welt: den Dienst am Menschen und am Evangelium.
19. Oktober - Kommentar und Zwischenbilanz von P. Reinhold Ettel SJ
Der Phase der Berichterstattung durch die Bischöfe aus aller Welt ist zunächst abgeschlossen. Die Synodenteilnehmer beraten weiter in Sprachgruppen und suchen gemeinsam, Ergebnisse zu formulieren. Diese sollen in einem Schlussdokument zusammengefasst und dem Papst übergeben werden. Viel ist über die Glaubenssituation in den Ländern und Kontinenten analysiert worden. Mögliche Wege in der Pastoral, Katechese und Bildung sind angedeutet. Es ist ein weit gestreckter weltkirchlicher Bogen gespannt.
Frage der Glaubwürdigkeit - Ein Thema, das vielleicht nur wenig angegangen wurde, ist die Frage der „Glaubwürdigkeit“, die der Kirche, vor allem den Verantwortlichen und den beauftragten Verkündigern in den modernen Gesellschaften zuerkannt wird. Wir haben mit dem Evangelium Jesu vom Reich Gottes, mit der Botschaft von einem liebenden, barmherzigen Gott, eine kostbare Botschaft. Das ist wie selbstverständlich anerkannt. Aber wodurch weisen sich die Verkündiger/innen als glaubwürdig aus?
Gerade in den westlichen Ländern, mit dem bürgerlichen Wohlstand auch in kirchlichen Kreisen, mit den unseligen Affären der Missbräuche, der Machtausübungen, der Beispiele von Doppel-Moral bei geweihten Kirchenvertretern usw. hat die Kirche für (allzu) viele Menschen die Glaubwürdigkeit verloren. Sie wenden sich zunächst innerlich und immer häufiger auch äußerlich von der Kirchengemeinschaft ab.
Verkündigung in Armut - Hier sollte bedacht werden, dass wirkungsvolle Verkündigung, Erneuerung des Glaubens und kirchliche Reformbewegungen fast immer mit Armutsbewegungen gekoppelt waren. Schon die Verkündigung des Evangeliums durch Jesus war eng verbunden mit seinem eigenen Armsein („Der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlegen kann.“). Die Jünger, die Jesus gerufen und gesandt hat, hatten „alles verlassen“ und „ohne Vorratstasche etc sollten sie hingehen und verkünden: das Reich Gottes ist nahe“. Die Apostel und die gesamte Jesusbewegung nach dem Pfingstfest („Sie teilten und hatten alles gemeinsam.“), der Völkerapostels Paulus lebten in großer Anspruchslosigkeit und waren unterwegs in Armut. Nach der Zeit der Verfolgung, als sich die volkskirchlichen Tendenzen rasch ausbreiteten, waren die Wüstenväter und –mütter die entsprechenden Gegenbewegungen. Bekannt ist die Nachfolge Jesu in engster Verbindung mit der Praxis in Armut bei Franz von Assisi und Chiara von Assisi, bei Dominikus und faktisch bei allen Ordensgründern. Bis in unsere Zeit sind große Glaubenspersönlichkeiten wie hl. Charles de Foucault, Theresa von Kalkutta und viele andere Zeugen für ein Leben der Einfachheit, in Armut und Anspruchslosigkeit – und Zeugen für das Wirken für die Armen und unter den Armen. Dadurch wurden sie zu den glaubwürdigen, überzeugenden Zeugen christlichen Glaubens und segensreich im „Weitergeben des Glaubens“.
Selbstkritisch hinterfragen - Darf mit diesem Blick auf die Erfahrungen in der Geschichte des christliche Glaubens gefragt werden, wie sehr die Glaubwürdigkeit wachsen könnte, wenn z.B. bei kirchlichen Verantwortlichen, bei Bischöfen, Prälaten und anderen honorigen Persönlichkeiten, bei Priestern und Ordenschristen der Lebensstil bewusst einfacher gestaltet wäre? Könnten Treffen kirchlicher Gruppen, von „Würdenträgern“ und Delegierten einfacher, weniger prunkvoll ausfallen und zu weniger Macht- und Prachtentfaltung mutieren?
Wenn mehrere Synodenteilnehmer die „innere Umkehr“ der „Evangelisierer“ angesprochen haben, so wäre wünschenswert, wenn auch zu einer „äußere Umkehr“ und zu einem ehrlichen, selbstkritischen Hinterfragen beim Lebensstil der einzelnen ermutigt wird.
