Das Ende?
Auf den Spuren des Apostels Paulus - IX
Das Ende ?
Die Paulusbriefe geben uns einen Einblick in das Wirken des Apostels bis zum Antritt seiner letzten Reise nach Jerusalem. Von nun an sind wir auf die Apostelgeschichte allein angewiesen.
Paulus zieht also nach Jerusalem, um die Kollekte zu überbringen. Doch ist er sich keineswegs sicher, ob man sie dort überhaupt annehmen wird. Petrus hat die Stadt schon längst verlassen. Die Gegner des Apostels sind mehr geworden. Zudem muss er um seine Sicherheit fürchten.
Obwohl gerade der letzte Teil der Apostelgeschichte vom Verfasser relativ stark gestaltet worden ist, bietet auch er zuverlässige Hinweise auf das Geschick von Paulus: Er ist in Jerusalem von den Römern verhaftet worden, war in Cäsarea im Gefängnis und wurde von dort nach Rom überstellt.
Vorbehalte und Ablehnung
Nun der Reihe nach: Paulus kommt nach Jerusalem. Dort trifft er Jakobus, der die Geschicke der Gemeinde leitet. An dieser Stelle müsste die Apostelgeschichte nun eigentlich von der Übergabe der Kollekte berichten. Wenn wir den Paulusbriefen folgen, ist sie nämlich der Grund, warum Paulus überhaupt gekommen ist. Doch die Apostelgeschichte schweigt. Hat man sie (und damit auch die Arbeit des Apostels) etwa abgelehnt?
Stattdessen wird Paulus mit heftigen Vorwürfen konfrontiert. Man erzähle von ihm, so Jakobus, er lehre die Juden in der Diaspora von Mose abzufallen und fordere sie auf, ihre Kinder nicht mehr beschneiden zu lassen (Apg 21,21). Dies aber widerspricht der Vereinbarung am »Apostelkonzil«. Selbst die auf Harmonie bedachte Apostelgeschichte vermag also nicht zu verdecken, dass Paulus offenbar auch innerhalb der judenchristlich geprägten Kirche auf große Vorbehalte gestoßen ist. Für die Juden selbst war er ohnehin kein unbeschriebenes Blatt. Immerhin hatte er nach eigenen Angaben fünfmal die schmachvolle Strafe der vierzig Geißelhiebe erhalten. Die Stimmung war also greizt.
Die Gefangennahme
Nun überschlagen sich die Ereignisse. Es taucht das Gerücht auf, Paulus habe einen seiner unbeschnittenen Begleiter mit in den Tempel genommen. Bald kommt es zu Unruhen in der Bevölkerung. Daraufhin nehmen die Römer den Apostel fest (Apg 21,27-40).
Nachdem Paulus von den Römern verhaftet worden war, unterliegt er nun der römischen Gerichtsbarkeit. Die Residenz des Statthalters befindet sich in Cäsarea am Meer. Daher wird Paulus dorthin überführt. Apg 24,5-6 gibt den Inhalt der Anklage wieder: Unruhestiftung und Entweihung des Tempels.
Zu Gericht sitzt der Satthalter Felix, den historische Quellen als grausam und willkürlich herrschenden Despoten charakterisieren. Der Prozess verzögert sich und wird erst nach zwei Jahren von dessen Nachfolger Festus wieder aufgenommen. Im Zuge dieses Verfahrens appelliert Paulus an das kaiserliche Gericht in Rom. Als römischer Bürger hat er dazu das Recht und es wird ihm auch gewährt.
Die Überführung nach Rom
Nach zwei Jahren Haft wird Paulus schließlich nach Rom überstellt. Der Bericht in der Apostelgeschichte trägt zwar starke legendarische Züge, dennoch liegen an manchen Stellen wohl auch glaubwürdige Erinnerungen vor. Die Route führt zunächst nach Sidon. Dann umsegeln sie Zypern und gelangen nach Myra in Lykien. Dort wird das Schiff gewechselt. Es bringt Paulus zunächst nach Kreta. Die Besatzung will in Phönix überwintern. Man gerät jedoch in einen Sturm und treibt auf Malta zu (es könnte aber auch die Insel Kephallenia vor Westgriechenland gewesen sein). Drei Montae später geht es weiter nach Syrakus, Rhegion und Puteoli. Von dort erreicht man auf dem Landweg Rom.
Der Tod
Der Tod des Paulus wird in der Apostelgeschichte nicht beschrieben. Für sie ist das Ziel erreicht: In der Person des Völkerapostels hat das Evangelium Rom, das Zentrum der damaligen Welt, erreicht: Den Heiden wird das Heil verkündet (Apg 28,29).
Der Überlieferung nach ist Paulus der von Nero veranlassten Christenverfolgung im Jahr 64 zum Opfer gefallen. Er könnte jedoch auch schon früher hingerichtet worden sein. Wie bei der Geburt lässt uns die Geschichtsschreibung auch beim Tod des Apostels im Dunklen. Scheinbar soll das Licht umso stärker auf sein Wirken als Verkündiger der frohen Botschaft fallen, dessen Früchte bis heute sichtbar sind.