Organisation

Fest der Barmherzigkeit

Grüße und Segen von Papst Franziskus

S.E. Erzbischof Jan Romeo Pawlowski: Predigt am Barmherzigkeitssonntag 2019 in der Markuskirche in Wolfsberg

Wir sind mitten in der Osterfreude, die nicht nur die ganze Oktav, sondern auch dieganze Osterzeit bis Pfingsten dauert. Das Evangelium in diesen österlichen Tagen berichtet uns von mehreren Begegnungen Jesu mit seinen Jüngerinnen und Jüngern, denen er sich als der Lebendige offenbart.

Ich bin voll Freude und Dankbarkeit, dass ich heute an dieser Zelebration des Festes der Barmherzigkeit in Wolfsberg teilnehmen darf und danke Stadtpfarrer Dr. Christoph Kranicki ganz herzlich für die Einladung. Zugleich bedanke ich mich bei allen, die dazu beigetragen haben, dass wir heute so festlich und schön die Barmherzigkeit Gottes feiern können. 

Bereits zum dritten Mal wird hier in der Stadt Wolfsberg das Fest der Barmherzigkeit organisiert. Ein Sprichwort sagt, dass alle guten Dinge drei sind, aber wir glauben fest daran, dass mit diesem dritten Fest noch lange nicht alles vorbei ist, sonderndass dieses wertvolle Fest auch in Zukunft als diözesane Veranstaltung kontinuierlich fortgesetzt wird.

Aus Rom darf ich Euch allen ganz herzliche Grüße und einen väterlichen Segen von unserem Papst Franziskus übermitteln, dem ich über dieses Fest in Kärnten und über meine Teilnahme an diesem Fest der Barmherzigkeit Gottes persönlich berichtet habe. Der Heilige Vater beauftragte mich, Euch um Euer Gebet für ihn am heutigen Tag zu bitten.

Der zweite Ostersonntag erzählt uns von zwei Begegnungen des auferstandenen Christus mit den Aposteln. Die erste findet am Auferstehungstag statt, die zweite acht Tage später. Bei der ersten ist der Apostel Thomas nicht dabei, bei der zweiten ist er anwesend und bekennt den Glauben an den Erlöser. Sehr beeindruckend ist, dass der Auferstandene den Aposteln keine Vorwürfe macht. Er könnte doch Petrus ermahnen, dass er ihn dreimal verleugnete, er könnte den Aposteln auch vorwerfen, dass sie ihn auf dem Kreuzweg verlassen haben und dass unter dem Kreuz nur der jüngste, Johannes, geblieben ist. Er könnte auch fragen, warum sie nicht ganz an seine Verheißungen glaubten und sich jetzt aus Angst versteckten. Jesus macht das aber nicht. Er wendet sich ihnen auf eine herzliche Art und Weise zu und grüßt sie mit dem Gruß: „Friede sei mit euch.“ 

Jesus ist sich dessen bewusst, wieviel Angst in den Aposteln steckt und er schafft wieder den Frieden in ihren Herzen. Er beschenkt sie mit seinem Frieden. Und so macht er aus seinen Aposteln Diener des Friedens. Er sendet sie aus, wie wir gehört haben, damit sie gehen und Sünden vergeben und damit sie im Sakrament der Versöhnung im Namen des dreifaltigen Gottes wieder Frieden in den Menschenherzen und in der ganzen Welt schaffen und schenken. 

Der heutige Sonntag wird auch Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit genannt, weil die Vergebung Christi, die uns mit Frieden erfüllt, offenbart, wie groß die Barmherzigkeit Gottes ist, und die Quelle dieses Friedens im Leid, im Kreuz und in der Auferstehung Christi liegt.

Der Hl. Papst Johannes Paul II hinterließ uns in seiner Enzyklika „Dives in misericordia“ sehr wesentliche Worte:

„Im Kreuz neigt sich Gott am tiefsten zum Menschen herab und zu allem, was der Mensch insbesondere in schwierigen und schmerzlichen Augenblicken als sein unglückliches Schicksal bezeichnet. Im Kreuz werden gleichsam von einem heilenden Hauch der ewigen Liebe die schmerzlichsten Wunden der irdischen Existenz des Menschen berührt.” 

Das siegende Kreuz Christi steht im Mittelpunkt der österlichen Liturgie und führt unsvon Golgota bis zum leeren Grab, von der Hoffnungslosigkeit bis zur freudigen Kraft der Auferstehung, von der Einsamkeit bis zur Größe der göttlichen Barmherzigkeit.

Die besondere Gnade, welche der Hl. Schwester Faustyna Kowalska, durch dieübernatürlichen Begegnungen mit dem barmherzigen und auferstandenen Christuszuteil wurde, diese Gnade wurde auf die ganze Weltkirche ausgegossen und bewirkte, dass auch wir dieses Fest der göttlichen Barmherzigkeit, das Jesus selbst in den Offenbarungen der Schwester Faustyna wünschte, heute feiern können.

Gemeinsam mit Papst Franziskus sind wir für dieses Geschenk sehr dankbar und auch dafür, dass wir hier in Wolfsberg das Geheimnis der Barmherzigkeit immer tiefer erfassen dürfen.

