„Wohnzimmer“ für Menschen ohne Obdach feierte Geburtstag
Das „Eggerheim“ in Klagenfurt – die Tagesstätte für obdach- und wohnungslose Menschen der Caritas Kärnten – ist 40 Jahre alt. Viel hat sich im Laufe der Zeit verändert, die nachhaltige Hilfe ist gleichgeblieben
Das „Eggerheim“ ist für Menschen wie Kurt G. letzter Halt am Ende eines schweren Leidensweges. Eine Kindheit und Jugend in Armut mit sexuellem Missbrauch und Gewalt verursachten bei ihm Traumata, ließen den Mann psychisch krank werden. Ein langer Absturz folgte: abgebrochene Ausbildung, gelegentliche Hilfsarbeiterjobs, Drogensucht, von der Freundin vor die Tür gesetzt; plötzlich auf der Straße. So oder ähnlich wie Kurt G. geht es nicht wenigen obdachlosen Menschen, die in die Wohnungslosentagesstätte „Eggerheim“ der Caritas Kärnten kommen. Hier erhalten sie einfühlsam und professionell Unterstützung – möglichst schnell, unbürokratisch und das seit 40 Jahren.

Hilfe im wirtschaftlichen Abschwung
1983 wurde auf Initiative des damaligen Caritasdirektors Viktor Omelko in der Kaufmanngasse 6 das „Eggerheim“ eröffnet und zwar in jenem Gebäude, das dank Stifterin Maria Theresia Egger bis 1974 eine Wohnstätte für angehende Lehrer*innen war. Omelko erinnert sich an die Anfänge der Wohnungslosenhilfe: „Es war eine Zeit des wirtschaftlichen Abschwungs mit hoher Arbeitslosigkeit. Unsere Sozialberatung wurde gestürmt – auch von vielen unsteten und obdachlosen Menschen. Da entstand der Gedanke der Tagesstätte. Wir haben mit kleinen Schritten begonnen, die Räume herzurichten. Alsbald gab es eine Küche, in der die Leute kochen und sich somit selbst verpflegen konnten. Aufgabe der Mitarbeiter war es, den Klienten über den Tag zu helfen und für sie eine Wohnung zu finden. Das hat funktioniert.“
Im Wandel der Zeit
Schon bald wurde im „Eggerheim“ auch eine kleine Notschlafstelle – die „Gruft“ – eingerichtet, in der in der Anfangszeit rund 60 Menschen jährlich nächtigten. Damals besuchten 370 Menschen pro Jahr die Tagesstätte und holten sich in 1.280 Vorsprachen Hilfe. Aufgrund des steigenden Bedarfs wurde die Tagesstätte 1990 zum ersten- und 2016 zum zweiten Mal um- und ausgebaut. Vor sieben Jahren wurde auch eine Lebensmittelausgabe eingerichtet und das Kältetelefon eingeführt. 2021 entstand im Obergeschoß der Tagesstätte die „Notschlafstelle neu“ im Auftrag der Stadt Klagenfurt.
Offene Türen statt Ausgrenzung
Caritasdirektor Ernst Sandriesser macht auf die Ursachen von Obdachlosigkeit aufmerksam: „Darunter verstehen Menschen für gewöhnlich, dass jemand keine Wohnung hat, kein Dach über dem Kopf. Doch dahinter verbirgt sich mehr als ein materieller Verlust. Bevor jemand obdachlos wird, haben Menschen schon einen Leidensweg hinter sich. Arbeitslosigkeit, psychische Erkrankungen, Einsamkeit oder Suchtproblematik führen letztendlich Menschen auf die Straße. Sie haben niemanden mehr und stehen am Rande der Gesellschaft. Sie sind oft vollständig ausgegrenzt. Diese Menschen unterstützen und betreuen wir aktiv. Erfreulich oft schaffen Betroffene den Weg zurück in eine menschenwürdigere Existenz.“ – Wie Kurt G. Mithilfe der Caritas-Mitarbeiter*innen gelang es ihm, eine kleine Wohnung zu mieten. Obwohl er extern wohnt, hat Kurt G. in der Tagesstätte eine „(Ersatz-)Familie“ gefunden. Hier trifft er sich weiterhin mit Seinesgleichen zu Kaffee und Plausch. Hierher kommt er oft zum Mittagessen.