18. Oktober 2012 - Kommentar von Dr. Josef Marketz
Die erste Phase der Bischofssynode im Vatikan ist zu Ende gegangen: Der Berichterstatter, der US-amerikanische Kardinal William Wuerl, stellte den Synodalen am Abend seine Zusammenfassung der Debatte vor, die so genannte ‚Relatio post disceptationem’, die jetzt in Sprachgruppen diskutiert wird. In vier Punkten fasst Wuerl kurz und knapp die wichtigsten Beobachtungen zusammen. An die Punkte schlossen sich jeweils Fragen an, die bei der weiteren Behandlung der Themen helfen sollen. Besondere Überraschungen, die über das Instrumentum laboris hinausgingen, hat die Zusammenfassung der ersten Phase der Beratungen, nicht gebracht. Der Sprecher der deutschen Sprachgruppe ist übrigens der Bischof von Eisenstadt, Ägidius Zsifkovics.
Gestern traten auch die delegierten Präsidenten der Synode vor die Presse, um eine erste, vorsichtige Bilanz zu ziehen. Kardinal Laurent Monsengwo Pasinya, Bischof von Kinshasa betonte die Notwendigkeit, sich erneut den Trägern der Evangelisierung zuzuwenden, von Bischöfen und Priestern bis zu den Familien und den Laien. Ohne eine neue Konzentration auf diejenigen, die die Verantwortung für die Verkündigung übernähmen, würde diese im Sand verlaufen. Aber auch über andere Problemfelder sei bei der Synode gesprochen worden:
„Wie kann man den Gott Jesu Christi einer Welt verkünden, die die Frage nach Gott gar nicht stellt oder falsch stellt? Damit befasst sich unsere Synode, und sie verläuft gut. Der Heilige Vater ist anwesend, die Synodenteilnehmer sprechen sehr offen und berichten von den Situationen in ihren Ländern. Hier ist der Reichtum der Synode: Niemand erzählt das gleiche. Die Synode umfasst all diese verschiedenen Situationen und die ganze Welt in ihrer Verschiedenheit.“
Diesen Reichtum vervollständigten die Vertreter verschiedener orthodoxer Kirchen, aber auch der Weltgemeinschaft der Baptisten und Methodisten mit ihren Beiträgen, wobei auffiel, dass es zum Grundauftrag Christi, das Evangelium zu verkünden, auch bei Schwesterkirchen und anderen christlichen Gemeinschaften keine wesentlichen Unterschiede bezüglich des Kontextes und der Vermittlung dieses Evangeliums gibt.
So könnte man die Worte von Frère Alois, Prior der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé, bei der jedenfalls im wahrsten Sinne des Wortes „katholischen“ Synode als Anregung verstehen, diese als besonderen Ort der ökumenischen Gemeinsamkeit zu begreifen: „Wir in Taizé versuchen mit all unserer Kraft den Tausenden junger Katholiken, Protestanten und Orthodoxen, die aus verschiedenen Ländern zu uns kommen und bei uns leben, zu helfen, Gemeinschaft zu erleben. Die von uns auf verschiedenen Kontinenten geförderte „Wallfahrt des Vertrauens auf der Erde”, hat nur dieses Ziel. Die Spaltung der Christen ist ein Hindernis für die Weitergabe des Glaubens. Für die jungen Menschen von heute wird, irgendwann einmal, die Suche nach Gemeinsamkeit unerlässlich. Wenn wir gemeinsam Christus bekennen, hat das Evangelium in den Augen derer, die Schwierigkeiten mit dem Glauben haben, eine ganz andere Leuchtkraft. Wir in Taizé wollen die jungen Menschen nicht bei uns behalten, wir möchten sie in die Kirche eingliedern. Wenn doch die Ortskirchen, die Pfarreien, die Gemeinschaften, die Gruppen vor allem Orte der Gemeinsamkeit wären! Orte, in denen man den jungen Menschen Vertrauen entgegenbringt, in denen man sich gegenseitig unterstützt, doch auch Orte, in denen man sich mehr den Schwachen widmet, denen, die unsere Ideen nicht teilen ... Die Hoffnung und der Glaube können nur dann entstehen, wenn es eine Erfahrung der Gemeinsamkeit gibt.“
17. Oktober 2012 - Kommentar von Mag. Klaus Einspieler
Die arabische Welt mit ihren Umbrüchen ist zur Zeit in der öffentlichen Wahrnehmung sehr präsent. Der Redebeitrag des Maronitischen Patriarchen von Antiochien und Vorsitzenden des Synods der maronitischen Kirche (Libanon), Béchara Boutros Rai, gibt einen Einblick in die Situation der Christen in diesen Ländern. Direkte Evangelisierung sei dort vielfach nicht möglich, so der Patriarch. Es hätten sich jedoch wirkungsvolle Instrumente entwickelt: in den katholischen Schulen, Universitäten, Krankenhäusern, in Einrichtungen, die zu den Diözesen und den Orden gehören und die sowohl Christen als auch Muslimen zugänglich sind. Die indirekte Evangelisierung wird vor allem mit den sozialen Kommunikationsmitteln betrieben, besonders den katholischen, die die liturgischen Feiern und verschiedene religiöse Programme ausstrahlen. Unter den Muslimen kommt es dabei eher zu heimlichen Konversionen zum Christentum. Der Patriarch hob in diesem Zuge auch die jüngste Pastoralreise des Papstes in den Libanon hervor. Trotz der steigenden Gewalt gegen die Christen erwartet er einen „christlichen Frühling“, „der – dank der Gnade Gottes und dank einer erleuchteten neuen Evangelisierung – zu einem wahren „arabischen Frühling“ der Demokratie, der Freiheit, der Gerechtigkeit, des Friedens und der Verteidigung der Würde eines jeden Menschen gegen alle Formen von Gewalt und Rechtsverletzung führen wird.“
