Pfarre

Baldramsdorf

Pfarre und ihre Geschichte

Am südlichen Rand des Lurnfeldes, eingefasst von dem südlichen Bergzug, dem Goldeck, und dem Drauufer erstreckt sich zwischen den Draubrücken von Spittal und Rosenheim das in mehrere Ortsteile untergliederte Baldramsdorf. Im Jahre 1166 erstmals urkundlich als »Baltramisdorf« erwähnt, liegt der Ortskern von Baldramsdorf nur 5 km westlich von Spittal, in Sichtweite der nördlich der Drau gelegenen antiken Siedlung Teurnia (15 v. Chr. gegr.), die als wichtiger Verwaltungsmittelpunkt und Bischofssitz des 5./6. Jhs. die frühe Geschichte Oberkärntens entscheidend prägte. Eine damalige Besiedelung des Raumes südlich des trennenden Flusses bleibt je­ doch im Dunkeln.

Als Teil der Grafschaft Lurn entstand um 990 eine erste Turmbefestigung am Nordhang des Goldecks, die ab 1070/90 durch den Freisinger Vizedom Adalbert (1070-96 nachweisbar) zu einer Burg ausgebaut wurde. Mit dem Tod des letzten Grafen von Lurn, Adalbero (gest. 1124), und der Ablösung durch die verwandten Grafen von Ortenburg, die ihren Stammsitz hierher verlegten, gewann auch der Bereich um die Ortenburg an Bedeutung. Gebietserweiterungen über das Lurnfeld hinaus, besonders in Krain (Slowenien) und der Grafschaft Sternberg (bei Villach), bewirkten das rasche Emporkommen des Grafengeschlechtes. Als Gründer von Spittal 1191 verlagerten sie und ihre Nachfolger, die Grafen von Cilli (1420-56) ihr Interesse bald mehr hin zu dem aufstrebenden Marktort. Wenn die Ortenburg auch noch bis um 1530 als Wohnsitz genutzt wurde, so verlor die an der Schattenseite der Berge liegende Burg mit dem Bau des prachtvollen Porciaschlosses in Spittal 1524-97 durch die Grafen von Salamanca (1524-1639) völlig an Bedeutung. Auch bei den Nachfolgern, den Grafen Widmann (1640-62) und den Fürsten von Porcia (1662-1918), konnten Baldramsdorf und die Ortenburg die einstige Position nicht zurückerobern.

Eine gewisse Rolle spielte Baldramsdorf auch für den Gold- und Silberbergbau. Während im Mittelalter in der Nähe der Ortenburg Gold gewonnen wurde, schürfte man zwischen 1510 und dem 17. Jh. im Ortsbereich von Gendorf erfolgreich nach Gold und Silber.

Mit der Teilung der Großgemeinde Spittal 1886 errang Baldramsdorf zusammen mit Gschieß die gemeindliche Eigenständigkeit. Das heute etwa 1900 Einwohner starke Baldramsdorf besteht neben dem Ortskern aus den Ortsteilen Rosenheim (ehern. Gschieß), Faschendorf, Oberaich, Gendorf, Schwaig und Schüttbach und seit kurzem auch aus dem Dorf Goldeck und Lampersberg.

Es ist umstritten, ob die Pfarrgründung von Baldramsdorf von Norden oder von Süden erfolgte. Die nach Streitigkeiten zwischen dem Salzburger Bischof Arno (785-821) und dem Patriarchen von Aquileja, Ursus (gest. 811), durch Kaiser Karl den Großen 811 entlang der Drau festgelegte Diözesangrenze schloss einen Salzburger Einfluss nicht grundsätzlich aus, zumal die Grafschaften Lurn bzw. Ortenburg diese Grenze nicht berücksichtigten. Nach dem Verlust seiner weltlichen Macht an Venedig und das endgültige Verlegen des Sitzes nach Udine um die Mitte des 15. Jhs., verlor der Patriarch zunehmend an Einfluss; ab 1628 wurden Kontakte des Österreichischen Klerus mit dem Patriarchen auf Befehl Kaiser Ferdinands II. (1637-57) verboten, seine Stellung übernahm das Erzdiakonat Görz. Mit der Neueinteilung der Österreichischen Diözesen 1786/87 auf Betreiben Kaiser Josephs II. (1765-90) wurde Baldramsdorf Teil des nach Klagenfurt umsiedelnden Bistums Gurk.

