Beschützt, begleitet und umarmt

Bischof Marketz über das himmlische und irdische Wirken von Engeln

Das slowenische Schutzengelgebet „Sveti angel, varuh moj“ war das erste Gebet, das mich meine Großmutter lehrte und jeden Abend mit mir betete. Manchmal zeigte sie dabei auf ein Bild über ihrem Bett: ein Schutzengel, der zwei Kinder über einegefährliche Brücke über einen reißenden Fluss begleitet. Sie erzählte mir dazu Geschichten aus ihrem Leben, die mich ein tiefes Vertrauen in Gott und den Schutzengel spüren ließen. Das gleiche Vertrauen spürte ich bei jeder Taufe in der Pfarre Radsberg/ Radiše, wenn der Kinderchor mit einem Lied am Ende der Taufe den Schutzengel um Beistand und Schutz bat, „damit ich meinen Weg nicht verliere“. Eine einfache Botschaft, die auch heute noch mein Herz berührt.

Gegenwart Gottes

Im Alten Testament werden Engel unter anderem als Gegenwart Gottes empfunden. So verhält es sich mit den drei Männern, die Abraham erscheinen und ihm die Geburt eines Nachkommen verheißen (Gen 18,1-15). Unvermittelt stehen sie vor Abraham, der nun alles unternimmt, um diesen außergewöhnlichen Besuch zu bewirten. Denn er erfasst schlagartig: In diesen drei Engeln begegnet mir der HERR. In der christlichen Kunst wird diese Begegnung zu einem Bild der Trinität verdichtet. So lassen uns diese Engelgestalten erahnen, dass sich Gott in all seiner Größe auf uns Menschen einlässt, zu uns kommt und bei uns zu Gast ist.

Bildunterschrift (Bildrechte sind zwingend anzugeben!)
Verkündigungsengel um 1485, ursprünglich in der Filial- und Wallfahrtskirche Maria im Graben in Vorderberg, heute "Schatzkammer Gurk". Foto: Diözese Gurk/R. Schiestl


Deuter und Mittler

Engeln kommt in der Bibel auch die Aufgabe zu, Visionen zu deuten und von Gottes Heilswirken zu berichten. Das wohl bekannteste Beispiel dafür ist der Engel Gabriel, der die Geburt von Johannes dem Täufer und Jesus ankündigt. Als der Engel Gabriel bei Maria eintritt, kann sie zunächst nicht fassen, was ihr widerfährt. Sie fragt nach und ringt um Verständnis. Gabriel lässt sich auf die Fragen Marias ein, nimmt ihr die Furcht und stärkt sie mit der Verheißung: „Der Heilige Geist wird über dich kommen und Kraft des Höchsten wird dich überschatten“ (Lk 1,35). Engel können uns demnachvermitteln, was Gott mit uns vorhat und uns dabei stärken, dazu Ja zu sagen. Darauf dürfen wir besonders auch in schwierigen Lebenssituationen hoffen.


Einander Engel sein

Der Apostel Paulus sieht Engel in einer Nachordnung Christusgegenüber, der für ihn im Zentrum seiner Verkündigung steht. Durch diese Ausrichtungauf Jesus Christus kann uns Paulus eine weitere Facette von Engeln näherbringen. So bedankt er sich bei den Galatern, dass sie ihn trotz se ner Schwäche wie einen Engel Gottes, wie Jesus Christus selbst, aufgenommen haben (Gal 4,14). Ein beeindruckendes Beispiel für diese Erfahrung bietet das Lebenszeugnis von Maria Stromberger. Die gebürtige Metnitzerin ließ sich freiwillig als Krankenschwester in das Konzentrationslager Auschwitz versetzen. Dort nahm sie sich der Leiden der Inhaftierten an, verschaffte ihnen illegal Nahrungsmittel und schmuggelte Briefe und Unterlagen für den Widerstand aus dem Lager. Dabei riskierte sie ihr Leben. Ihre Hilfe ließ sie allen zuteilwerden, auch dem Kommunisten Hermann Langbein. Als er sie über seine Fluchtpläne informiert, macht sie sich große Sorgen um ihn. Jahre später berichtet er, was Maria Stromberger damals zu ihm sagte: „Passen Sie gut auf sich auf! Wenn ich nicht wüsste, dass Sie ein gottloser Kommunist sind, würde ich Sie bekreuzigen.“
Worauf Langbein sie bat: „Bekreuzigen Sie mich!“ Durch ihren Einsatz und ihre Empathie wurde Maria Stromberger ihm und anderen Häftlingen zum „Engel von Auschwitz“. Besonders in den Unsicherheiten und Krisen unserer Zeit brauchen wir viel Engelhaftes, viel Stärkendes, Deutendes und Beschützendes. Wir dürfen uns von Gottes Engeln begleitet wissen und einander zu Engeln werden.


»Sveti angel, varuh moj, bodi vednoti z menoj.«


To je bila prva molitev, katero me je naučila babica in jo tudi vsak večer z menoj molila. In včasih je pokazala na sliko, ki je visela nad njeno in dedovo posteljo: angel varuh, ki spremlja dva otroka po nevarnem mostu nad deročo reko. Ob tem mi je povedala kako zgodbo iz njunega življenja, iz katere sem čutil globoko zaupanje v Boga in angela varuha. Enako zaupanje sem čutil pri vsakem krstu na Radišah, ko je otroški zbor ob koncu krščevanja zapel »Angelček varuh moj, vedno pri meni stoj, da ne zgrešim poti, s krili me varuj ti«. Preproste besede, ki pa do danes sežejo globoko v srce.

Autor: Diözesanbischof Dr. Josef Marketz, Erstveröffentlichung in: »Engel«, Jahrbuch der Diözese Gurk 2024, (Redaktion: Pressestelle der Diözese Gurk).