Dekanat

Dekanat St. Andrä im Lavanttal

Hinkt die Kirche hinten nach?

Wissenschaft versus Kirche - Gedanken von Dechant Dr. Gerfried Sitar

Unter diesem Übertitel hat der heutige „Kurier“ einen Vergleich gebracht, der Kirche und Wissenschaft nebeneinander stellt. Wer hat die richtige Antwort auf das gegenwärtige Chaos? Das weiß wohl am besten das Hobellied in Ferdinand Raimunds Verschwender: „Der Eine heißt den Andern dumm, am End´ weiß keiner nix!“ Und mitunter hat man das Gefühl, dass alle wie Marionetten an den Fäden der Medien hängen, die Richtungen festlegen, die dann absoluter Mainstream sind.

Wenn man liest, die Kirche müsste mutiger und entschlossener auftreten, dann ist das vermutlich richtig – allerdings nicht, wenn man Kirche richtig versteht. Mit mutig auftreten ist wohl das Tun der Repräsentanten der Kirche gemeint. Das allerdings ist sehr schwierig in einer Zeit, in der das gesetzliche Korsett sehr eng geschnürt ist. Gegen das Gesetz zu handeln und zu den Menschen zu gehen, würde vermutlich nicht gut ankommen und so schnell kann gar keine Infektion bei einer kirchlichen Veranstaltung geschehen, als eben diese Medien, die mehr Mut und Entschlossenheit fordern, den Scheiterhaufen errichtet hätten, der rasch entzündet wäre. Eines ist allerdings klar, in diesen Zeiten von „Strafe Gottes“ und „Rechnung für das Tun“ zu reden, ist sicher derselbe Nonsens, wie sich zu verbarrikadieren und auf Tauchstation zu gehen, bis die Luft wieder rein ist. Was allerdings bleibt der „Kirche“ an Instrumentarien, um am Ende mutig und entschlossen zu sein?

In Italien sind nachweislich mehr Priester als Ärzte im Kampf gegen Corona gestorben, weil sie den Menschen beigestanden sind. Angesichts dieser Tatsache wird die öffentliche Meinung sicher auseinanderklaffen, die Einen werden von Helden sprechen, die anderen von Realitätsverweigerern und Verrückten. Was uns fehlt, das sind Menschen in der Führungsetage, die Mut und Zuversicht versprühen, und nicht mit wehleidigen Mienen sich hinter irgendwelchen „Lehrsätzen“ verstecken. Das ist sicher ein berechtigter Vorwurf! Allerdings kann der Vorwurf nicht sein, dass man sich an Gesetze hält, um die Verbreitung des Virus zu verhindern.

Wenn ein Zukunftsforscher Matthias Horx mit positiven Prognosen an die Öffentlichkeit tritt, dann lesen diese Texte Millionen, weil es genau das ist, was die Menschen jetzt brauchen: Ausblicke! Visionen! Lebensperspektiven! Dass wir es hier nicht mit einem Weltuntergang zu tun haben, das ist wissenschaftlich erwiesen, aber als Kirche verkünden wir den Karfreitag leider oft nicht so, dass wir an einen Ostermorgen glauben. Ist das nicht unsere eigentliche Botschaft? An das Licht zu glauben, auch wenn wir uns in der Finsternis immer wieder den Kopf stoßen? Als Zeichen der Hoffnung wollte ich am Karsamstag ein „Drive in“ für die Segnung der Osterspeisen organiseren. Das ist leider gesetzlich nicht möglich! Ich denke aber, dass die Beschränkungen unsere Kreativität fördern müssen. Wir glauben doch schließlich an das, woran wir glauben und das heißt, dass wir an die Auferstehung glauben, um es mit KURZen Worten zu sagen: „Koste es, was es wolle!“ Man merkt leider zu wenig davon, weil wir alle von einer Unsicherheit gefangen gehalten sind. Am End weiß keiner nix. Wir alle – Wissenschaft und Kirche – haben mangels an Erfahrung im Umgang mit diesem Virus keine gültigen Antworten.

Es wird alles gut! Das ist die Botschaft, die uns Jesus in seiner Auferstehung vermittelt. Es ist nicht eine Botschaft, die ein Zukunftsforscher neu erfunden hat – dieser hat es allerdings verstanden, seine Kontakte und Kanäle zu nutzen, um diese Botschaft weiterzugeben. Ich glaube fest daran, dass alles gut wird und dass die Menschen einfach aus dieser Krise lernen sollen. Krise bedeutet eigentlich Wendepunkt – und das ist für den Optimisten in jedem Fall die Wende zum Guten. Wenn wir aus dem Heute lernen, werden wir das Morgen neu leben können. Das bedeutet nicht, dass die momentane Situation eine Strafe ist, sondern eine Chance, neue Wege des Miteinander zu erkennen und dafür sensibler zu werden: die Solidarität mit den Alten, das Zusammenrücken in der Nachbarschaftshilfe, die Caritas – Dasein für den Nächsten. Es heißt keinesfalls, dass das Vorher nur schlecht war – es ist, um es vielleicht in der heute verständlichen Computersprache auszudrücken – ein Update. Wer das durchaus kritisch betrachtet merkt schnell, dass es nicht auf das ankommt, was wahrgenommene Vertreter der Kirche sagen oder nicht sagen können, sondern darauf, dass das, wo Menschlichkeit aus der Überzeugung christlicher Werte gelingt, Kirche mehr denn je lebendig ist, denn JEDE und JEDER, der so handelt, trägt ein Stück mehr zur Lebendigkeit der Kirche bei. Wir dürfen uns jetzt nicht im Aktivismus verlieren, sondern versuchen, das was wir im engsten Umfeld leisten können, zu tun! Und das beginnt schon damit, dass wir einander Mut machen uns gegenseitig wieder die Sonne zeigen und nicht die düsteren Wolken!