Pfarre

Amlach

Fair play und fair pray gehören zusammen

Predigt von Stadtpfarrer Ernst Windbichler am 4. Sonntag der Osterzeit (Joh 10, 1-10)

Lange hat man gezögert und gehofft, aber nun ist es fix, heuer gibt es keine Fußball-EM. Sie wird auf nächstes Jahr verschoben. Aber auch dann wird es wieder sein, wie immer: Man hat das Gefühl, es bricht eine neue Welt an, wenn es so weit ist. Alles dreht sich nur mehr ums runde Leder und die restlichen Probleme und Sorgen sind vergessen. Aber nicht nur das runde Leder dreht sich, auch die runde Welt dreht sich weiter und fragt nach Lösungen und Möglichkeiten, wie wir gut miteinander umgehen können, wie wir das Spiel des Lebens meistern. Jesus ist es heute wieder, der uns daran erinnert, dass wir es nicht meistern, wenn wir es ohne Gott spielen. Wenn das Spiel des Lebens gelingen soll, wenn es kein Schlachtfeld, kein Trümmerhaufen, keine Wüste werden soll, dann müssen wir Gott ins Spiel bringen. Vielleicht können wir auch da ein wenig lernen vom König Fußball, von seinen Regeln und Zusammenhängen.

Alles beginnt mit dem Anpfiff

Da gibt es bei jedem Spiel zuerst den Anpfiff: der Schiedsrichter bläst in sein Pfeiferl und das Spiel beginnt mit dem Ankick. Normalerweise ist ein Anpfiff ja nicht gar so positiv, wenn er etwa von meinem Vorgesetzten kommt, im Fußball aber beginnt alles mit dem Anpfiff. Auch Gott beginnt das große Spiel der Welt mit einem Anpfiff: er bläst in die Nase des Menschen seinen Lebensatem, so heißt es in einem schönen Bild im Buch Genesis. Auch wenn wir uns in diesen Zeiten vor einem allzu heftigem Anhauch fürchten, sein Lebensatem ist immer lebensspendend, sogar, wenn wir nicht nach seiner Pfeife tanzen, auch und gerade dann, wenn wir einmal „aus dem letzten Loch pfeifen“, im Tod.

Man mag von Gottesbeweisen halten, was man will, den Glauben können sie sowieso nicht erzeugen. Aber das Rätsel, wie alles einmal begonnen hat, das haben auch die klügsten Köpfe bis jetzt nicht gelöst. Entweder glaubt man an die Ewigkeit der Materie oder alles hat einen Anfang. Die Bibel sagt: an diesem Anfang steht Gott, er macht den Anpfiff. Er ist es, der alles, und auch mich ins Leben ruft.

Verpflichtung zum Fair-play

Gott aber will, dass dieses Spiel ein fair play ist: er sah, dass es gut war, so heißt es im Schöpfungshymnus wie in einem Refrain. Die Regeln sind fair, aber die Menschen haben ihre Freiheit dazu benützt, um unfair zu spielen. Mein Leben wird nur ein fair play, wenn es auch ein fair pray wird, das Leben gelingt nur, wenn es auch mit einem guten Gebet zu tun hat. Ein Gebet ist dann fair, wenn wir nicht die ganze Arbeit dem lieben(den) Gott allein überlassen und die Hände in den Schoß legen. Fair play und fair pray gehören zusammen.

Deshalb dürfen wir nun einen Blick auf die Spieler werfen. Im Fußball sind die Rollen fix verteilt: Verteidiger, Mittelstürmer, Libero, Tormann. Im Leben wechselt es oft: du kannst nicht immer nur Verteidiger sein, manchmal gilt es auch, nach vorne zu stürmen. Jeder hat seine Rolle, und jede Rolle ist zur rechten Zeit gut. Manchmal muss man da auch bei sich selber ein guter Schiedsrichter sein und sich fragen: bin ich dafür geeignet? Wo habe ich ein Foul gemacht? Jeder hat seine Gabe, sein Talent, oder sein Charisma, wie der Apostel Paulus sagen würde. Wichtig ist, dass wir zusammenspielen, einander den Ball zuspielen, einander das Gute zutrauen, eine Gemeinschaft sind, die auch dann nicht zerbricht, wenn einer einmal ein Eigentor schießt. (Nach meinem ersten Eigentor in der Schulmannschaft habe ich meine Karriere als Fußballer beendet. Noch dazu habe ich dazu gejubelt, wie peinlich!). Sicher, manchmal dribbelt einer ein Solo nach vorne und es gelingt ihm ein Tor, aber das ist eher die Ausnahme.