Baldramsdorf, Sankt Martin - Patrozinium 11. November
Der erste Kirchenbau auf heutigem Gemeindegebiet ist die den Heiligen Maria, Andreas und allen Heiligen geweihte Burgkapelle der Ortenburg. Wohl um 1070/80 entstanden, war die an der Eigenkirche der Ortenburger errichtete Pfarrstelle sicher im kirchlichen Einflußbereich des Patriarchen von Aquileja gewesen.

Erst gegen 1300, wie eine Urkunde von 1308 bezeugt, entschloss man sich auf Bitten der Pfarrgemeinde, die den Anforderungen einer Pfarrkirche nicht mehr genügende Kirche ins Tal hinunter zu verlegen. Der neue Standort fand sich neben einem Wartturm in Baldramsdorf. Auch für die neue Kirche blieb das Patronatsrecht in den Händen der Bauherren, der Grafen von Ortenburg (Urkunden von 1308 und 1394), während die Baldramsdorfer Pfarrer das Bestätigungsrecht über die übrigen Pfarreien des Grafenhauses besitzen.

1377 wird an der Burgkapelle durch den Grafen Albrecht II., Bischof von Trient (1357-85), eine Kaplanei eingerichtet, die noch bis 1758 Bestand hatte.

Mit der Ansiedlung des Hieronymitanerordens 1699 durch Fürst Hannibal Alfons von Porcia (1698-1738) unterhalb der Ortenburg schwand für die Fürsten allmählich das Interesse an der Pfarrei. 1727 wird diese im Tausch gegen die Pfarrei Kirchbach als Lehen an die damals 20 Religiosen übergeben, die im »Paternschloß«, dem heutigen Handwerksmuseum, in Unterhaus untergebracht sind. Der aus Italien kommende Orden - die nach den Regeln des heiligen Augustinus mit Zusätzen aus den Schriften des heiligen Hieronymus lebende Eremitenkongregation wurde 1377 durch den seligen Petrus Gambacorti (1355-1435) in Montebello bei Urbino/Umbrien gegründet- wurde 1786 durch Kaiser Joseph II. (1765-90) aufgehoben, doch noch bis 1820 betreute ein letzter Ordenspriester die Pfarrei Baldramsdorf.

Baugeschichte
Der heutige Kirchenbau zeigt sich in Gestalt der spätgotischen Veränderung. Nach der um 1500 anzusetzenden Umwandlung des alten Wachturmes in einen Glockenturm, folgte die Erweiterung und Umformung der Kirche bis zur Vollendung 1522. Der maßgeblichste Anteil fiel dabei dem Steinmetz und Baumeister Laurenz Rieder aus Obervellach zu, der hier neben seinem Steinmetzzeichen das einzige Mal namentlich signierte:»Larentz Rieder Maister der dises Gwölb hat gmacht« und »...Maister des Paus«. Weitere Bauten des auch als Bauunternehmer zu bezeichnenden Rieder sind die Kirchen in Pusarnitz (1519-27), Greifenburg (1520/21) und Stallhofen (1521). Während der Kirchenbau wesentliche Veränderungen nur in der Ausstattung hinnehmen musste, zwang ein verheerender Brand am Turm 1884 zu größeren Baumaßnahmen. Die Neugestaltung in neugotischer Formensprache lag 1885 in den Händen des Spittaler Zimmermanns Josef Steiner und des Baumeisters Anton Lerchbaumer sowie des Klagenfurter Dachdeckers Ernst Ziermann. Neben dem Anbau der Westvorhalle im 19. Jh. und einer Restaurierung der Kirche 1948, wurde der Bau erneut 1979 restauriert. Die letzte Restaurierung des Turmes hat man 1985 durch­ geführt.

