Organisation

Caritas Kärnten

Gerade auch in der Pandemie für die Menschen da

Ein Jahr voll besonderer Herausforderungen: Die Caritas Kärnten präsentiert ihren Wirkungsbericht 2020

Ein Jahr voll besonderer Herausforderungen: Die Caritas Kärnten präsentiert ihren Wirkungsbericht 2020. Er zeigt anschaulich, wie die Hilfsorganisation unter dem Eindruck der Corona-Krise gewirkt hat. Mit Spenden und persönlichem Engagement zeigten die Menschen in Kärnten ein bewundernswertes Maß an Solidarität.

Caritasdirektor Ernst Sandriesser und Marion Fercher, die kaufmännische Geschäftsführerin der Caritas Kärnten, präsentieren den Wirkungsbericht 2020 (Foto: Caritas / Johannes Leitner)
Caritasdirektor Ernst Sandriesser und Marion Fercher, die kaufmännische Geschäftsführerin der Caritas Kärnten, präsentieren den Wirkungsbericht 2020 (Foto: Caritas / Johannes Leitner)

Die vierfache Mutter Nadine (Name geändert) kam mit ihrer Familie bis zur Arbeitslosigkeit ihres Mannes durch die Corona-Krise halbwegs über die Runden. Doch mit dem Verlust des Jobs fehlte an alle Ecken und Enden das Geld. Als die Waschmaschine kaputtging, musste die Frau Mitte 30 jeden Tag einen Berg Kinderkleidung mit den Händen waschen, bis diese rissig waren und die Maschine schließlich mit Caritas-Hilfe erneuert werden konnte. Auch bei Gustav (Name geändert) ist das Geld sehr knapp. Der 54-Jährige – für kurze Zeit obdachlos gewesene – Invalidenrentner kommt regelmäßig in die Lebensmittelausgabe (LEA), um sich mit dem Notwendigsten zu versorgen. Er sagt: „Bevor ich hierhergekommen bin, ging ich nicht selten hungrig zu Bett und stand auch hungrig wieder auf.“
Das sind zwei Geschichten gelungener Caritas-Hilfe aus dem vergangenen Jahr.

So hat die Caritas im Miteinander gewirkt

Obwohl die Caritas Kärnten mit ihren vielen Tätigkeitsfeldern von der Nothilfe über die Pflege bis zu den Beschäftigungsprojekten und Schulen selbst von allen Corona-Maßnahmen betroffen gewesen ist, ging sie mit ihrer Hilfe und ihren Diensten nicht in den Lockdown. Beispiele für die breit gefächerten Hilfeleistungen liefert der Wirkungsbericht 2020, der nun in gedruckter und digitaler Form vorliegt und dessen Zahlen eine deutliche

Sprache sprechen: Lebensmittelgutscheine im Wert von mehr als 47.000 Euro (+68 Prozent) für Familien, denen das Geld fürs Lebensnotwendige fehlt; 9.574 Beratungen für obdach- und wohnungslose Menschen; über 200.000 Euro Zuschüsse allein im Bereich Wohnen, 39 Prozent mehr für Miete und 35 Prozent mehr für Energie als im Jahr davor; dazu bis zu 20 Prozent mehr Bedarf an psychosozialen Beratungen und Psychotherapien für Menschen in seelischer Not.

Lebenmittelausgabe der Caritas Kärnten (Foto: Johannes Leitner / Caritas)
Lebenmittelausgabe der Caritas Kärnten (Foto: Johannes Leitner / Caritas)

„Die Pandemie hat Menschen, die schon vorher ihr Leben ohne finanziellen Spielraum gestalten mussten, aber auch Selbstständige und kleine Firmen mit voller Wucht getroffen“, weiß Caritasdirektor Ernst Sandriesser. Und: „Das Jahr 2020 war auch für die Caritas Kärnten und ihre Mitarbeiter*innen extrem herausfordernd. Während das Land heruntergefahren wurde, also das öffentliche Leben in den Lockdown ging und mit ihm eine hohe Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit einhergingen, blieben wir verstärkt für die Menschen da, die unsere Hilfe dringend brauchten: Menschen ohne Dach über dem Kopf; Menschen ohne ausreichendes Einkommen und ohne Perspektive; ältere und kranke Menschen in unseren Pflegewohnhäusern.“ Für Sandriesser hat sich gezeigt, „dass wir als Gesellschaft große Prüfungen nur bestehen, wenn wir zusammenhalten. Dank des unermüdlichen Engagements unserer hauptamtlichen und freiwilligen Mitarbeiter*innen ist es uns trotz Pandemie gelungen, die armutsbetroffenen Menschen gut zu versorgen. Engagement und Zusammenhalt ermöglichen, dass wir als Caritas in dieser fordernden Zeit einander beistehen und auf die Schwächsten nicht vergessen“.

