Hinweise für Bibel-Einsteiger

Ein Gespräch mit Ingrid Penner vom Bibelwerk Linz über die Faszination der Bibel

Vor achtzehn Jahren hat Ingrid Penner die Bibel für sich als Lebens-Buch entdeckt. Seitdem kommt sie nicht mehr von ihr los. Im Jahr 2003 konnte sie aus ihrer Berufung einen Beruf machen. Seitdem vermittelt sie ihre Zugänge in Kursen und Workshops Menschen, die dieses "Buch der Bücher" neu oder vertieft kennenlernen möchten.

Mit dem Markusevangelium in das Bibellesen einsteigen. (© Foto: Michael Kapeller)
Mit dem Markusevangelium in das Bibellesen einsteigen. (© Foto: Michael Kapeller)

Zur Person:
Ingrid Penner arbeitet seit 2003 im Bibelwerk Linz. Sie ist Erwachsenenbildnerin im Fachbereich Bibelarbeit, Bibliodramaleiterin und hat eine Ausbildung im sakralen Tanz absolviert.

Das Gespräch mit Ingrid Penner führte Michael Kapeller.

Was fasziniert Sie an der Bibel?
Für mich trifft die Bibel den Lebensnerv. Sie bietet uns so viele unterschiedliche Geschichten, dass sich alle Menschen darin wieder finden können. Sie ist auch kein Buch nur mit Heiligengeschichten, sondern steckt voller überraschender Aspekte und Wendungen.

Auf den ersten Blick ist die Bibel doch sehr fremd – immerhin wurde sie bereits vor 2000 bis 2800 Jahren geschrieben.
Es ändert sich zwar die Geschichte und auch die Welt, doch nicht der Mensch. Die Bibel vermittelt uns Urerfahrungen, die auch für uns heute aktuell sind. Ich denke hier zum Beispiel an das "Gleichnis vom verlorenen Sohn“ oder besser vom „Barmherzigen Vater“ in Lk 15,11-32. Hier erzählt uns Jesus von einem jungen Mann, der in die Welt hinauszieht, alles hinter sich lässt und das Leben in vollen Zügen genießen möchte. Nur erfährt er sehr schnell, dass das Leben nicht nur Spaß und Genuss ist und sehnt sich zurück zu seinem Vater. Das Schöne dieses Gleichnisses ist, dass der Vater dem verlorenen Sohn bei seiner Rückkehr nicht eine Standpauke hält sondern ihn ohne Wenn und Aber in die Arme schließt.

Welcher Text eignet sich noch für einen Einsteiger?
Hier würde ich im Neuen Testament das Markusevangelium empfehlen und zwar deshalb, weil es relativ kurz ist, das älteste der Evangelien und einen ursprünglichen Zugang zu Jesus und seiner Botschaft ermöglicht. Im Alten Testament scheint mir für Einsteiger das Buch Ruth gut geeignet zu sein. Auch dieses Buch ist relativ kurz und gut verständlich, auch wenn man in der „Welt der Bibel“ noch nicht so bewandert ist. Eine gute Möglichkeit ist es auch, sich einer Gruppe anzuschließen und die Bibel gemeinsam zu lesen. Im gemeinsamen Hören auf den Text und im Austausch wird die Vielschichtigkeit der Texte noch stärker erfahrbar. Wichtig ist es aber, diese Gruppe gut und sorgsam auszuwählen. Ein wichtiges Kriterium ist für mich dabei, dass hier keine rein wörtliche Bibelauslegung betrieben wird, denn diese führt rasch in den Fundamentalismus.

In der Bibel kommt auch viel an Gewalt vor.
Bei diesen – zugegebener Maßen – schwierigen Stellen benötige ich Hintergrundwissen und Hilfe, um sie recht zu verstehen. Zuerst muss ich mich einmal mit den Verhältnissen der Zeit der Bibel vertraut machen und dann die einzelnen Stellen auslegen und zwar auf dem Hintergrund, was sich hier historisch fassen lässt und was diese Stelle uns über den Menschen und über Gott sagen möchte. Für mich sind aber auch diese schwierigen Stellen wichtig und ich finde es gut, dass sie in die Bibel Eingang gefunden haben. Denn das menschliche Leben hat viele unterschiedliche Dimensionen und eine davon ist die Gewalt. Die Bibel fordert uns dazu auf, nicht die Augen davor zu verschließen, sondern uns mit der Gewalt um uns und mit der Gewalt in uns auseinanderzusetzen.

Wie lautet Ihr liebster Bibelvers?
Hier begleitet mich schon seit längerer Zeit ein Wort Jesu … „ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.“ (Joh 10,10)