Beschreibung
Der Außenbau der Kirche und der Glockenturm Inmitten des Friedhofes von Baldramsdorf erhebt sich die Pfarrkirche Sankt Martin. Den Näherkommenden überrascht vor allem der etwa 20 Schritte westlich vor dem Kirchenbau stehende Glockenturm. Die Kirche selbst mit ihrer mächtigen, aber schmucklosen Giebelfassade und der offenen Vor­ halle zeigt sich außen nur wenig gegliedert. Ganz weiß verputzt, werden allein die Kanten und die Fenstergewände durch graue, im Chorbereich gelb bemalte Steinimitationen bereichert. Schlichte, im Barock umgestaltete Spitzbogenfenster - nur im mittleren Hauptchorfenster haben sich noch Reste von Maßwerk erhalten - und das über Langhaus und Chöre geführte graue Schieferdach prägen die einzelnen Ansichten, im Norden nur unterbrochen durch einen hohen Sakristeianbau. An der nördlichen Langhaus­ wand findet sich die großfigurige Wandmalerei eines hl. Christophorus, wie sie im Mittelalter weit verbreitet war. Das um 1530 entstandene Wandbild, das nur noch im oberen Bereich an sein einstiges Aussehen gemahnt, wurde 1927 durch den Maler August Veiter weitgehend neugestaltet.

Der einzelstehende Glockenturm, 1885 in neugotischer Gestalt wieder aufgebaut, enthält nur im unteren seiner beiden Geschosse Reste des alten Mauerwerks. Der Aufbau des quadratischen Turmes erfolgte mit Blendquaderung, Maßwerkbiforien als Schallarkaden und den getreppten Giebelaufsätzen im Bereich des hohen, oktogonalen Helms. Wenn auch die Einzelstellung an einen italienischen Campanile erinnert, so liegt in diesem Fall die Ursache in der Wei­ terverwendung eines Vorgängerturmbaues.

Glocken: Die heutigen vier Glocken aus der Glockengießerei St. Florian in Linz wurden 1953 geweiht, nachdem durch den Brand wie die beiden Welt­ kriege den Vorgängern von 1866, 1885, 1922 und 1931 kein langer Bestand gewährt wurde.

Der Innenraum
Durch ein schönes Spitzbogenportal mit Stabwerk und metallbeschlagener Türe tritt der Besucher von Westen in das Kircheninnere. Sogleich findet er sich in einer zweischiffigen Halle wieder, wobei das schmalere, südliche Schiff nur durch zwei schlanke, achteckige Pfeiler abgetrennt wird. Die Weite des gleichmäßig belichteten Hallenraumes, die nur durch die beiden Mittelpfeiler verunklärt wird, erinnert an einen Zentralraum, bei dem einzelne Kirchenschiffe sich dem Gesamtcharakter unterordnen. Schnell stellt sich die Frage, ob wohl ursprünglich ein drittes Schiff im Nor­ den geplant worden war? Die an der Nordwand bis zum Boden herabgeführten Wandpfeiler besitzen als Pendant im Süden nur Konsolen unter den Gewölberippen. Dennoch sprechen die beinahe quadratischen Ausmaße des jetzigen Langhauses wie auch der nordseits etwas eingezogene Hauptchor für die zwar ungewöhnliche, aber durchaus vollendete Raumlösung.

Besonders gelungen ist auch das weitgehend aus Rauten und sechszackigen Rautensternen gebildete Netzgewölbe des Laurenz Rieder, dessen scharf profilierte Rippen die tonnenförmigen Gewölbe mit Stichkappen überziehen. In grauem Sandsteinton vor den weißen Hintergrund gesetzt, wachsen sie ohne unterbrechende Kapitelle aus den grauen Pfeilern empor. Die hier auftretenden Rippenformen lassen sich allerdings in ähnlicher Gestalt auch an älteren Bauten nachweisen, so bereits in Maria Pfarr (Salzburg, 1. Hälfte 15. Jh).

Eingezogene, spitzbogige Chorbögen mit Kehlung und Profilen leiten den Blick ostwärts in den Hauptchor und den südlichen Nebenchor. Während der Nebenchor - ein kurzes Chorjoch mit 3/8 Schluss - durch ein unregelmäßiges Sterngewölbe bestimmt wird, so prägt den zweijochigen Hauptchor mit 3/8 Schluss ein Netzgewölbe mit Schlusssteinfolge und abschließendem Stern. Die Rippen sind in ihrer gelben Farbgebung als Imitate von gelbem Sandstein aufgefasst. Ein torartiger Durchbruch ermöglicht eine direkte Verbindung zwischen den beiden Chören.