Großartige Leistungen in der Pflege

Der nun vorliegende Bericht verdeutlicht, wie die Caritas in der Diözese Gurk-Klagenfurt konkret gewirkt hat. Da ist von der Bewältigung der Anfangsschwierigkeiten nach Ausbruch der Corona-Pandemie ebenso die Rede wie von den großartigen und herausfordernden Leistungen der Pflegekräfte in dieser Zeit. Erzählt wird auch, wie Menschen mit Behinderungen bzw. psychischen Erkrankungen (in den Caritas-Einrichtungen) diese Zeit erlebt haben oder auch wie Menschen in den Partnerländern der Auslandshilfe diese Krise bewältigen müssen.

Wer von finanzieller Not betroffen ist

Die Armut ist in Kärnten in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Zu Beginn der Pandemie kamen vor allem Alleinerzieher*innen, Familien mit mehreren Kindern, ältere, körperliche oder psychisch kranke Menschen finanziell nicht über die Runden. Nunmehr sind auch Selbstständige, die ihre Firmen zusperren mussten, beziehungsweise Menschen, die durch Corona völlig unerwartet ihren Job verloren haben oder ihrer Arbeit nur noch teilweise nachgehen können, von finanzieller Not betroffen. Das spiegelt sich auch in den Zahlen der Caritas wider. Sie hat im Vorjahr 6.471 Menschen in finanziellen und sozialen Notlagen geholfen. Auffallend: Fast die Hälfte der Hilfesuchenden, also 3.047 Menschen, hat davor die Hilfe der Caritas noch nicht in Anspruch nehmen müssen. Allein heuer verzeichnete die Caritas von Jänner bis April 1.275 Anfragen in ihren vier Sozialberatungsstellen in Kärnten und eine Steigerung bei den Neuanträgen um 57 Prozent.

Hilfe auch bei seelischer Not

Viele Menschen leiden aber nicht nur an finanzieller, sondern auch an seelischer Not. So registrierte die Caritas im letzten Jahr insgesamt 21.054 Beratungen und Psychotherapien in ihren fünf Familienberatungsstellen und der Männerberatung in Kärnten. 14.843 Mal läutete das Telefon in der TelefonSeelsorge. Die half 499 Mal auch via Online- und Chatberatung. „Corona hat die seelische Not verschärft. Viele Menschen leiden unter der Krise oder gar an psychischen Erkrankungen, die einem Jobverlust, Konflikten innerhalb der Familie, Vereinsamung oder der allgemeinen Überforderung geschuldet sind“, weiß Caritasdirektor Sandriesser. Die Pandemie hat die Suchtproblematik verschärft. „Es gab vermehrt Rückfälle. Viele Menschen haben auch präventiv unsere Beratungsstellen aufgesucht.“

Sparsam, aber effektiv

Wenn die Caritas Not sieht, handelt sie – mit Unterstützung von 655 Freiwilligen, 8.458 Spender*innen, engagierten Unternehmen und Kooperationspartner*innen im vergangenen Jahr. Sandriesser und die kaufmännische Geschäftsführerin Marion Fercher danken für deren Vertrauen. Sandriesser: „Sie ermöglichen es uns erst, Menschen in Not zu helfen und zu begleiten! Auch wenn viele Menschen unter den Pandemie-Maßnahmen gelitten haben, spürten wir eine große Spenden- und Hilfsbereitschaft.“ Die Caritas ist nicht nur eine Hilfsorganisation, sondern auch ein Dienstleistungsunternehmen in den Bereichen Pflege, Menschen mit Behinderung, Schulen und Kinderbetreuung. „2020 war auch für die Caritas ein forderndes Jahr. Corona ließ die sozialen Nöte im Land steigen. Dank der großzügigen Unterstützung unserer Spender*innen konnten wir auch diese neue Not lindern“, freut sich Fercher. Die Caritas hat im Vorjahr in allen Bereichen mehr als 49,5 Millionen Euro eingesetzt. „Die Kosten für die Administration betragen schlanke 4,86 Prozent. Die Verwendung der Mittel wird mehrfach überprüft. Wir garantieren einen verantwortungsvollen Umgang damit.“ 2020 sind 3,85 Millionen Euro (+51 Prozent) an Geld- und Sachspenden bei der Caritas eingegangen. Mehr als 2,7 Millionen Euro wurden für Menschen in finanziellen, sozialen und seelischen Notlagen ausgegeben. 1,1 Millionen Euro wurden von den Spender*innen für Ernährungs- und Bildungsprojekte der Auslandshilfe zweckgewidmet.

