Pfarre

Amlach

Berührt und nicht geschüttelt: Ein österliches Frühstück am See (Joh 21,1-14)

Predigt von Stadtpfarrer Ernst Windbichler

Wie eine liebende Mutter, wie sorgende Eltern, spricht in der österlichen Morgendämmerung der Auferstandene seine mutlosen und verzagten Jünger an: Meine Kinder, sagt er. Er könnte sie auch am Kragen packen, sie schütteln und ihnen vorwerfen: ihr Versager, habe ich es euch denn nicht gesagt, dass es ohne mich nicht geht. Was macht ihr denn da in euren Booten, ihr sollt doch hinausgehen in alle Welt, marsch marsch und husch husch. Nein, meine Kinder, sagt er.

So beginnt ein tröstlicher und aufbauender österlicher Sonnenaufgang am Ufer des Sees Genezareth. Die allzu menschliche Nacht des Misserfolgs wird zur erfüllten Herrgottsfrühe, die Heidenangst zur Glaubensgewissheit.

Der Auferstandene gibt seiner Kirche freien Lauf und bleibt doch bei ihr und bei uns

Ostern, das ist wie eine Ent-Bindung: er lässt seine Freunde los, er durchtrennt die Nabelschnur, er nabelt sie ab, er gibt sie her, er stellt sie mitten ins Leben, er gibt seiner Kirche freien Lauf und bleibt doch bei ihr und bei uns, in schönen und schweren und auch ganz gewöhnlichen Tagen, in den Tagen der Krise und Unsicherheit, so wie jetzt, aber auch und gerade in solchen Grenzsituationen der Erfolglosigkeit, wo wir, wie damals die Apostel, im Trüben fischen.

Einfühlsam ermuntert und ermutigt er sie dann: Seid nicht traurig, lasst doch den Kopf nicht hängen. Versucht es noch einmal, wagt einen neuen Anfang. Probiert etwas Neues. Geht andere Wege. Sie lassen sich ein auf das Wagnis und das Netz wird voll und übervoll.

153 Fische. 17, das ist die Zahl der Fülle. Wenn man die Zahlen von 1-17 zusammenzählt, ergibt das 153. Alle sind eingeladen, will das heißen, Groß und Klein, und Alt und Jung, Progressiv und Konservativ, Ängstliche und Mutige, jeder hat sein Ansehen und jeder hat seinen Wert, keine Angst, das Netz, das hält stand und es zerreißt nicht.

So überrascht er seine frustrierte Bootsmannschaft, diesen müden Haufen. Da können sie noch so früh aufstehen, diese fischenden Nachtarbeiter, da können sie noch so viel arbeiten, diese wankelmütigen Workoholiker, Jesus ist immer schon wach, „der Hüter Israels schläft und schlummert nicht“, heißt es in den Psalmen, und wartet ihnen auf mit seinen unglaublich schönen Bescherungen.

Auftischen, einladen und servieren für das "heilige Picknick"

Dann macht er ihnen das Frühstück. Kinder machen oft das Frühstück für ihre Eltern. Nicht nur am Muttertag oder in Zeiten der Quarantäne. Mama, Papa, weil ich dich so lieb hab, bekommst du das Frühstück ans Bett. Und die liebe Mama macht oft gute Miene dazu und wagt nicht daran zu denken, wie wohl die Küche ausschaut. Jesus macht es jedenfalls umgekehrt für seine erwachsenen Kinder: Er selbst tischt auf, er lädt ein, er serviert, der mütterliche Gott verwöhnt seine apostolischen Kirchenmänner, seine erwachsenen Sorgenkinder, und lädt ein zum heiligen Picknick. Ja, man könnte sagen: er stillt sie: mit seinen Wort, mit seiner unaufdringlichen Anwesenheit, mit seiner unauffälligen Begleitung. Nun sind sie nicht mehr geschüttelt, weder von ihrer Angst und von ihm schon gar nicht, sie sind berührt von seinem heilsamen Anschupser, der sie in die Zukunft weist.

Und das macht er heute noch, bei jeder Heiligen Messe: er tischt auf und er tischt sich selber auf, er gibt sich zur Speise in seinem Wort und in seinem Brot. Ostern muss immer sein, selbst wenn die Schokoladenfabriken zusperren, die Hühner zum Legen aufhören und es auf der ganzen Welt keinen Schinken mehr gäbe. Jeder Sonntag ist ein österlicher Verwöhn-Tag für uns: der väterliche und mütterliche Gott verwöhnt uns, seine verwöhnten Kinder, seine oft so undankbaren Freunde.

Mögen wir es dankbar erkennen und annehmen, es genießen und darüber immer wieder neu froh werden.