Ausstattung

Wandmalerei
Verschiedene Wandbilder, vorrangig des 16. und 17. Jhs., kann der Besucher in der Martinskirche entdecken. Das älteste Stück aus der Erbauungszeit der Kirche, um 1520, ist das kleine, halbfigurige Bildnis der hl. Katharina von Alexandria auf dem Schlussstein des Nebenchores. Die Bemalung der Gewölbefelder mit Rankenwerk und den vier Evangelistensymbolen dagegen ist jünger, wie auch das dort an der Südwand eingefügte Wandbild der Dreifaltigkeit in den Wolken. Der Stifter, Andreas Krendl (gest. 1594), Kaplan auf der Ortenburg, dessen Grabstein sich am Außenbau der Kirche erhalten hat, ließ es laut der Inschrift 1574 anfertigen. Nur ornamental, teilweise auch Architektur imitierend, schließt sich die Sockelzone von 1620 an. Das beigefügte Wappen mit den Initialen G.L., das sich auch in der Kehle des Hauptchorbogens wiederholt, kann mit Hilfe des südlichen Kreuzigungsbildes aus dem Hauptchor zugeordnet werden. Ihr Stifter ist der geistliche Herr Gregorius Ladinig, der sich in dem Stifterbild neben der Inschrift 1619 verewigte.

Der Hauptchor enthält zudem neben ornamentalen Gewölbefeldern eine weitere, nur schlecht erhaltene Kreuzigungsdarstellung nördlich über der Sakristeitüre, dessen Rollwerkrahmen die Malerei in die Zeit zwischen 1580/1600 einordnet, sowie das kleine Fragment einer Engelsdarstellung neben dem Hochaltar. Das Langhaus birgt neben einer Darstellung der Auferweckung des Jünglings von Naim an der Südwand (1594), an markanter Position über dem Chorbogen, das Wappen der Ortenburger Grafen, dar­ über das Zeichen und die Inschrift des Baumeisters Laurenz Rieder, die zudem im Gewölbefeld davor mit einer Datierung variiert wird.

Die Altäre
Noch bis 1877 befanden sich in der Pfarrkirche nachweislich fünf Altäre, die für die Nutzung durch das Hieronymitanerkloster notwendig waren. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurden damals zwei Altäre entfernt und die verbliebenen neu angeordnet.
Der heutige Hochaltar von 1773 stammt ursprünglich aus Millstatt, wo er als Seitenaltar genutzt wurde. Die heute im Zentrum aufgestellte Figur des Titelheiligen Martin (316-397), im Ornat des Bischofs von Tours mit Buch - hier dürfte einst ein Kirchenmodell auf den Klostergründer verwiesen haben - und einer Gans zu Füßen, bildet den Rest des einstigen Hochaltars der Kirche. Während Otto Demus die Figur als ein Werk des frühen 16. Jhs. einer Ossiacher Werkstatt zuweist, könnte der S-Schwung der Statue auch für eine Datierung im späten 15. Jh. sprechen.

Das blaumarmorierte Altargehäuse mit reicher Vergoldung, seitlich mit je zwei Säulen und einem zurückgesetzten Pilaster, umschließt die Figur des fränkischen Schutzheiligen, die erst vor wenigen Jahren in den Altar übernommen wurde. Weitere barocke Statuen der Apostelfürsten Petrus und Paulus im goldenen Gewand zu den Seiten sowie spielerisch bewegte Putten auf dem Tabernakel und dem Gebälk, im Aufsatz ein kleinformatiges Bild der Dreifaltigkeit, vollenden den Gesamteindruck des Altares.

Der nördliche Wandaltar im Hauptchor ist der Muttergottes geweiht und mit einer gelungenen Kopie des Innsbrucker Maria-Hilf-Bildes bestückt. Die seitlich in den Raum ausgreifenden Altarpfeiler dienen zwei gestikulierenden Engeln als Sitz, während im Aufsatz über dem Baldachin die strahlenumfangene Taube des Heiligen Geistes aus den Wolken erscheint. Die verfeinerte Ornamentik des rotmarmorierten Gehäuses weist den Rokokoaltar in die Zeit um 1750/70.

Der schwarz-golden gefasste Altar im südlichen Nebenchor ist 1704 datiert. Das Altarblatt, wohl eine italienische Arbeit mit der Darstellung des gemarterten heiligen Sebastian, wirkt etwas volkstümlich; es stammt ursprünglich aus einem anderen Seitenaltar der Kirche. Qualitätvoller erscheinen die Skulpturen der beiden Franziskanerheiligen Franz von Assi­si und Antonius von Padua, aber auch die kleineren Figuren der heiligen Katharina von Alexandria im Aufsatz zwischen den Erzengeln Michael und Gabriel.