Foto: Caritas/Johannes Leitner
Adresse, aber amtlich obdachlos
Die Türen des „Eggerheimes“ – es ist neben ehemaligen Obdachlosen auch für Menschen mit psychosozialer Instabilität zu einem „großen Wohnzimmer“ in Klagenfurt geworden – stehen obdach- und wohnungslosen Menschen 365 Tage im Jahr und nahezu rund um die Uhr weit offen. Die Tagesstätte bietet neben den Möglichkeiten zu duschen, Wäsche zu waschen, sich einfach nur aufzuhalten und eine warme Mahlzeit zu bekommen, auch eine Meldeadresse an. Drei hauptberufliche Mitarbeiter*innen und drei Zivildiener kümmern sich unter und mit Fachbereichsleiterin Schwester Margarete Traußnig und einem Team von Freiwilligen um Wohl und Betreuung der Besucher*innen. Sie unterstützen sie bei der materiellen Grundversorgung und mit Sozial-, psychologischer und psychosozialer Beratung; begleiten sie bei Behördenwegen; helfen ihnen bei der Mittelverwaltung und Schuldenregulierung; vermitteln medizinische Versorgung und Therapien; helfen bei der Suche nach einer Wohnung und danach, damit sie „gehalten“ werden kann.
Gestiegene Zahlen
Im Laufe der Jahre machte sich das Phänomen einer neuen Obdach- beziehungsweise Wohnungslosigkeit bemerkbar. Denn besuchten vor 20 Jahren noch 550 Betroffene im Jahr das „Eggerheim“, so sind es mittlerweile rund 800 Menschen jährlich. Die täglichen Vorsprachen betrugen im Jahr 2003 11.066 und der heutige Stand beläuft sich auf 23.011, was einer Verdoppelung gleichkommt. Schwester Margarete Traußnig und Caritas-Sozialarbeiter Martin Göhler begründen das unter anderem mit der veränderten Gesellschaft: „Zum einen sind Leben und Überleben auf der Straße mangels Akzeptanz härter geworden, zum anderen stehen mehr als 50 Prozent der Menschen, die aufgrund von Trennungen in die Obdachlosigkeit rutschen, zumindest kurzfristig ohne Wohnung da. Sie wenden sich an uns um Hilfe. Wir stehen ihnen gerne und jederzeit zur Seite!“
Nachhaltige Hilfe
Heute gibt es neben der Tagesstätte, der Notschlafstelle und der Lebensmittelausgabe auch das St. Notburga Wohnhaus, das leistbares Wohnen bietet. Zusätzlich sind die Projekte der Wohnungssicherung (WOSIK) Delogierungsprävention und „housing first- zuhause ankommen“ zu wichtigen Bereichen der Wohnungslosenhilfe im Rahmen der professionellen Betreuung, Begleitung und nachhaltigen Hilfe geworden.
„Gäbe es das Eggerheim nicht, man müsste es erfinden“
Das „Eggerheim“ feierte am 12. Oktober 2023 mit einem Tag der offenen Tür für geladene Gäste sein Jubiläum. Mitgefeiert haben auch Klagenfurts Bürgermeister Christian Scheider und Landesrätin Beate Prettner als Vertreter*innen von Stadt und Land, die in der Wohnungslosenhilfe mit der Caritas zusammenarbeiten. „Hier wird unglaublich wichtige Arbeit für die Gesellschaft geleistet. Gemeinsam konnten wir schon vielen Menschen helfen“, freute sich Scheider. Und Prettner hob die Einzigartigkeit dieser Einrichtung in Kärnten hervor, lobte die unbürokratische, niederschwellige Hilfe und fand: „Gäbe es das Eggerheim nicht, man müsste es erfinden!“
Danke an Spender*innen und Mitarbeiter*innen
Die Stadt finanziert die Notschlafstelle. Stadt und Land kommen zur Hälfte für die Kosten des „Eggerheimes“ auf, den Rest finanzieren die Spender*innen der Caritas. Deren Direktor Sandriesser dankte allen Unterstützer*innen für Geld-, Zeit- und Sachspenden und allen Mitarbeiter*innen für Einsatz und Engagement. Eingeladen und zum Tag der offenen Tür gekommen sind auch Spender*innen, um sich ein Bild davon zu machen, wie ihre Spenden wirksam werden. Die langjährige Spenderin Anna S. meinte: „Ich unterstütze gerne die Wohnungslosenhilfe, denn jede und jeder von uns kann in so eine Notlage kommen. Ich vertraue der Caritas und konnte mich heute überzeugen, wie wertvoll jeder Euro ist, den ich spende.“
So können Sie helfen
„Wer unsere Arbeit unterstützen möchte, kann uns über den Wir helfen Shop einen virtuellen Geschenkkorb zukommen lassen. Wir kaufen damit dringend benötigte Dinge, die wir nicht als Sachspenden vorrätig haben und die gerade dringend gebraucht werden. Danke!“, so Sr. Grete.