Pfarre

Lind im Drautal

Ministrant sein - mehr als Altardienst

Zu so etwas sagt man wohl „lebendiger Altarraum“. Zehn und mehr Ministranten sind jeden Sonntag in Lind im Drautal bei der Sonntagsmesse dabei. von Ingeborg Jakl

Der Schlüssel knarzt im Schloss. Bedächtig öffnet Alexander Rohrer (14 Jahre) den großen Holzkasten in der Sakristei von St. Bartholomäus in Lind im Drautal. Da hängen sie: zwölf Kutten und sechs Umhänge, ordentlich auf Kleiderbügeln, exakt durchnummeriert. „Die vorderen Zahlen gehören den kleinen, die hinteren den größeren Ministranten“, erklärt er, der erfahrene Oberministrant, der kleinen Maria. „Und das ist deine Kutte.“
Maria ist mächtig aufgeregt, immerhin ist es heute das erste Mal, dass sie die Kutte probieren darf. Die Achtjährige ist vor zwei Wochen zur Erstkommunion gegangen und darf nun „endlich“ auch mit dem Dienst am Altar beginnen. Sie lässt sich von Alexander genau erklären, wie das Gewand sitzen muss, worauf beim Kragen zu achten ist und welche Farbe das Zingulum, der Gürtel, zu welchen Festen hat. Alexander wirft noch einen prüfenden Blick auf die kleine Anwärterin, zupft fachmännisch den Kragen zurecht und meint dann erleichtert,: „Es passt.“
Währenddessen blickt Mesnerin Renate Mößlacher auf den „Mini“-Dienstplan. Bis Ende Jänner 2012 stehen hier schon die Dienste fest. „Vorausplanung ist alles“, sagt sie, die ihre 23 Ministranten und jetzt zwei neue genau kennt und auch weiß: „Auf alle ist Verlass.“ Und sollte wirklich einmal einer aus der Schar verhindert sein oder ausfallen, dann wird untereinander problemlos getauscht.


„Ministrantenlatein“
Das Gemeinschaftsleben in der Pfarre Lind wird groß geschrieben. Hier gehört der Besuch des Sonntagsgottesdienstes wie selbstverständlich dazu. Seit Renate Mößlacher und ihr Mann Sepp die Mesnerei in der Pfarre vor sechs Jahren übernommen haben, ist auch für Dechant Hermann Rindler die Organisation der Ministranten auf die beiden übergegangen. Und damit hat auch das so genannte „Ministrantenlatein“ Einzug in die Sakristei genommen.
Ministrantenlatein? Lautlose Verständigung am Altar nennt Mößlacher das. Die Zeichensprache wird eingesetzt, wenn es um das zeitgerechte Läuten oder Aufstehen und Niederknien geht. „Wir haben das inzwischen perfektioniert“, schmunzelt Mößlacher, die stets den Überblick von der Sakristei aus behält.
Wenn sie am Sonntagmorgen eine halbe Stunde vor Beginn des Gottesdienstes vom angrenzenden Pfarrhaus hinüber zur Kirche geht, stehen oft schon die ersten „Minis“ vor der verschlossenen Sakristei und warten. Während sie die Vorbereitungen trifft, erklären die Älteren den Jüngeren, worauf es beim Ministrieren besonders ankommt, werden gemeinsam die verschiedenen Aufgaben am Altar durchgesprochen. Und natürlich gilt ein besonderer Blick der Punkteliste. Sie wird genau studiert. Hier ist jede Ministrantin und jeder Ministrant erfasst mit der jeweiligen Punktezahl für die Dienste am Altar.
Extrapunke gibt es beispielsweise für das Vorbeten bei den Werktagsmessen, die Fürbitten oder das Vortragen der Lesung. Besonders viele Punkte hat bereits Maria Schluder eingeheimst. Allerdings ist sie auch familiär vorbelastet. Vater Hermann war seinerzeit schon Oberministrant, da liegt es quasi auf der Hand, dass die Tochter gewissenhaft in seine Fußstapfen tritt.
So wie sie entscheiden sich auch heute noch viele Kinder und Jugendliche dafür, im Gottesdienst zu helfen. Dechant Rindler lädt die Buben und Mädchen direkt nach dem Empfang der Erstkommunion ein, ihm am Altar oder bei anderen pfarrgemeinschaftlichen Anlässen wie Prozessionen, Begräbnisse u. Ä. zu assistieren. Er besucht alle Volksschulen im Dekanat, um Werbung in eigener Sache zu machen.


350 Minigruppen
In Kärnten gibt es 350 Ministrantengruppen mit 2.922 Ministrantinnen und Ministranten. Dem gegenüber stehen 120 Jungschargruppen mit 1.657 Jungscharkindern, berichtet Brigitte Weber, spirituelle Begleiterin der Jungschar und somit auch für die „Minigruppen“ zuständig. Die Zahlen sind seit Jahren konstant, obwohl es durchaus große Schwankungen gibt. Gerade wenn die Firmung vorbei ist, gehen die meisten „Minis“ ihre eigenen Wege. „Leider“, sagt Weber, aber, fügt sie hinzu, „es gibt immer Ausnahmen, Burschen und Mädchen, die sich um die Jüngeren kümmern, ihnen ein Vorbild sind“.
Das Ministrantendasein beschränkt sich nicht nur auf den liturgischen Dienst. „Minis“ sind auch eine Gemeinschaft in der kirchlichen Jugendarbeit. Oft treffen sich die Buben und Mädchen zu Gruppenstunden, fahren zusammen weg oder organisieren Feste. In Lind gibt es einen jährlichen Ministrantenausflug. Heuer geht es in die Eisriesenwelt Werfen bei Salzburg. Dechant Rindler hat schon den Bus gechartert. Das ist sein Dank und eine kleine Anerkennung für den verlässlichen Ministrantendienst Sonntag für Sonntag. Lisa, Lukas, Anna und Tim bringen es auf den Punkt: „Es macht Freude, gemeinsam am Altar zu stehen.“
Und dann gibt es noch einen Ausflug in die nähere Umgebung mit dem Mesnerpaar Mößlacher. Mit Unterstützung der Eltern geht es per Rad oder zu Fuß Richtung Alm oder Baggersee. „Gemeinschaft erleben“, so Mößlacher, sei wichtig.
Daneben sorgen auf regionaler Ebene Veranstaltungen wie Wallfahrten oder Ministrantentage für das Kennenlernen über Pfarrgrenzen hinweg. Renate Mößlacher unterstreicht: „Nur wenn wir auf einander schauen, sehen, was der andere braucht, gelingt das Zusammenleben. Ministrant sein hört nicht an der Kirchentür auf.“