Ricardo Antonio Tobón Restrepo, Erzbischof von Medellín (Kolumbien), strich in seiner Ansprache drei Aspekte der Evangelisierung hervor: Erstens die Erfahrung der Vaterschaft Gottes. Sie gehört zum Kern der Verkündigung Jesu. Daraus ergibt sich zweitens die Erfahrung kirchlicher Gemeinschaft. „Da die neue Evangelisierung eine kirchliche Aufgabe ist, muss sie die Gemeinschaft auf allen Ebenen fördern: die Familie als erste Hauskirche; die kleinen kirchlichen Gemeinschaften als grundlegend wichtige Lebensräume; die Pfarrei als lebendiges Zentrum für Spiritualität und Pastoral, in dem verschiedene Wirklichkeiten eingefügt sind und Sinn erhalten.“ Daraus ergibt sich drittens drittens, die Freude, Gott den anderen nahe zu bringen. „Die Weitergabe des Glaubens ist keine Last, sondern ein Bedürfnis, etwas Gewinnbringendes, es ist das Leben selbst für jene, die oben genannte Erfahrungen machen.“
Während der Diskussion ergriff auch Kardinal Schönborn das Wort. Er bezog sich dabei auf das Evangelium des Tages und folgerte daraus am Ende seiner Stellungnahme: „Der Herr evangelisiert den Ungläubigen. Als André Frossard mehr zufällig in die Kapelle in Paris eintrat, kam er nach zehn Minuten als Christ heraus. Der Herr hat ihn bekehrt: in seiner eucharistischen, sakramentalen Gegenwart. Die Kirche in der Rue d’Ulm war offen. Unsere Kirchen sind oft geschlossen. Christus ist da und wartet mit offenen Armen auf uns – und wir lassen die Menschen nicht zu ihm kommen. Ein praktischer Tipp für die Neuevangelisierung: lasst einfach Eure Kirchen offen!“
16. November 2012 – Bericht und Kommentar von P. Reinhold Ettel SJ
Bischof Franz-Josef Bode, Osnabrück, ermutigt, dass auch bei den großen pastoralen Einheiten die Nähe zum Menschen bleiben muss. Dafür benötigt es aber Personen vor Ort, weil das nicht nur durch Hauptamtliche und Priester geschehen kann. Diese Einheiten brauchen notwendig auch eine große Tiefe, etwa durch kleine christliche Gemeinschaften, Exerzitien im Alltag oder andere Wege des gemeinsamen Glaubenslebens. Dafür ist an eine bunte Breite von Diensten in der Kirche zu denken. Bischof Bode wünscht sich, dass es da für die Verantwortlichen auch Beauftragungen geben müsse. Denn sie übernehmen Verantwortung und prägen das Gesicht der Kirche vor Ort. Diese möglichen Beauftragungen bedeuten keine „Klerikalisierung der Dienste“; sie können sehr schlicht sein und eine Einbindung in die kirchliche Sendung ausdrücken. Das zeigt die Breite der Charismen und nicht nur die Aufteilung in Priester und Laien. Beachtlich ist ein Beitrag von Bischof Felix Gmür aus Basel. Für ihn ist wichtig, dass man auf das Volk Gottes hört. Was sind die wirklichen Anliegen? Wie können auf konkrete Fragen auch konkrete Antworten geben werden? Weiters ist zu beachten, dass viele Pfarren ohne Priester sind und dass man die Laien, die dort tätig werden, mit einem Auftrag ausstattet, einer offiziellen Anerkennung durch die Kirche. Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst aus Limburg sieht als sehr dringlich den Ruf nach einer „Selbstevangelisierung der Kirche“. Wo wir uns den Suchenden zuwenden, etwa in den Katechumenaten, gilt es, auf ihre Lebenswege zu achten und durch die Begegnung auch noch einmal in die Evangelisierung hineinfinden können. Wir haben das Bild eines barmherzigen Gottes, der uns immer wieder einlädt, die Umkehr selbst in unserem eigenen Leben zu suchen und mit anderen den Weg geschwisterlich zu gehen.
Geraldo Lyrio Rocha, Erzbischof von Mariana in Brasilien, wies darauf hin, dass Liturgie und Evangelisierung eng verknüpft seien. Die Erfahrung der Liturgie solle auch eine Erfahrung des Glaubens sein. Die Kirche solle nicht nur die Liturgie lehren, sondern diese auch mit der Kultur des jeweiligen Volkes verbinden.