Sorgenkind Langzeitarbeitslosigkeit

Mit Stand April 2021 waren 22.300 Menschen als arbeitssuchend gemeldet, Tendenz abnehmend. Besorgniserregend ist jedoch, dass der Anteil der Langzeitarbeitslosen an allen Arbeitslosen von 17 Prozent im April 2019 auf 27 Prozent im April 2021 gestiegen ist. Bei Caritasdirektor Ernst Sandriesser schrillen die Alarmglocken, denn: „Die heute Langzeitarbeitslosen sind die Armutsgefährdeten von morgen!“ Er fordert daher zusätzliche öffentliche Investitionen, um dringend benötigte Arbeitsplätze in Unternehmen, Gemeinden sowie im gemeinnützigen Bereich zu schaffen. Außerdem: „Unsere Erfahrung zeigt, dass es gerade für von Langzeitarbeitslosigkeit betroffene Menschen zielgruppenspezifische und langfristige Beschäftigungsmaßnahmen braucht, um sie bei ihrer Rückkehr in die Erwerbsarbeit zu unterstützen. Vor allem eine individuelle Betreuung je nach Fähigkeiten der Beschäftigten ist von nachhaltiger Bedeutung“, so der Caritasdirektor. Die Caritas selbst unterstützt langzeitarbeitslose Menschen mit unterschiedlichen Projekten, etwa über den SPAR-Supermarkt der „Perspektive Handel Caritas GmbH“ in Villach oder das kürzlich gestartete Gartenprojekt „grown.care“, das beschäftigungslosen Frauen und Männern eine stundenweise Beschäftigung bietet. Langzeitarbeitslose Menschen finden auch in den Caritas-Läden „carlas“ dank eines gemeinnützigen Beschäftigungsprojektes Unterstützung. Es handelt sich dabei um ein aus AMS-Mitteln gefördertes Kooperationsprojekt mit der GPS Kärnten GmbH.

Gute Jobchancen im Sozialbereich

Die Arbeitslosigkeit könnte eine Chance für die Pflege sein, die unter einem akuten Fachkräftemangel leidet. Die Caritas-Schulen, an denen es noch freie Plätze für das kommende Schuljahr gibt, bereiten auf soziale Berufe vor und bilden mit Fach-/Diplomsozialbetreuer*innen in der Altenarbeit inklusive Pflegeassistenz und Fach-/Diplomsozialbetreuer*innen in der Behindertenbegleitung die Fachkräfte von morgen aus. Wer Erfahrungen im Sozialbereich sammeln will, ist aber auch als Zivildiener bei der Caritas willkommen.

100 Jahr-Jubiläum und Herausforderungen der Zukunft

Die Caritas Kärnten steht seit 100 Jahren Menschen zur Seite, die sich allein nicht helfen können. Sandriesser sieht im heurigen Jubiläumsjahr große Aufgaben auf die Hilfsorganisation und Gesellschaft zukommen: „Es ist zu befürchten, dass die soziale Ungleichheit in Folge der Pandemie zunehmen wird. Es braucht eine Überprüfung aller Versicherungs- und Sozialleistungen auf ihre Armutsfestigkeit hin. Außerdem wird uns der Klimawandel in den nächsten 100 Jahren noch stärker als bisher herausfordern und global zur alles bestimmenden sozialen Krise des Jahrhunderts werden.“ Um die Herausforderungen der Zukunft gemeinsam zu meistern, appelliert der Caritasdirektor an die Solidarität aller und bittet alle Kärntnerinnen und Kärntner, die Arbeit der Caritas (weiterhin) zu unterstützen.

Spendenkonto

Hier geht’s zum Wirkungsbericht 2020: www.unser-wirken.caritas-kaernten.at