Pfarre

Molzbichl

“Die gepfählte Frau aus Molzbichl”

Ein Blick zurück in unsere Geschichte

Am Sonntag, 1. September 2019, wurde nach der Hl. Messe die „gepfählte Frau von Molzbichl“ den Besuchern vorgestellt. Nach der Segnung des neu gestalteten Museums durch Stadtpfarrer KR Mag. Ernst Windbichler führte Dr. Kurt Karpf durch die neue Ausstellung und berichtete über die neuesten Untersuchungsergebnisse. Anschließend wurde bei Freibier und Brezen die Neugestaltung gefeiert.

Bei Ausgrabungen entdeckte man in Molzbichl eine mitteleuropaweit einzigartige Bestattung. Die Person wurde gepfählt. Auf dem Friedhof von Molzbichl sind im 10. Jahrhundert Maßnahmen gegen Wiedergänger nachzuweisen. Auch nach 200 Jahren Christianisierung gab es immer noch Platz für Rituale, die nicht christlichen Ursprungs waren. Diese mussten bekannt und akzeptiert gewesen sein, fanden sie doch in Anwesenheit der Dorfbevölkerung und mit Duldung des Pfarrers statt. Maßnahmen gegen Wiedergänger sind im slawischen Umfeld häufiger zu beobachten. Die slawischen Karantanen verbrannten ursprünglich ihre Verstorbenen und gingen erst im 8. Jahrhundert zur Körperbestattung über. Es könnte ihnen schwer gefallen sein, die christliche Vorstellung von Auferstehung richtig zu deuten. Das könnte zur Angst vor einer körperlichen Wiederkehr der Toten beigetragen haben.

Als potentielle Wiedergänger galten Tote, die nicht oder ohne die üblichen Rituale bestattet wurden, wie Ungetaufte, Verbrechensopfer oder Selbstmörder. Besonders gefährlich waren Hexer, Magier und soziale Außenseiter, aber auch Frauen, die im Kindbett verstorben sind. Auch körperliche und geistige Anomalien konnten verdächtig machen. Welche Umstände zur Bestattung in Molzbichl geführt haben, bleibt vorerst noch unbekannt.

Im Grab fand man eine Doppelbestattung mit zwei weiblichen, zeitgleich beigesetzten Personen. Der ältere der beiden Frauen hat man vier große Steine auf Schultern und Bauch gelegt, um ihre Wiederkehr zu verhindern. Einer Verstorbenen schlug man einen Holzpfahl durch die Brust, um sie im Grab zu fixieren. Solche Vorgänge sind aus schriftlichen Quellen bekannt, konnten archäologisch aber noch nie so klar nachgewiesen werden wie in Molzbichl. Als besonders wirkungsvoll wurde das Beschweren des Leichnams mit Steinen erachtet.

Der Volksglaube kennt zahlreiche Vorkehrungen gegen Untote. Bekannt sind umgekehrte Bestattung mit dem Gesicht nach unten sowie die Beschwerung des Leichnams mit Steinen. Auch Grabsteine erfüllen diesen Zweck. Noch heute sind in Kärnten Bräuche und Rituale gegen das Wiedergehen bekannt. Früher wurden die Verstorbenen zuhause aufgebahrt und am Totenbett wurde Wache gehalten. Wurde der Leichnam aus dem Haus getragen, achtete man darauf, dass er mit den Füßen zuerst über die Schwelle getragen wurde. Auch das mehrfache, kreuzweise Absetzen des Sarges diente diesem Zweck.

Die Expertin für Sonderbestattungen, Dr. Bettina Jungklaus, hat über die „gepfählte Frau“ aus Molzbichl bemerkenswerte Erkenntnisse gewonnen.

Die Frau ist zwischen 939-1031 n.Chr. verstorben. Sie war zwischen 46 und 60 Jahre alt und 160 cm groß. Sie lässt sich mit heutigen Mitteleuropäerinnen vergleichen. Ihr Haar war hellbraun und lang, ihre Augen blau. Sie hatte große Probleme mit ihren Zähnen (Zahnstein, Karies und Parodontose,…). Das spricht für eine überwiegend kohlenhydratreiche Ernährung (Getreidebrei). In den Schulter-, Hüft- und Kniegelenken ließ sich eine schmerzhafte Arthrose nachweisen. Wie die übrige Bevölkerung lebte sie unter ärmlichen Bedingungen, schwer gearbeitet hat sie allerdings nie. Eine körperliche Anomalie, als Grund für die Pfählung, wurde nicht gefunden. Auch eine Schwangerschaft konnte, aufgrund des Alters, ausgeschlossen werden.