Papst Franziskus wurde von der Verehrung der göttlichen Barmherzigkeit inspiriert. Er sieht auch deren Notwendigkeit für die Welt von heute, und so rief er auch das Jahr 2016 als ein „Außerordentliches Heiliges Jahr“ aus und benannte es als „Jahr der Barmherzigkeit“.

Unsere Auseinandersetzung mit dieser Quelle der Gnade soll aber nicht nur auf ein Jahr beschränkt werden. Umso größer ist die Freude, dass das Fest in Kärnten als Frucht dieses Heiligen Jahres 2016 gesehen werden kann.

Papst Franziskus gab uns zum Abschluss des „Außerordentlichen Heiligen Jahres drei Aspekte mit auf den Weg:

Erstens: Das Sakrament der Versöhnung. Papst Franziskus:

“Die Feier der Barmherzigkeit geschieht in ganz besonderer Weise mit dem Sakrament der Versöhnung. Das ist der Moment, in dem wir die Umarmung des Vaters spüren, der uns entgegenkommt, um uns die Gnade zurückzugeben, wieder seine Kinder zu sein.” 

Vergessen wir nicht, dass die Hl. Beichte weder eine psychologische Beratung noch ein Plaudern mit Freunden ist, dass sie vielmehr eine authentische Begegnung mit dem Vater und eine tiefe Erfahrung bedeutet, die durch die Liebe Gottes das Leben total verändern kann: In das Herz kann aufs Neue der Gruß Christi „Friede sei mit dir“ eindringen.

Zweitens: Die Sorge um die Familie. Papst Franziskus: 

„In einer besonderen Zeit wie der unseren, die viele Krisen, auch die der Familie kennt, ist es wichtig, dass ein Wort tröstlicher Kraft an unsere Familien ergeht. Das Geschenk der Ehe ist eine große Berufung, auf die mit der Gnade Christi in großherziger, treuer und geduldiger Liebe zu antworten ist. Die Schönheit der Familie bleibtunverändert, trotz vieler Dunkelheit und alternativer Vorschläge: Die Freudeder Liebe, die in den Familien gelebt wird, ist auch die Freude der Kirche.” 

Das dritte, das dem Papst am Herzen liegt, sind die vielfältigen Probleme der Welt, die er so beschreibt:

„Noch heute leiden ganzeVölker unter Hunger und Durst, und wieviel Sorge erregen die Bilder von Kindern, die nichts zu essen haben. Massen von Menschen wandern weiterhinvon einem Land ins andere auf der Suche nach Nahrung, Arbeit, einem Zuhauseund Frieden. Krankheiten in ihren verschiedenen Formen sind ein ständigerGrund für Leiden, die Hilfe, Trost und Unterstützung erfordern. Die Gefängnissesind Orte, in denen oft zur Freiheitsstrafe mitunter schwere Entbehrungenaufgrund unmenschlicher Lebensbedingungen hinzukommen. Der Analphabetismus ist immer noch sehr verbreitet; er hindert Kinder an ihrerBildung und setzt sie neuen Formen von Sklaverei aus. Die Kultur des extremenIndividualismus, vor allem im Westen, führt dazu, den Sinn für Solidarität und Verantwortung gegenüber den anderen zu verlieren. Gott selbst bleibt heute fürviele ein Unbekannter; dies stellt die größte Armut dar und das größteHindernis, um die unveräußerliche Würde des menschlichen Lebensanzuerkennen.” 

Weiters betont Papst Franziskus: 

“Wir sind aufgerufen, eine Kultur der Barmherzigkeit wachsen zu lassen, die darauf gründet, die Begegnung mit den anderen wiederzuentdecken: eine Kultur, in der niemand mit Gleichgültigkeitauf den anderen schaut, noch den Blick abwendet, wenn er das Leid der Mitmenschen sieht.” 

Wir alle müssen bei uns selbst beginnen. Als jene Menschen, welche die göttliche Barmherzigkeit erfahren haben, sind wir ausgesandt, diese Göttliche Barmherzigkeit zu bezeugen.

Wann habe ich eine Chance, Apostel der göttlichen Barmherzigkeit zu werden? 

• Wenn ich meinem Nächsten in Liebe begegne. 

• Wenn ich bereit bin, jemandem zu verzeihen, der mich verletzt hat. 

• Wenn ich aus Dankbarkeit ein ehrliches Lachen schenke. 

• Wenn ich einem Armen begegne und ihm konkret helfe. 

• Wenn ich meine Eltern anrufe und sie frage, wie es ihnen geht. 

• Wenn ich meinem Nachbarn Aufmerksamkeit schenke.

In diesen kleinen Dingen des Alltags können auch wir Apostel der Barmherzigkeit sein. Wir können diese Barmherzigkeit schenken, uns aber auch durch sie beschenken lassen.

„Selig, die nicht sehen und doch glauben“ - Diese Verheißung möge uns stärken und uns zeigen, dass wir selbst die Seligen sind und zum Segen für andere werden können.

Bitten wir die Gottesmutter Maria, die Mutter der Barmherzigkeit, dass sie uns begleitet, weil sie – mit den Worten des Hl. Johannes Paul II – „am tiefsten das Geheimnis des göttlichen Erbarmens kennt“, sodass wir mit unserem Leben bezeugen und verkünden: „Heiliger Gott, heiliger starker Gott, heiliger unsterblicher Gott, hab Erbarmen mit uns und mit der ganzen Welt!“ Amen.