Weitere Ausstattungsstücke
An zentraler Position zwischen den beiden Chören befindet sich die Kanzel mit Evangelistenmedaillons, reich vergoldeter Akanthusomamentik und zierlich gedrehten Säulchen am Korb. Die Arbeit aus dem ersten Viertel des 18. Jhs. wird durch einen flachen Schalldeckel mit locker aufgesetztem Ornament abgeschlossen. Teile eines anderen Kanzelkorbes, 1754 von dem Spit­ taler Tischler Johannes Preimbl für die Rosenheimer Filiale geschaffen, dienen heute als Ambo neben dem Volksaltar.

Der östliche Mittelpfeiler wird durch eine barocke Marienfigur (um 1700) als Him­melskönigin mit Kind, Zepter und Krone bereichert. Majestätisch auf einem Wolkengebilde mit Puttenkopf stehend, den linken Fuß leicht auf eine Mondsichel gestellt, weist ihr Blick über den Hal­lenraum hinaus.

Eine weitere Großfigur, Maria als Schmerzensmutter, findet sich hinter dem spätgotischen Taufbecken in der nordöstlichen Ecke des Langhauses. Vermutlich stammt die Statue aus der ersten Hälfte des 18. Jhs. von einer Kreuzigungsdarstellung.

Die neugotische Westempore für die klassizistisch geprägte Orgel kann nur von außen über einen Zugang an der Südwestecke betreten werden. Darunter sieht man an den Wänden einen noch ganz dem 18. Jahrhundert verhafteten Kreuzweg, 1816 von Johann Partl gemalt. Unter den erhaltenen Grabsteinen im Inneren ragt der Gedenkstein an Justina Juliana Rosalia Freiin von Rosenheim (gest. 1716) an der Nordwand heraus. Aber auch ein älteres Grab des Priesters Andreas Neumarkter (1492) und ein Wappengrabstein im südlichen Nebenchor verdienen der Beachtung.

Das Baldramsdorfer Fastentuch
Etwas Besonderes, wenn nicht das bedeutendste Stück der Baldramsdorfer Pfarrkirche, ist das auf der Rückseite auf 1555 datierte Fastentuch. Das großformatige, aus acht senkrechten Bahnen zusammengefügte Stoffbild (4,85 x 7,30 m), das heute fest im südlichen Schiff installiert ist, diente einst zur Verhüllung des Altarraumes in der Fastenzeit. Da es auch heute nur in der Fastenzeit gezeigt wird, muss das Jahr über ein Foto an der Südwand als Ersatz dienen, das freilich den großartigen Eindruck der Malereien nur unzureichend wiedergeben kann.

Insgesamt 39 Bildfelder (1 Doppelfeld), in fünf Registern zu je acht Bildern zusammengestellt, geben ausgewählte Szenen des Alten (8) und Neuen (31) Testamentes in chronologischer Reihenfolge wieder.

Durch die Mobilität der Leinwand haben einzelne der mit Leimfarben auf das Tuch gemalte Szenen, besonders im unteren Bereich, etwas gelitten, doch ist der Zustand insgesamt relativ gut. Der unbekannte Künstler, in seiner Ausdrucksweise schwankend zwischen Gotik und Renaissance, übertrug die farbenfrohen Darstellungen mit schwarzen Umrisslinien in das auf Fernsicht angelegte Großformat. Seine Motive übernahm er vielfach aus Holzschnitten, wobei ihm besonders Tobias Stimmer, Lukas Cranach und Albrecht Dürer als unerschöpfliche Quelle dienten. Die Ähnlichkeit mancher Szenen mit dem Fastentuch aus dem nahem Maria Bichl (Diözesanmuseum Klagenfurt) deutet auf ein gemeinsames Vorbild, wogegen das querrechteckige Format, das sich wohl aus dem Aufhängungsort ableiten lässt, sonst nicht üblich ist. Das Baldramsdorfer Fastentuch ist somit nachweislich eines der besterhaltenen und schönsten Beispiele dieser rar gewordenen Gattung in Kärnten.

