In seinem Namen versammelt sein
Wann beginnt eigentlich die Feier der Eucharistie? von Mag. Klaus Einspieler

In unseren Breiten gibt es diesbezüglich wenig Zweifel: ein Ministrant zieht an der Glocke beim Durchgang von der Sakristei in den Altarraum, die Gläubigen erheben sich, Gesang ertönt und der Priester zieht mit jenen, die einen Dienst versehen, ein.
Christus in unserer Mitte
Im Messbuch steht jedoch etwas anderes an erster Stelle. Die Anweisungen zur Feier der Gemeindemesse beginnen mit den Worten „Die Gemeinde versammelt sich.“ Damit wird eine neue Perspektive eröffnet. Die Kirche, im Griechischen "ekklesia", wird von jenen gebildet, die aus allen Völkern gerufen sind, zum Volk Gottes zu werden. Das Zusammenkommen, sich versammeln, ist also ein wesentlicher Zug kirchlichen Lebens. Christ ist man immer in Gemeinschaft mit anderen, nie für sich allein. Daran erinnert auch das Wort Jesu
„Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“ (Mt 18,20).
Kirchgang
Somit ist der sonntägliche Kirchgang bei genauerer Betrachtung mehr als die Wegstrecke zur Kirche. Lassen wir einen typischen Sonntagmorgen an unserem geistigen Auge vorüberziehen.
In vielen Pfarren läuten bereits eine Stunde vor Messbeginn die Glocken. Sie laden die Gläubigen ein, sich zu versammeln. Für manche Menschen ist dies das Signal, endlich aufzustehen. Andere sind schon länger wach. Sie schicken sich an, ihre Erledigungen zu beenden und sich für den Gottesdienst anzukleiden. Im Französischen heißt sich besonders schön anzuziehen s’endimancher. Darin steckt das Wort dimanche, der Sonntag. Sich sonntäglich zu kleiden gehört also offensichtlich zum Kirchgang dazu. Die Kleidung bringt nämlich die Wertschätzung gegenüber der Gemeinde und dem Geschehen in der Kirche zum Ausdruck. Dann beginnt der Weg zur Kirche. Als noch mehr Menschen zu Fuß gegangen sind, konnten sich kleine Gruppen bilden. Es ergaben sich erste Gespräche. Man traf auf Menschen, die man die Woche hindurch nicht gesehen hat, darunter auch manche, die man eigentlich auch nicht sehen wollte. Auch dies gehört zur christlichen Versammlung. Sie bietet Gelegenheit zur Aussprache und wenn nötig auch zur Versöhnung. Schließlich kommen die ersten Gläubigen in der Kirche an. Mit der Schwelle der Kirche betreten sie einen heiligen Ort. Sie richten sich das erste Mal auf Christus aus, indem sie vor dem Tabernakel niederknien. Manche genießen die Ruhe der Morgenstunde und nehmen in ihren Gedanken die vergangene Woche mit in die Feier. Gelegentlich wird gemeinsam gebetet. Alles nur Nebensächlichkeiten wie bei einem Konzertbesuch? Oder nicht doch auch ein geistlicher Weg, an dem uns Christus bereits an der Hand nimmt?
Wann beginnt also die sonntägliche Messfeier? Formal ist das Zeichen der Sakristeiglocke sicher ein wichtiger Eckpunkt. Dennoch sollten wir dabei das Vorfeld nicht übersehen. Wie ich mich auf den Weg mache, um mit anderen Gott im Wort und im Sakrament zu begegnen, meine Kleidung, der Kirchgang, die Zeit, die ich mir dafür gönne, sind ein wesentlicher Ausdruck unserer Bereitschaft, voll, bewusst und tätig an der Eucharistie teilzunehmen.
(Die Feier der Eucharistie - Serie in der Kärntner Kirchenzeitung "Der Sonntag")