Ähnlich äußerte sich Ignatius Suharyo Hardjoatmodjo, Erzbischof von Jakarta. Er stellte fest, dass zum Teil auch eine Anpassung an Dialekte und Übersetzungen vor Ort nötig sei.
Der Schweizer Kardinal Kurt Koch, Leiter der Päpstlichen Einheitsrates, sagte, es wäre eine positive Geste, wenn die Synode die anderen kirchlichen Gemeinschaften dazu einladen würde, die Neuevangelisierung zu einer gemeinsamen Aufgabe zu machen.
Bemerkenswert ist eine Aussage von Frère Alois aus Taize am Rande der Bischofssynode. Er meint, bei den Jugendlichen gehe die Verkündigung über die Erfahrung der Gemeinschaft, Kirche als Gemeinschaft erleben; dann weckt das eine Neugierde für den Glauben – und das kann ökumenisch sein. Taufe und Wort Gottes habe man schon gemeinsam, die Gemeinschaft der Konfessionen sei schon real, wenn auch noch nicht vollständig erreicht. Deswegen sei das Gemeinsame des Christlichen der Ausgangspunkt für die Glaubensweitergabe.
Kurienerzbischof Zygmunt Zimowski, sagte in seinem Vortrag, das Krankenhaus sei ein bevorzugter Ort der Neuevangelisierung. Auch Themen wie Biotechnologie und Sterbehilfe seien im weiteren Sinne Anknüpfungspunkte und Herausforderung für die Neuevangelisierung. Bischof Ägidius Johann Zsifkovics aus Eisenstadt erinnerte an das Denken von Teilhard de Chardin, das ihm heute aktueller scheine denn je, vor allem angesichts der Trennung von Glauben und Leben in der modernen Gesellschaft.
Beobachter der Bischofssynode stellen fest, dass die Beiträge ausgesprochen existentiell und pastoral gestimmt sind. Dennoch wären auch theologische Reflexionen über das Wirken Gottes in der gegenwärtigen Welt, über Gottes Gegenwart und Erfahrbarkeit im Leben einer heutigen Gesellschaft gefragt, um nicht zu leicht im Bedauern über den Glaubensverlust sich zu verstricken.
15. November 2012 – Kommentar von Reinhold Ettel SJ
Am Sonntag, 14. November, war ein synodenfreier Tag. Heute ist bereits der 7. Tag der Bischofssynode. In Anwesenheit des Papstes kamen heute mehr als 35 Bischöfe aus aller Welt zu Wort und gaben ihre Voten ab; jeder hat eine Redezeit von 5 Minuten. Die Themen, über die von den einzelnen Synodenbischöfen gesprochen wird, sind breit gestreut. Es zeigt den großen Reichtum der weltweiten Kirche.
Erzbischof Robert Zollitsch, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, sprach über die Umbrüche, die seit den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts stattfanden. Es handele sich um „einen tiefen Umgestaltungsprozess fundamentaler Lebenserfahrungen“. Der Einzelne übernimmt nicht mehr einfach religiöse Traditionen, sondern ist herausgefordert, sich persönlich zu entscheiden. Damit wies Erzbischof Zollitsch auf die Bedeutung des Einzelnen und seines oder ihres Suchens hin. „Neuevangelisierung heißt deshalb: Den Menschen helfen, diese Wasseradern des Glaubens frei zu legen!“ Bei dieser gemeinsamen Suche gehe es zuerst darum, durch unser eigenes Verhalten die Menschen die selbstlose Liebe Gottes für den Einzelnen erfahren zu lassen.
Ein Bischof zitierte frei den hl. Franziskus: „Einen Menschen zu evangelisieren, heißt, ihm zu zeigen, dass er von Gott geliebt ist.“ Und zwar nicht erst, wenn er zum Glauben gekommen ist oder ihn wieder entdeckt hat sondern unbedingt: weil er ein Mensch ist.
Wer die Menschen so sieht, betrachtet sie nicht als Objekte der Glaubensvermittlung, sondern als Partner in der Entdeckung des Glaubens. Davon sind allerdings viele Materialien und Vorstellungen zur Katechese und Neuevangelisierung weit entfernt. Ob die Synode insgesamt diesen Blick schärft?
Kritische Stimmen kamen zur Priesterausbildung. Bischof William Slattery von Pretoria hält diese, die üblichen Ausbildungsformen als eine nicht mehr angemessene Weise. Die quasi-monastische und gut versorgte Lebensweise erziehe keine „Männer für das Heute.“
Ähnlich äußerte sich der französische Bischof Dominique Rey: Die Evangelisierung müsse bei den „Evangelisatoren“ anfangen; es brauche eine „Bekehrung der Pastoren und Hirten der Kirche.“
Der Erfolg einer Neuevangelisierung hänge maßgeblich von der Kompetenz und der Glaubwürdigkeit der Evangelisierenden ab, lautete eine wiederholte Feststellung in den Synodenberatungen. Trotz mancher Schwierigkeiten im kirchlichen Leben und trotz Priestermangels dürften die Anforderungen an die Priester und ihre Ausbildung nicht heruntergeschraubt werden, sagte Kurienkardinal Mauro Piacenza von der Kleruskongregation.
