Die Vielfalt der liturgischen Dienste

von Mag. Klaus Einspieler

So unterschiedlich diese Muscheln sind, so vielfältig sind die liturgischen Dienste (© Foto: morguefile-luisrock62)
So unterschiedlich diese Muscheln sind, so vielfältig sind die liturgischen Dienste (© Foto: morguefile-luisrock62)

Die volle, bewusste und tätige Teilnahme

„Alle Gläubigen möchten zu der vollen, bewussten und tätigen Teilnahme an den liturgischen Feiern geführt werden, wie sie das Wesen der Liturgie selbst verlangt und zu der das christliche Volk, „das auserwählte Geschlecht, das königliche Priestertum, der heilige Stamm, das Eigentumsvolk“ (1 Petr 2,9; vgl. 2,4-5) "kraft der Taufe berechtigt und verpflichtet ist“ (SC 14).

Die Vielfalt der liturgischen Dienste sichtbar machen

Die volle, bewusste und tätige Teilnahme der Gemeinde kommt zum Beispiel zum Ausdruck, wenn in der liturgischen Feier neben dem Priester auch andere liturgische Dienste ihre Aufgabe versehen. Dadurch wird sichtbar, dass die Kirche von vielen Menschen getragen wird und zwar so, dass darin eine innere Ordnung erkennbar wird. Daher gilt der Grundsatz:

„Bei der liturgischen Feier soll jeder, sei er Liturge oder Gläubiger, in der Ausübung seiner Aufgabe nur das und all das tun, was ihm aus der Natur der Sache und gemäß den liturgischen Regeln zukommt“ (SC 28).

Es kann also nicht jeder alles tun. Es ist zum Beispiel die Aufgabe des Priesters als Vorsteher der Gemeinde, das Tagesgebet zu sprechen. Dabei kann ihn niemand vertreten. Ebenso aber ist es die Aufgabe des Lektors, die Lesung vorzutragen. Er übt diese Aufgabe auch dann aus, wenn in der Feier mehrere Priester anwesend sind. Nur wenn es keinen Lektor gibt, also im Notfall, trägt der Priester selbst die Lesung vor.
Wer in der Liturgie einen Dienst ausübt, ist also an dieser Stelle Träger der liturgischen Handlung. Diese hohe Würde muss naturgemäß eine entsprechende Haltung nach sich ziehen:

„Auch Ministranten, Lektoren, Kommentatoren und die Mitglieder der Kirchenchöre vollziehen einen wahrhaft liturgischen Dienst. Deswegen sollen sie ihre Aufgabe in aufrichtiger Frömmigkeit und in einer Ordnung erfüllen, wie sie einem solchen Dienst ziemt und wie sie das Volk Gottes mit Recht von ihnen verlangt“ (SC 29).

Die Gemeinde im Gottesdienst

Die vielen liturgischen Dienste sind letztlich Ausdruck der vollen, bewussten und tätigen Teilnahme der Gemeinde selbst. Dabei geht es nicht um vordergründige Betriebsamkeit, sondern um die innerliche und äußerliche Beteiligung am Gottesdienst:

„Um die tätige Teilnahme zu fördern, soll man den Akklamationen des Volkes, den Antworten, dem Psalmengesang, den Antiphonen, den Liedern sowie den Handlungen und Gesten und den Körperhaltungen Sorge zuwenden. Auch das heilige Schweigen soll zu seiner Zeit eingehalten werden“ (SC 30).

Dass man unter tätiger Teilnahme das Mitbeten und Mitsingen versteht, ist vermutlich allgemein klar. Zudem aber sind auch die Körperhaltungen (sitzen, stehen, knien) und Gesten (Verneigung, Kniebeuge, Kreuzzeichen etc.) Ausdruck tätiger Teilnahme. Weil der Mensch Leib und Seele ist, bedarf es der äußeren, sichtbaren Zeichen, die freilich leere Hülsen sind, wenn sie nicht mit einer inneren Haltung einher gehen. Das bewusste Schweigen ist eine hohe Kunst und bringt mitunter eine tiefe Frömmigkeit und Teilhabe an dem zum Ausdruck, was letztlich nicht in Worte zu fassen ist.
Eines der wesentlichen Ziele liturgischer Bildung ist also, die Menschen zur aktiven und tätigen Teilnahme am Gottesdienst hinzuführen.


Grundlegende Fragen zur aktiven und tätigen Teilnahme der Gemeinde:

  • Beteiligen sich die Menschen in Ihrer Pfarre hörbar und geordnet an den Gebeten und Antworten?
  • Entsprechen die Körperhaltungen (sitzen, stehen, knien) den liturgischen Regeln und damit dem Wesen der gottesdienstlichen Handlungen?
  • Welchen Platz hat das heilige Schweigen im Gottesdienst Ihrer Pfarre?
  • Wie wird den Menschen die Bedeutung der liturgischen Handlungen, Gebete und Gesten erschlossen? Werden die Gaben (Hostie und Wein) wenigstens gelegentlich von den Gläubigen    zum Altar gebracht?
  • Was kann getan werden, um die volle, bewusste und tätige Teilnahme der Gemeinde am Gottesdienst zu fördern?