Pfarre

Berg

Josef hat bereits im Kindergarten für das Hirtenspiel geprobt

Vor 150 Jahren entstanden: Die Theatergruppe Berg im Drautal führt heuer wieder das Berger Hirtenspiel auf

Alter Text, modern gestaltet, mitreißend inszeniert für unsere Zeit. So lässt sich das Hirtenspiel der engagierten Theatergruppe aus Berg im Drautal in kurzen Worten beschreiben. von Ingeborg Jakl

Auf Herbergsuche: Maria und Josef suchen verzweifelt. (© Foto: www.brunnerimages.at)
Auf Herbergsuche: Maria und Josef suchen verzweifelt. (© Foto: www.brunnerimages.at)

„Nimm jetzt einen Schal und zieh den Mantel an, damit du dich vor der Premiere nicht verkühlst“, sagt Anita Profunser besorgt zu Annalena Unterwaditzer, die gerade mit viel Emotion die Verkündigungsszene vorgetragen hat. Die 17-jährige Schülerin spielt die Maria, ist in jedem Augenblick textsicher und versteht es, ohne große Gestik ihre innere Befindlichkeit auf die Bühne zu bringen.
Der Kulturraum in Berg im Drautal ist an diesem Abend Schauplatz einer letzten Probe für das Berger Hirtenspiel. Es ist kalt, sehr kalt sogar, aber dafür kochen die Emotionen hoch. Vor allem wenn Josef, gespielt von Georg Fleißner, sich pötzlich mit der Situation auseinandersetzen muss, dass „seine Maria“ schwanger ist, aber nicht von ihm. Eine für ihn zunächst unerträgliche Situation. „Und das möchten wir auch rüberbringen“, sagt Unterwaditzer in ihrer Rolle der Maria.

„Wir haben für unsere diesjährige Inszenierung ganz bewusst einen jugendlichen Josef gewählt“, erklärt Anita Profunser. „Das ist zeitgemäßer und wir können darstellen, wie sehr Maria und Josef mit der Entscheidung, zusammenzubleiben, gerungen haben. Auch für jüngere Zuseher ist das nachvollziehbarer“, ist sie überzeugt. Gemeinsam mit Jutta Jester ist sie für die Regie verantwortlich. Und die beiden Frauen haben es sich mit dem bekannten Berger Hirtenspiel nicht leicht gemacht.


100 Mäntel und Stühle

Nach alter Tradition wird es alle zehn Jahre aufgeführt. Der Originaltext für das Stück stammt aus dem Jahre 1868. Mehrere überlieferte Abschriften liegen im Ort vor. Neben den Textpassagen ist das Hirtenspiel mit Liedern durchwoben, die ebenfalls aus dieser Zeit stammen. Und das zusammen macht den Reiz eines uralten Stückes mit Geschichte, aber heutiger Präsenz aus. „Wir wollen den Brauch fortsetzen“, bekräftigt Profunser mit Zustimmung aller Beteiligten. Dazu gehört auch, dass der Text beibehalten wird. „Heuer haben wir allerdings die Gewänder der Akteure verändert“, sagt sie. Maria, Josef, Herodes, die Könige und auch die Hirten tragen zeitgemäße Kleidung.

„Es gibt heute Millionen Paare wie einst Maria und Josef“, sagt dazu Hans-Peter Profunser, der für das Bühnenbild verantwortlich ist. „Tagtäglich werden wir mit Flüchtlingsbildern aus dem geschundenen Syrien konfrontiert, Herbergsuche ist gerade hier und jetzt ein Thema, das niemanden unberührt lassen sollte.“ Seine Installationen auf der Bühne sowie auf dem Weg zum Kulturhaus unterstreichen das eindrucksvoll. Gebraucht hat er für sein Werk 100 Mäntel, Stühle und eben so viele Müllsäcke. Die von ihm gestalteten sprachlosen Figuren säumen den Weg, erinnern stets daran, wie Menschen in den Kriegsgebieten heute unterwegs sind. Mit dem Nötigsten am Leib und den wenigen Habseligkeiten im Plastiksack. Eindrucksvoller lässt sich eine Herbergsuche in unserer Zeit nicht darstellen.


In den Familien verwurzelt

Für das Ensemble, bestehend aus 17 Akteuren, 16 Sängerinnen und Sängern und den vier Musikern, ist das Hirtenspiel zu einem untrennbaren Bestandteil des Advent geworden. „Mit dem Berger Hirtenspiel gehen wir auf Weihnachten zu“, beschreibt Anita Profunser das Gefühl, das die Proben in ihr auslösen. Für sie und ihr Team ist das Proben,  egal wie stressig oder turbulent es sein mag, eine kleine Lehrstunde und Vorbereitung auf Heiligabend hin. „Wir gehen bewusst gemeinsam auf Weihnachten zu“, sagt sie aus tiefer Überzeugung.

„Im Prinzip geht es bei jeder Aufführung in den vergangenen Jahrzehnten um dasselbe, die Botschaft ist ja die gleiche. Aber wir erzählen sie immer wieder aus einer anderen Perspektive“, so Profunser. In diesem Jahr soll es zum Abschluss das gemeinsame Lied „O Jubel, o Freud, glückseliges Zeit“ geben, bei dem alle Akteure in den historischen Gewändern auf der Bühne stehen. Schon bei den Proben seit der Sommerzeit waren die Darsteller, Sänger und Techniker mit Leidenschaft dabei.
Das Engagement der vielen Freiwilligen aus der Gemeinde zeigt einmal mehr, wie sehr das Hirtenspiel in den einzelnen Familien verwurzelt ist. Der Vater von Annalena Unterwaditzer, Alois, spielte vor zehn Jahren den Josef. Und sein Vater wiederum spielte die Rolle Jahrzehnte zuvor. Selbst Josef, alias Georg Fleißner, kann schon auf Spielerfahrung zurückgreifen. Er war bereits im Kindergarten, vor über 20 Jahren, beim Krippenspiel als Josef dabei.

„Beim Berger Hirtenspiel wird immer Wert darauf gelegt, dass einerseits die klassische Weihnachtsgeschichte wiedergegeben wird und dass andererseits eine Übertragung der biblischen Botschaft in die heutige Zeit geschieht“, sagt Josef Sattlegger. Er ist für die Musik verantwortlich, nicht nur für die fünf Singstücke, sondern auch für die musikalischen Überleitungen der einzelnen Szenen. „Die Musik untermalt eindringlich, bringt das Stück voran und unterstreicht gezielt den Ausdruck der modernen Bildsprache“, ist Sattlegger überzeugt.

Die Inszenierung reißt die Zuhörer mit, nimmt sie mit auf den Weg in die Geschichte. Es ist eine Laienproduktion, in der viel Herzblut, Engagement und durchdachte Ideen stecken. Das hört man, das kann man erleben und dafür ist sie gemacht. Ein Adventgeschenk, nicht nur für die Gemeinde.

Premiere:
Sonntag, 7. Dezember,
weitere Aufführungen:
Donnerstag, 11., Freitag, 12., und Sonntag, 14. Dezember.
Beginn ist jeweils um 20 Uhr im Kulturhaus.
Vorverkauf € 14,–, Abendkasse € 16,–

in allen Bankstellen der Raiffeisenbank Oberdrautal-Weissensee
 
Infos:
Josef Sattlegger,
Tel. 0650/2608601