Da ist zu hoffen, dass sowohl für die Auswahl der Priesteramtskandidaten als auch in der Ausbildung für den pastoralen Dienst und die Arbeit in den Gemeinden lebensnahe und anforderungsgemäße Kriterien erstellt werden.
Mehrere Synodenbischöfe unterstrichen die besondere Rolle der Pfarren bei der Neuevangelisierung. So sieht der ukrainisch-katholische Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk in den Pfarrgemeinden einen zentralen Ort für christliche Erziehung und Glaubensbildung. Insbesondere Bischöfe aus der Dritten Welt nannten kleine Gemeinschaften innerhalb der Pfarrgemeinde, von denen wertvolle Impulse für die Neubelegung des katholischen Lebens ausgehen können.
13. November 2012 – Kommentar von P. Bernd Hagenkord SJ (Radio Vatikan)
Der Verantwortliche für die Deutsche Abteilung bei Radio Vatikan, P. Pater Bernd Hagenkord SJ, fasst nach einer Woche einige Beobachtung bei der Bischofssynode zu den Anliegen der Evangelisierung wie folgt zusammen:
„Liegt der Beginn einer erfolgreichen und guten erneuerten Verkündigung nun in den Verkündigern selber oder in der Struktur der Kirche und ihrer Methode bzw. in der Art und Weise der Verkündigung? In Kürze formuliert: Innen oder Außen? Nach den Gewichtungen in dieser Frage lassen sich viele Beiträge den bisherigen Versammlungen der Bischofssynode ordnen.
Die ad-intra-Schule spricht von Umkehr, von Bekenntnis der eigenen Fehler und Schwächen, aber auch vom Finden der eigenen Berufung aller Christen. Nur in der persönlichen Begegnung mit Christus und in der Treue zu seiner Lehre finde man die Authentizität und die Energie zur erneuerten Verkündigung.
Die ad-extra-Schule spricht von Kommunikation und deren Änderung, vom Umbruch sozialer und ökonomischer Strukturen etc. Sie betont unter anderem die Wichtigkeit der katholischen Soziallehre, der Bildung, der Familien als Orte der Evangelisierung, die Ausbildung von Katecheten.
Selten sind Beiträge, die beide Seiten verbinden, den wichtigsten hat der Papst selber geliefert, als er am Donnerstagabend von der Sünde in der Kirche sprach, die zu struktureller Sünde werden könne: Bürstet man die Ansprache des Papstes etwas gegen den Strich, dann macht sie deutlich, dass innen und außen letztlich nicht zu trennen sind, auch wenn man sie systematisch getrennt behandeln muss.
Eine weitere Beobachtung bezieht sich auf die Orte der Neuevangelisierung: Pfarrei, Bewegung oder kleine Gemeinschaft: Auf ein Element dieser Trias beziehen sich die meisten Beiträge, die nach dem Subjekt der Verkündigung suchen. Ist die Pfarrei – klassisch oder gewandelt – der Ort, bringen die neuen geistlichen Gemeinschaften die Energie oder liegen die Kerne in den kleinen Gemeinschaften innerhalb der Pfarreistruktur? Die Hintergründe liegen in den jeweiligen Erfahrungen der Konzilsväter, was nicht überraschend ist.
Dazu ist die Familie als Ort der Verkündigung zu nennen, immer wieder wird angesprochen oder angefragt, wie Eltern geholfen werden kann, den Schwung zu bekommen oder zu erhalten, den Glauben weiter zu geben.“
11. Oktober 2012 - Beobachtungen von Dr. Michael Kapeller
Dieser Tag war von zwei großen Jubiläen und vom Beginn des Jahres des Glaubens geprägt. Vor genau 50 Jahren wurde im Petersdom das 2. Vatikanische Konzil eröffnet und vor 20 Jahren der Katechismus der Katholischen Kirche veröffentlicht.
Bei der Eucharistiefeier am Petersplatz war die Konzilseröffnung auch zeichenhaft präsent: Durch den Einzug der zur Synode anwesenden Bischöfe, durch eine Kopie des Evangeliars, das vor 50 Jahren verwendet wurde und durch die Übergabe der sieben Schlussbotschaften des Konzils vor dem Schlusssegen.
In seiner Predigt wies der Papst darauf hin, dass der Glaube beim Konzil zwar nicht unmittelbar Thema war, doch, wie Paul VI. zwei Jahre später hervorhob, die Konzilsdokumente auf jeder Seite von ihm sprechen. Deshalb mahnte der Papst auch ein, zum Buchstaben des Konzils zurückzukehren, um sich von diesen Texten stärken zu lassen und Extreme zu vermeiden.