Die Heilig-Blut-Reliquie
Eine besondere Kostbarkeit, und das nicht nur wegen dem vergoldeten Silber und dem Bleikristallzylinder, stellt auch das in der Baldramsdorfer Pfarrei aufbewahrte Reliquiar mit der Heilig-Blut-Reliquie dar. Zusammen mit der Errichtung der Kaplanei auf der Burgkapelle der Ortenburg ist das kostbare Gefäß eine Schenkung des dem Ortenburger Geschlechts entstammenden Bischof Albrecht von Trient (1357-85), wie es auch das Wappen des Stifters auf dem sechsblättrigen Fußbelegt. Zurückgehend auf das berühmte Blutwunderereignis auf dem Georgenberg bei Schwaz/Tirol (1310), sind in dem turmförmigen Gefäß mit Spitzdach wenige der kostbaren Blutstropfen gefasst. Mit dem Ende der Kaplanei in den Besitz der Baldramsdorfer Pfarrei übergegangen, ließ Fürst Franz Seraphim von Porcia (1785-1827) die Blutreliquie 1788 mit einer feierlichen Prozession in die Schlosskapelle nach Spittal überführen, doch kehrte sie auf eindringliches Bitten der Bevölkerung 1816 nach Baldramsdorf zurück. Heute wird sie jährlich während der Fastenzeit in der Filialkirche von Rosenheim gezeigt und verehrt.

Die Filialkirchen von Baldramsdorf

Gendorf, St. Nikolaus - Patrozinium 6. Dezember
Nur einen Kilometer westlich von Baldramsdorf stößt man auf den Ortsteil Gendorf und seine erhöht am südlichen Dorfende plazierte Nikolauskapelle. Der kleine, holzschindelgedeckte Bau mit hölzernem Turmaufsatz über der westlichen Pfeilervorhalle birgt im Inneren eine erstaunlich reiche Ausstattung. Nach einer Datierung im polygonalen Chorschluss 1515 errichtet, wurde der flachgedeckte Saal im Barock umgestaltet und letztmals 1975 restauriert. Besonders schön ist das im Chor erhaltene Sternrippengewölbe mit seiner Pflanzenbemalung, das an den Nebenchor von St. Martin erinnert.

Aus der Mitte des 15. Jhs. stammt die Statuette des heiligen Nikolaus mit den drei Goldkugeln in der Nordostecke des Langhauses. Dahingegen ist das Altarblatt des Heiligen erst nachträglich in den ursprünglich für eine Schmerzensmanndarstellung konzipierten, um 1670 entstandenen Altar eingesetzt worden (Abb. S. 20). Ein Geißelheiland (18. Jh.) sowie eine Pieta in einem Glasschrein (um 1700) bereichern zusätzlich die Kapelle.

Rosenheim (ehern. Gschieß), St. Anna - Patrozinium 26. Juli
Fährt man von Gendorf weiter nach Nordwesten, gelangt man nach kurzem in den Ortsteil Rosenheim. Um 1200 erstmals urkundlich erwähnt, ist der ursprüngliche Ortsname Gschieß erst 1956 nach den einstigen Ortsherren in Rosenheim umbenannt worden. Der ursprünglich der heiligen Magdalena geweihte Kapellenbau, letztmals 1966/67 restauriert, ist im Aufbau weitgehend mit der Gendorfer Kapelle vergleichbar, wenn auch der Turm hier als Dachreiter ausgebildet ist. In die Außenwände sind zwei Reste römischer Grabsteine aus Teurnia (St. Peter im Holz) eingemauert - ein Architravstück mit Delphin und Dreizack am linken Portalpfeiler sowie ein halber Giebel mit Bildnis, Blattkranz und Triton (Meereswesen) an der südwestlichen Ecke.

Im Inneren des im 15. Jh. entstandenen Kirchenbaues hat sich der Teil eines Georgsfreskos mit dem Drachen erhalten (Mitte 15. Jh.). Dagegen wird der Chorraum durch die eher barocke Umgestaltung geprägt, zu der auch eine flache Stuckdecke mit Trinitätsdarstellung und lockeren Akanthusranken aus dem beginnenden 18. Jh. gehört. Eine blaumarmorierte Altarwand mit Opfergang, 1805 überarbeitet, mit Skulpturen der Anna Selbdritt, der Heiligen Josef und Joachim sowie im Aufsatz des Erzengels Michael zwischen weiteren Engeln, schließt den Chorraum nach Osten ab.

