Christlich geprägte Bestattungskultur
Die Art der Bestattung: Trends unserer Zeit
von Pfarrer Johannes Staudacher


Es ist tief menschlich, die Verstorbenen nicht zu vergessen. Und tief menschlich ist das Bedürfnis, manchmal an ihrem Grab zu stehen. Ein Zeichen der Liebe zu setzen, das Grab zu schmücken. Weihwasser auf das Grab – eine Art Berührung: es möge etwas Leben Spendendes hineinfallen in das Reich des Todes, den Verstorbenen erreichen. Wir nehmen den Tod nicht als endgültig an und setzen ein Zeichen der Hoffnung... All das ist Teil einer Bestattungskultur, die auch Trends unterworfen wird – und Änderungen dieser Kultur sollten wir sorgfältig überlegen.
Einäscherung wird häufiger, Beerdigung seltener
Die Gründe dafür sind vielfältig. Wirtschaftliche Gründe, die Frage nach der aufwändigen Grabpflege. Meines Erachtens auch die verlorene Fähigkeit, sich anzuvertrauen. Den Hinterbliebenen das eigene Grab anzuvertrauen, der Vergänglichkeit den eigenen Körper zu überlassen. Da ist noch eine scheinbare Selbstbestimmung: ich lasse mich verbrennen. Was dabei ein Stück weit verloren geht, ist dies: der Weg zu einem Ort, der dann auch Ort des Gedächtnisses ist. Und ein Stück weit verloren geht das Grundsymbol: ich kehre in den Schoß der Erde zurück in der Hoffnung auf eine neue Geburt. Verloren geht auch die Parallele zur Grablegung Jesu und zum leeren Grab Jesu am Tag der Auferstehung.
Abschied im kleinsten Kreis – Begräbnis in aller Stille
Dieser Trend ist stärker im städtischen Bereich und gibt natürlich wieder, was schon im Leben begonnen hat: die Auflösung der Beziehungen. Aber das „Begräbnis in Stille“ verstärkt auch noch, was ohnehin nicht menschenfreundlich ist: die „Atomisierung“ der Gesellschaft. Jeder ein Stück Einsamkeit. Dabei könnte der Tod auch Menschen zusammenführen – was er in der Geschichte ja immer auch getan hat.
Der Tod wird ausgeblendet
Als Ergebnis der veränderten Bestattungskultur rückt der Tod noch mehr aus unserem Blickfeld. Wir scheinen dann mehr „im Leben“ zu sein, verweigern aber eigentlich ein Wahrnehmen der Realität: alle sterben, auch wir. Unser Menschsein ist nicht mehr ganz und nicht mehr rund, wenn wir den Tod und die Toten vergessen. Das dürfen Menschen in der Jugendzeit ein Stück weit – aber im übrigen ist es Realitätsverlust. Bestattungskultur ist eine Frage der Lebenskultur.