Im zweiten Teil seiner Predigt kam der Papst auf die gegenwärtige Zeit zu sprechen und ortete dabei eine zunehmende Verwüstung und Leere. Doch blieb der Papst nicht bei diesem negativen Befund stehen und schlug auch nicht gleich Wege vor, wie dieser Zustand zu überwinden sei. Vielmehr bot er eine Deutung dieser Leere an, die an die Erfahrung der spanischen Mystik erinnert. Denn Theresa von Avila und Johannes von Kreuz erkannten gerade in der Erfahrung der Leere und der Nacht das Einfallstor Gottes. So meinte der Papst: "Doch gerade von der Erfahrung der Wüste her, von dieser Leere her können wir erneut die Freude entdecken, die im Glauben liegt, seine lebensnotwendige Bedeutung für uns Menschen. In der Wüste entdeckt man wieder den Wert dessen, was zum Leben wesentlich ist; so gibt es in der heutigen Welt unzählige, oft implizit oder negativ ausgedrückte Zeichen des Durstes nach Gott, nach dem letzten Sinn des Lebens." Demgemäß lud der Papst dazu ein, in der Leere und Wüste auch die Chance zu sehen und die Hoffnung wach zu halten. Darin liege der Auftrag der Kirche und der Schwerpunkt einer neuen Evangelisierung: Menschen, die im Glauben verankert sind, sollen Menschen, die unter der Leere leiden und sich nach Gott sehnen helfen, den darin verborgenen Gott zu entdecken.
Die ökumenische Dimension des 2. Vatikanischen Konzils zeigte sich bei dieser Eucharistiefeier unter anderem durch die Anwesenheit des Erzbischofs von Canterbury, Rowan Williams, und des Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomäus I. Patriarch Bartholomäus hielt vorm Schlusssegen sogar eine Ansprache, in der er die Bedeutung des Konzils für den ökumenischen Dialog aber auch für den innerorthodoxen Dialog hervorhob. Abschließend betonte er mit folgenden Worten die gemeinsame Verantwortung für die Armen, Unterdrückten und für den Frieden: "Möge die Liebe und der Wunsch nach Harmonie, die wir hier ausdrücken, zusammen mit dem im Dialog und im gegenseitigen Respekt gesuchten Verstehen, ein Beispiel für eine von Gewalt, Trennung und Teilungen unter den Völkern und Nationen gezeichneten Welt sein."
10. Oktober 2012 - Beobachtungen von Dr. Josef Marketz
Mit den Berichten aus den Kontinenten wurde gestern in der Synodenaula in Gegenwart des Heiligen Vaters die zweite Generalkongregation begonnen. Wie verschieden von den bisherigen Beiträgen der europäischen Teilnehmer, die sowohl die gesellschaftliche als auch die kirchliche bzw. Glaubenssituation der europäischen Christen überaus pessimistisch beschrieben, klingen die Worte der Bischöfe aus Ozeanien und Asien:
Für Ozeanien - er sprach von den „Inseln der Menschlichkeit“ – referierte der Präsident der Bischofskonferenz John Atcherley Dew, Erzbischof von Wellington/Neuseeland: „In NEUSEELAND können wir beobachten, dass das saeculum, „in dem Gläubige und Nichtgläubige zusammen leben, etwas darstellt, was ihnen gemeinsam ist: das Menschliche. Der ‚Vorhof der Völker’ ist ein bevorzugter Ort der Evangelisierung. … Weiters konnten wir beobachten, wie das katholische Leben durch die migrationsbedingte wachsende ethnische Verschiedenheit neue Vitalität erlangt hat. Die zahlenmäßig größten Bevölkerungsgruppen stammen von den Pazifischen Inseln und den Philippinen - hier finden wir auch einen kleinen, aber nicht unbedeutenden Anteil von Katholiken - aus dem Nahen Osten, Indien, Korea, China und dem Sudan. Es sind Menschen, die ihren katholischen Glauben und ihre Spiritualität ebenso mit einbringen wie die von ihnen gemachten Erfahrungen von Krieg, Armut und Vertreibung, die ihren Glauben geformt haben.“
Eine Anregung für unsere europäische Gesellschaft, in den Migranten nicht nur Wirtschaftsflüchtlinge zu sehen, die an unserem Wohlstand mitnaschen wollen, sondern Christen, die tiefe Spiritualität und leidgeprüfte Glaubenserfahrungen mitbringen, bereit, sie mit uns zu teilen, wenn wir sie danach fragen!
Für Asien sprach Kardinal Oswald Gracias, Erzbischof von Mumbai/Indien, Generalsekretär der Vereinigung der asiatischen Bischofskonferenzen.
