Organisation

Caritas Kärnten

Ein Reformpaket für Sozialminister Johannes Rauch

Caritasdirektor Ernst Sandriesser forderte bei einem Besuch des Bundesministers im Pflegewohnhaus „Haus Martha“ angesichts des akuten Personalmangels in der Pflege die Umsetzung der Pflegereform

Caritasdirektor Ernst Sandriesser gab Sozialminister Johannes Rauch ein Reformpaket mit dringenden Vorschlägen der Caritas Kärnten mit auf den Weg. Rauch zeigte Verständnis und kündigte Unterstützung an.

Sozial- und Gesundheitsminister Johannes Rauch besuchte in Begleitung des stellvertretenden Landessprechers der Kärntner Grünen, Christoph Gräfling, am Freitag, 29. April 2022, das „Haus Martha“ in Klagenfurt. Es ist eines von zehn Pflegewohnhäusern der Caritas in Kärnten. In allen Häusern werden zurzeit 606 alte und kranke Menschen von 330 Pflegekräften professionell und warmherzig betreut und gepflegt. Caritasdirektor Ernst Sandriesser und die zuständige Bereichsleiterin Donata Rössler-Merlin führten den Minister durch das „Haus Martha“ und nützten die Gelegenheit, um mit ihm über den „Pflegefall Pflege“ zu reden. Österreichweit fehlt es an Pflegepersonal. Bis 2030 braucht es in Österreich zusätzlich 100.000 Pflegekräfte. Allein die Caritas Kärnten kann kärntenweit aktuell 22 offene Stellen nicht besetzen.

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Diskutierten, was in der Pflege dringend nottut: Diplomsozialbetreuerin Christine Sadnek, der stellvertretende Landessprecher der Kärntner Grünen Christoph Gräfling, Bereichsleiterin Donata Rössler-Merlin, Bundesminister Johannes Rauch, Caritasdirektor Ernst Sandriesser und Pflegedienstleiterin Gabriele Gangl. (v. li) ( Fotos: Caritas)

Ein Ende des „Fleckerlteppichs“

Sandriesser und Rössler-Merlin forderten mit der Umsetzung der mehrmals angekündigten Pflegereform eine Personaloffensive. „Es braucht unbedingt mehr Personal für die Betreuung und Pflege der alten Menschen und besser strukturierte Arbeitsbedingungen, eine Anpassung des Gehaltes im intra- und extramuralen Bereich und zur Entlastung des Pflegepersonals zusätzliches Hilfspersonal außerhalb des Schlüssels“, so Rössler-Merlin. Gemeinsam mit Caritasdirektor Sandriesser übergab sie Minister Rauch ein Reformpaket der Caritas Kärnten mit einem Bündel dringender Vorschläge und Maßnahmen zur Verbesserung der Pflege. So müsse der „Fleckerlteppich“ in Österreich aufhören. Zentrale Forderungen: eine gleichwertige Betreuung für alle Menschen in Österreich, eine österreichweite Harmonisierung der Pflegeschlüssel und Gleichstellung der Beschäftigten. Sandriesser, alarmiert: „Es kann nicht sein, dass ein alter Mensch in Wien mehr wert ist als in Kärnten.“ Laut derzeitigem Pflegeschlüssel betreuen beispielsweise in Wien in der Pflegestufe vier 10 Mitarbeiter*innen 17,5 Bewohner*innen, während in Kärnten 10 Mitarbeiter*innen für 24 Bewohner*innen zuständig sind.

Um Migrant*innen in der Pflege beschäftigen zu können, fordert die Caritas überdies die Abschaffung des Sprachniveaus B2 (stattdessen B1 oder B2 mit einer Übergangsfrist von zwei Jahren) und die Beseitigung bürokratischer Hürden bei Niederlassungsbewilligung, Nostrifizierung & Co.

Die Caritas Kärnten hatte 2021 durch die Corona-Pandemie Mehrkosten in der Höhe von 1,2 Millionen Euro, die durch keinen Fonds ersetzt wurden. „Wir haben zum Höhepunkt der Pandemie ein Pflegewohnhaus übernommen, dadurch gerettet und werden jetzt dafür bestraft. Die Politik muss hier rasch eine Lösung anbieten“, forderte Caritasdirektor Sandriesser. Minister Rauch will sich der Causa annehmen.

Minister sieht auch Länder in der Pflicht

Der Minister zeigte für die vorgebrachten Anliegen Verständnis. Überhaupt nahm er sich für Gespräch und Austausch auch mit dem Pflegepersonal ausführlich Zeit. Dieses machte klar, dass mit Corona die Belastung noch einmal enorm gestiegen sei. Ein Mitarbeiter erzählte, dass er ans Aufhören denkt. Rauch ermunterte ihn zum Weitermachen. „Ich treffe auf ganz oft dieselben Schilderungen. Ich bin an allem vehement dran“, sagte er und berichtete von einer „Beschleunigung bei der Pflegereform“. Wenn Milliardenhilfen für Corona aufgebracht würden, müsse auch Geld für die Pflege da sein, meinte Rauch und sieht bei der Reform die Länder bei der Finanzierung mitverantwortlich. Was neue Mitarbeiter*innen und den Zugang ausländischer Pflegekräfte am österreichischen Arbeitsmarkt anbelangt, kündigte er eine schnellere Abwicklung des Nostrifizierungsverfahrens und Erleichterungen beim Nachweis des Sprachniveaus an.

Sozialhilfe anpassen

Sandriesser thematisierte auch die Teuerungswelle und die damit einhergehende wachsende Not der Menschen: „In unseren Sozialberatungsstellen sehen wir, dass sich im dritten Pandemiejahr und mitten in der gewaltigen Teuerungswelle immer mehr Menschen das Leben nicht mehr leisten können.“ Der Caritasdirektor fordert eine progressive Steigerung des Sozialhilferichtsatzes. Der enorme Anstieg an Wohn- und Energiekosten belaste viele Menschen, daher müsse die Sozialhilfe auch die tatsächlichen Wohnkosten abdecken. Auch diese Ansicht teilt der Sozialminister.