Auf jeden Fall ist es gut, eher im Mittelfeld zu spielen, wer immer nur rechts außen oder links außen steht, neigt zu Extremen. Der rechte Flügel und der linke Flügel in der Politik und in der Kirche, das ist wie mit einem Vogel: beide Flügel werden von der Mitte getragen und müssen von dort bewegt werde, sonst geht nichts weiter.

Das Wichtigste für einen Spieler aber ist, dass er spielt. Dass er sich nicht zurückhält, herumsteht oder gar nur auf der Reservebank sitzt. Jeder Mensch und ganz besonders jeder Christ ist aufgefordert, mitzuspielen in diesem großen Spiel, das ein ganzes Leben dauert. Es gibt leider so viele Zuschauer, so viele, die nur klatschen oder kritisieren.

Gott hat uns alle zum Mitspielen berufen

Wenn wir heute den Weltgebetstag für kirchliche Berufe halten, so muss das auch einmal gesagt werden: auch eine Pfarre ist wie ein großes Stadion, und da sind ein paar Leute, die rennen: der Pfarrer, die Pfarrgemeinderäte, einige Mitarbeiter. Dann natürlich auch die Mönche, die Ordensfrauen, die Religionslehrer, Diakone, Pastoralassistenten. Aber es sind immer noch zu wenige. Es ist die große Mehrheit, die in den Rängen sitzt und die man nur dann hört, wenn etwas daneben geht, selten auch dann, wenn etwas gelingt und schon gar nicht dann, wenn alles normal verläuft, was ja auch nicht selbstverständlich ist.

Natürlich ist das immer noch besser, als die jetzt geplanten „Geisterspiele“ ohne Zuschauer, aber gerade in der Kirche brauchen wir „Mitläufer“ im guten Sinn.

Vielleicht liegt es auch daran, dass wir nicht gut spielen, zu wenig begeistert und mitreißend, oft schon ein wenig müde und resigniert. Das könnte sich auch noch ändern.

Gott aber hat uns alle zum Mitspielen berufen, zum Helfen, zum Tragen, zum Beistehen, zum Denken, Reden und Handeln. Jeder darf darauf vertrauen: Er ist wie ein guter Hirte, der jedes Schaf beim Namen kennt, heute müssten wir sagen: wie ein guter Trainer: er kennt meine Stärken und meine Schwächen, er wird mich schon an die richtige Stelle setzen. Deshalb heißt heuer auch das Motto dieses Tages: Habt keine Angst!

Die Richtung schließlich, auf die das ganze Spiel nun hinzielt, wo alles hinläuft, das ist das Tor. Wie ein Magnet zieht es die Spieler an. Jesus sagt uns heute im Evg.: Ich bin die Tür, ich bin das Tor, wer durch mich hindurchgeht, der wird das Leben finden. Leider sind wir für uns selbst und für die anderen oft allzu gute Torleute und Verteidiger, wir hindern uns selber und uns gegenseitig am Glück: aber manchmal gelingt der Durchbruch und wir spüren das Leben.

Torjubel und Glück in Fülle

Wie ein Fußballspieler, der ein Tor schießt: der genießt, wenn auch nur für einen Augenblick, dieses Glück in Fülle. Jesus verheißt uns ein Leben, das nicht von Raum und Zeit beschränkt ist. Seit Ostern wissen wir: wer nach seinen Spielregeln spielt und auf seine Stimme hört, der kann nur gewinnen. Wir sind eine große Mannschaft aus allen Nationen und Völkern, durch die Taufe und die Firmung sind wir aufgenommen in sein Team, ohne Prüfung, ohne Leistung, ohne Konditionstest. Er vertraut auf uns und rechnet mit uns. Wo wir uns selbst ins Spiel bringen und Gott ins Spiel bringen, da brauchen wir uns nicht zu fürchten vor Hooligans und Schlachtenbummlern und wir werden nicht absteigen, absteigen in das Reich des Todes. Denn diesen Abstieg hat Christus schon an unserer Stelle geleistet und ihn in einen Aufstieg verwandelt. Das Spiel des Lebens, es geht seitdem immer in die Verlängerung, in die Verlängerung des ewigen Lebens.