„Asien ist ein Kontinent, der gerade die Hoffnungen und Freuden einer beständigen Neugeburt im Geiste erlebt. Es ist auch die Wiege vieler Religionen der Welt. Kann das daran liegen, dass die asiatische Seele, die unablässig das Absolute sucht, tief in der Spiritualität verwurzelt ist?
Ein alles umfassender Megatrend, der in Asien jeden einzelnen Aspekt des Lebens beeinflusst, ist die Globalisierung. Diese ist ein fortschreitender, unerbittlicher, komplexer und ambivalenter Prozess, der jeden Bereich unseres Lebens und unseres Tuns umfasst. Nachdem sie zunächst als wirtschaftlicher Prozess begonnen hatte, der mitunter zum Nachteil der ärmeren Länder zum freien Wettbewerb geführt hatte, ist sie mittlerweile zu einem kulturellen Phänomen geworden. Sie beeinflusst wichtige Werte der asiatischen Kultur, indem sie Materialismus, Individualismus, Konsumismus und Relativismus mit sich bringt. Vor allem die Jugend ist ihren Auswirkungen gegenüber sehr anfällig.
Die Kirchen in Asien haben für die drei wichtigsten Herausforderungen, die uns erwarten, drei zentrale Stoßrichtungen identifiziert. Wir müssen mit den Kulturen, wir müssen mit den Armen und wir müssen mit den Religionen ins Gespräch kommen: wir müssen untersuchen, was der Auftrag des Evangeliums für uns im Hinblick auf diese drei zentralen Wirklichkeiten bedeutet.
Religion ist für uns eher die Jüngerschaft eines Menschen als der Beitritt zu einer Lehre oder der Gehorsam einer Reihe von Regeln gegenüber. Die Gestalt Jesu ist zutiefst anziehend: Seine Botschaft und Sein Leben, Sein Leiden, Tod und Seine Auferstehung. Die Zuwendung zu einer Lehre ist die Frucht der Jüngerschaft bei einem Meister. So haben die ersten Christen die Frohe Botschaft verkündet.
Im Übrigen findet die asiatische Mentalität mehr Bedeutung im kontemplativen Gebet als in diskursiven Meditationen. Dies sind Reichtümer, auf die wir bauen und die wir mit der Welt teilen können. Unsere Liturgien spielen eine zentrale Rolle in unserem christlichen Glauben, aber wenn wenigstens in außerliturgischen Gottesdiensten die Kontemplation in den Brennpunkt rücken kann, dann kann dies unserem Volk tiefe Befriedigung verschaffen, da es die Gegenwart Gottes verspürt und von ihm gestärkt wird.
Vor uns liegen ungeheure Herausforderungen. Aber es gibt viele Möglichkeiten. Das junge Asien ist mit einem Kommunikationsboom gesegnet, wie es ihn noch nie gegeben hat. Dies darf nicht als eine Bedrohung angesehen werden, sondern als ein großes Geschenk Gottes, das dazu genutzt werden soll, um die Frohe Botschaft zu verkündigen. Wir sind dazu aufgerufen, unsere Jugend besonders im Gebrauch der neuen Medien auszubilden und Nutzen aus diesen neuen Medien zu ziehen.“
Den Vertreter AfrikasKardinal Polycarp Pengo, Erzbischof von Dar-es-Salaam,, hat P. Ettel schon gestern zitiert.
Für Amerika sprach Carlos Aguiar Retes, Erzbischof von Tlalnepantla, Präsident der Bischofskonferenz, Präsident des Rates der Lateinamerikanischen Bischofskonferenzen (C.E.L.A.M.). Auch sein Beitrag liest sich sehr positiv, irritierend ist allerdings, dass er großteils aus vatikanischen Dokumenten zitiert, aus denen er die Leitlinien für kirchliches Handeln in Amerika herausliest. Dass es auch umgekehrt für die Kirche vorteilhaft und ermutigend sein kann, beweisen obige Zitate aus Asien und Ozeanien.
9. Oktober 2012 - Beobachtungen von P. Dr. Reinhold Ettel SJ
Zahlreiche Stellungnahmen in den ersten Synodentagen. Vorwiegend wird auf die Mängel in den christlichen Glaubenspraktiken hingewiesen. Die Kardinäle und Bischöfe stellen mit vielen Hinweisen fest, wie die Glaubenspraxis abnimmt. Der Zeitgeist, die Massenmedien, die Globalisierung und viele andere Entwicklungen außerhalb und innerhalb der Kirche wirken dabei mit.
Kardinal Polycarp Pengo (Erzbischof von Dar-es-Salaam, Vorsitzende des Afrikanischen Bischofsrates SECAM) sprach am Montagnachmittag über die Lage der Kirche in Afrika.