Lampersberg, St. Lambert (Lambrecht) Patrozinium 17. September
Auf 950 m Höhe am Hang des Lampersberges, etwa eine Dreiviertelstunde zu Fuß von Rosenheim entfernt, erreicht der Besucher über Forstwegen in der Nachbarschaft eines letzten, heute leerstehenden Anwesens, die Kapelle des heiligen Lambertus, des Bischofs von Maastricht (640-706). Zweimal im Jahr erwacht der einsame Kapellenbau mit seiner herrlichen Aussicht über das Drautal zum Millstätter See aus seiner beschaulichen Ruhe, wenn hier Gottesdienste und eine Wallfahrt durchgeführt werden. Zuletzt in einem erbärmlichen Zustand, wurde der um 1500 errichtete Saalbau mit 3/8 Schluss und hölzernem Dachreiter 1971-73 grundlegend restauriert und wieder nutzbar gemacht.

Auch St. Lambert birgt in seinem Inneren eine auserlesene Besonderheit, für die der Besucher den Blick zur Decke richten muss. Es ist eine aus verschieden breiten Brettern gezimmerte Flachdecke, die tapetenartig mit einer farbenfrohen Schablonenmalerei aus Maßwerk- und Rosettenformen, Blatt- und Bandwerk sowie Inschriften überzogen wird. Gibt es nur noch wenige Beispiele dieser seltenen Technik in Kärnten, wie z.B. auch in St. Leonhard bei Schlanitzen, so haben wir hier zudem das am besten erhaltene Beispiel dieser ländlichen Technik vor Augen. Über dem Hochaltar wird mit Bittinschriften der Ortsheilige Lambertus als Bischof wiedergegeben. Die Malerei der um 1500 entstandenen Holzdecke setzt sich auch im oberen Bereich der Wände fort.

Der barocke Hochaltar aus dem zweiten Viertel des 18. Jhs. mit doppelter Säulenstellung, einer Statue des heiligen Lambert und einem Verkündigungsbild im Aufsatz fügt sich dem spätgotischen Raum harmonisch ein. Dagegen werden die einst hier aufgestellten Altarflügel mit Marien- und Christusthematik, noch vor 1490 entstanden, seit 1946 im Diözesanmuseum von Klagenfurt aufbewahrt.

Würdigung
Wenn auch die Ausstattung vielfach von barocken Beispielen geprägt wird, ist es doch die Kunst des späten Mittelalters, die die Kirchen von Bald­ ramsdorf in erster Linie bestimmt. Ob nun der ungewöhnliche, zweischif­ fige Hallenraum der Pfarrkirche mit ihrem eindrucksvollen Netzrippenge­ wölbe oder auch nur die bescheidenen, kleinen Innenräume der Kapellen, es spricht aus ihnen der weitgehend unverfälschte Geist der Spätgotik.

Höhepunkte stellen die verschiedenen Ausstattungsstücke dar, wie das einzigartige Fastentuch, das unter den 23 in Kärnten erhaltenen Exemplaren eine herausragende Stellung einnimmt. Auch die qualitätvolle Statue des hl. Martin im Hochaltar oder die kleine Nikolausstatuette in Gendorf legen Zeugnis ab von der hohen künstlerischen Stilstufe der Region zu ihrer Entstehungszeit. Wer gar den mühevollen Aufstieg zur Lambertuskapelle nicht scheut, wird dort durch den Anblick der sonst kaum mehr erhaltenen, spätgotischen Schablonenmalerei belohnt - oder auch, etwas profaner, durch die großartige Aussicht.

Nicht übersehen werden sollten auch die vielfältigen Wandmalereien in St. Martin, an denen sich wie in einem Lehrbuch die Malereientwicklung des 16. und 17. Jhs. ablesen lässt. Bei aller Liebe zu der frühen Kunst verdienen aber auch die Altäre der Barockzeit mit ihrem zum Teil beachtenswerten Statuenschmuck, dass der Besucher nicht achtlos an ihnen vorüber geht. Besonders die Himmelskönigin in der Mitte der Martinskirche wird dabei sicher die Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

Wer die Baldramsdorfer Kirchen mit ausreichender Muße durchstreift, sich dem Reiz dieser Sakralbauten gegenüber offen erweist, wird hier noch so manche Entdeckung für sich persönlich machen können.

Karen Schaelow