Die Afrikaner hätten mittlerweile nicht nur die Missionierung ihres Kontinents selbst übernommen. Sie seien auch als Missionare in den westlichen Ländern tätig. Diese Entwicklung berge jedoch die Gefahr in sich, dass Afrika an die reichen Kirchen des Westens seine besten Missionare verliere. Für den Westen wiederum bestehe das Risiko, dass Priester in erster Linie aus materiellen Motiven kämen. Kardinal Pengo sprach sich für die Begrenzung der Abwanderung afrikanischer Priester in westliche Länder aus.
Der Kardinal beklagte eine Aushöhlung traditioneller Werte im Zuge der Globalisierung. Der rasche Import "unverarbeiteter fremder Werte" mache es den afrikanischen Christen schwer, echte Afrikaner zu sein, sagte er. Insbesondere der Respekt vor dem Leben und die engen familiären Bindungen verlören an Bedeutung.
Kardinal Peter Erdö (Erzbischof von Budapest, Vorsitzender des Europäischen Bischofsrates – CCEE) gab zu Beginn der Synode einen Überblick über die gegenwärtige Lage der Kirche und des Glaubens in Europa.
Er machte auf die „besorgniserregenden Anzeichen für eine systematische Christenfeindlichkeit“ aufmerksam. Es werden Fälle von Gewalt und Diskriminierung gegen ChristInnen registriert. Der christliche Glaube und die katholische Kirche werden in den Massenmedien verzerrt dargestellt.
Kardinal Erdö wies auf die Großstadtmissionen hin, die im vergangenen Jahr in zwölf europäischen Großstädten angelaufen sind. Diese Initiativen hätten „bleibende Resultate“ erzielt. Sie sind nicht nur zahlreiche Kontakte zu Nichtglaubenden entstanden. Die Gemeinden haben dabei ihre Berufung zur Mission wieder entdeckt.
Als ein positives Zeichen wertete Kardinal Erdö das verstärkte ehrenamtliche Engagement in den Gemeinden.
Der polnische Kardinal Stanislaw Rylko (Präsident des vatikanischen Laienrates) meinte, bei der Neuevangelisierung sollte stärker auf die neuen geistlichen Gemeinschaften und Bewegungen geachtet werden. Diese Gruppen mit ihrer missionarischen Dynamik seien ein „wahres Geschenk Gottes“. Die „Movimenti“ bekämen jedoch innerhalb der Kirche nicht die gebotene Wertschätzung und Anerkennung. Bei den Bischöfen und Priestern sei eine „echte pastorale Umkehr“ notwendig, diese Bewegungen als kostbares Geschenk und nicht als Problem zu betrachten und sie stärker in die Pastoralarbeit zu integrieren.
Kardinal Erdö nannte die Geistlichen Bewegungen ebenfalls „einen wahren Segen für die Kirche“. Sie müssten jedoch der „postmodernen Versuchung“ widerstehen, sich mit eigenen Gefühlen und Wahrnehmungen zufrieden zu geben.
8. Oktober 2012 - Kommentar von P. Dr. Reinhold Ettel SJ
Die katholische Kirche müsse sich mit einer "neuen Evangelisierung" vor allem an Menschen richten, "die zwar getauft sind, sich aber von der Kirche entfernt haben und in ihrem Leben keine Beziehung zur christlichen Praxis haben", sagte der Papst während der Eröffnungsmesse des Bischofstreffens. Besonders in den traditionell christlich geprägten Ländern besteht eine deutliche Krise des Glaubens. Um sie zu überwinden, müssten größere Anstrengungen unternommen werden, so Benedikt XVI. Die Verkündigung der christlichen Botschaft sei der Daseinszweck der Kirche. Auch in der heutigen Zeit habe der Heilige Geist in der Kirche einen "neue Elan". Das Zweite Vatikanische Konzil, an dessen Beginn vor 50 Jahren am 11. Oktober gedacht wird, brachte wegweisende Impulse.
Christen müssten die "Schönheit des Evangeliums" zeigen. Es gelte, die "lauen" Gläubigen einzuladen, in der Freude von Glaube, Hoffnung und Liebe zu leben. Dies erfordere ein beispielhaftes Leben, das für die "Fantasie des Heiligen Geistes" offen sei. Die Heiligkeit kenne keine kulturellen, gesellschaftlichen, politischen oder religiösen Schranken, so der Papst. Ihre Sprache sei die der Liebe und Wahrheit. Alle Christen könnten in diesem Sinne Heilige seien.
Zugleich beklagte Benedikt XVI. eine "tiefe Krise" der Ehe. Es gebe eine "offenkundige Entsprechung" zwischen der Krise des Glaubens und der Krise der Ehe, so der Papst. Als eine Verbindung "treuer und unauflöslicher Liebe" gründe die Ehe auf der Gnade Gottes. "Im Kontrast zu der schmerzlichen Wirklichkeit so vieler Ehen, die leider schlecht ausgehen", zeige sich, wie notwendig ein christliches Fundament für ihr Gelingen sei.