Organisation

Katholischer Familienverband Kärnten

Der Tod als Dienstleistung - Sterbehilfe - ein Recht?

  • Je länger ich über das Lebensende des Menschen nachdenke, desto größer wird meine Achtung vor dem Geheimnis, das wir Leben nennen. Es entsteht aus Liebe, wird durch Liebe genährt, stirbt hinein in die Liebe Gottes. Der Erweis von Liebe kann das einzig Respektvolle und Hilfreiche sein, das ich einem Menschen zum Ende des Lebens schenken kann – die aktive Beihilfe zum Tod kann doch niemals ein Liebesdienst an diesem Lebensgeheimnis genannt werden.

Bischof Dr. Josef Marketz


In Österreich ist "Sterbehilfe" In Form der Tötung auf Verlangen oder der Mitwirkung am Selbstmord ("assistierter Suizid") strafrechtlich verboten (§77 und 78 StGB). Seit Mai 2019 laufen vier Verfahren, deren Ziel es ist, die geltenden Rechtslage aufzuheben. Gehört zum Recht auf Leben auch ein Recht getötet zu werden oder zu töten? Ein Entscheid des Verfassungsgerichtshofs wird für September erwartet.
Der Familienverband informiert:

Der Tod als Dienstleistung – Sterbehilfe – ein Recht?

§ 78 StGB Mitwirkung am Selbstmord
§ 77 StGB Tötung auf Verlangen

Es gibt kein gutes Töten. Prof. Dr. Robert Spaemann (1927-2018)

Worum geht es?

  • Seit Mai 2019 laufen in Österreich vier Verfahren, deren Ziel die Aufhebung folgender Paragraphen ist:

§ 78 StGB Mitwirkung am Selbstmord
§ 77 StGB Tötung auf Verlangen

  • Vier Kläger:

- ein an Multipler Sklerose erkrankter Mann
- ein an Parkinson erkrankter Mann
- ein Mann, der seiner Frau bei der Selbsttötung assistiert hatte
- ein Anästhesist und ein Intensivmediziner, der assistierte Selbsttötung durchführen würde

  • Die vierzehn Richter des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) beraten derzeit über diese Frage.
    Voraussichtlich im September wird eine Entscheidung gefällt werden
    https://www.vfgh.gv.at/verfassungsgerichtshof/verfassungsrichter/mitglieder.de.html
  • Die Beschwerden werden von der Österreichischen Gesellschaft für humanes Lebensende (ÖGHL) betrieben. Zu deren Beirat gehören u.a. der Wiener Abtreibungsarzt Christian Fiala und der Gründer des Schweizer Sterbehilfe-Anbieters Dignitas Ludwig A. Minelli.


Welche Folgen hat eine Freigabe der Mitwirkung am Selbstmord und/oder Tötung auf Verlangen für eine Gesellschaft:

  • Rasanter Anstieg von Todesfällen durch Selbsttötung (vor allem alte und kranke Menschen)
  • Menschen kommen vermehrt unter Druck, sich zur Selbsttötung entscheiden zu müssen, weil sie sich als Belastung für ihre Familie, ihr Umfeld und die Gesellschaft empfinden.
  • Betroffene stellen innerlich Kosten-Nutzen-Rechnung an.
  • Aus dem Recht wird eine „Pflicht“, nicht zur Last fallen zu wollen/sollen
  • Mitwirkung am Selbstmord und Tötung auf Verlangen wird in den Ländern, in denen es erlaubt ist, zunehmend als normale Form des Sterbens bejaht
  • Geschäftsinteressen der Sterbehilfsorganisationen spielen eine Rolle
  • Wer entscheidet für die, die nicht selbst entscheiden können?
  • Behinderte, Schwache, Kranke, Babys, Kinder …
  • In den Niederlanden werden sowohl Demenzkranke, als auch Babys getötet


Selbsttötung braucht keine Unterstützung
Selbsttötung braucht Vorbeugung – Menschen brauchen Liebe und Fürsorge

Was ist an der derzeitigen Gesetzeslage in Österreich gut?

  • Österreich hat ein gutes und weiter ausbaufähiges Hospiz (Sterbebegleitung) und Palliative Care (krankheitsmildernd, schmerzlindernd) Angebot (lat. „pallium“ – entspricht einem mantelähnlichen Umhang, „care“ – engl. Pflege/ich sorge mich um dich/du bist mir wichtig)
  • Ziel ist es, Menschen mit schweren Erkrankungen eine ganzheitliche Begleitung anzubieten. Menschen, bei denen keine Heilung möglich ist, soll ein möglichst hohes Maß an Lebensqualität bis zum Lebensende ermöglicht werden.
  • In Österreich darf niemand gegen seinen Willen behandelt werden.

§ 110 StGB Wer bei klarem Verstand ist („einsichts- und äußerungsfähiger Patient“) kann jede Behandlung ablehnen. Für den Fall des Verlusts der Einsichts- oder Äußerungsfähigkeit kann man mittels Vorsorgevollmacht oder Patientenverfügung vorbeugen, dass der eigene Wille weiterhin berücksichtigt wird.

  • Ärzte dürfen Maßnahmen setzen, die schwerste Schmerzen und Qualen lindern – auch wenn dadurch das Risiko besteht, dass sie unter Umständen lebensverkürzend wirken.

§ 49a Ärztegesetz (seit 19. März 2019):
(1) Die Ärztin/Der Arzt hat Sterbenden, die von ihr/ihm in Behandlung übernommen wurden, unter Wahrung ihrer Würde beizustehen.
(2) Im Sinne des Abs. 1 ist es bei Sterbenden insbesondere auch zulässig, im Rahmen palliativmedizinischer Indikationen Maßnahmen zu setzen, deren Nutzen zur Linderung schwerster Schmerzen und Qualen im Verhältnis zum Risiko einer Beschleunigung des Verlusts vitaler Lebensfunktionen überwiegt.

  • Tötung auf Verlangen ist verboten
    §77 StGB: „Wer einen anderen auf dessen ernstliches und eindringliches Verlangen tötet, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.“
  • Mitwirkung am Selbstmord ist verboten
    §78 StGB: „Wer einen anderen dazu verleitet, sich selbst zu töten, oder ihm dazu Hilfe leistet, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.“
  • In den Medien gilt die Regel, das Thema Selbstmord zu vermeiden, um keine Nachahmung hervorzurufen. Das ist ein wirksamer Schutz vor Selbstmorden!

Was Betroffene wirklich brauchen:

  • Ziel ist es, den Schmerzen ein Ende zu bereiten, nicht dem Leben
  • Hospiz und Palliative Care ausbauen
  • Familien entlasten, so dass sie sich um ihre Angehörigen gut kümmern können
  • Selbstmordvorbeugung statt Ermutigung zum „Freitod“
  • Organisationen unterstützen, die Menschen beraten, begleiten und Gemeinschaft anbieten
  • Sterbewünsche betroffener Menschen verwandeln sich oft in Lebenswünsche, sobald die Schmerzen beseitigt werden und Menschen Zuwendung und menschliche Wärme empfangen

Menschen sollen an der Hand eines anderen Menschen sterben und nicht durch die Hand eines anderen Menschen. Kardinal Franz König (1905-2004)

Andere Länder:

Tötung auf Verlangen und Mitwirkung am Selbstmord (Assistierter Suizid) sind derzeit ausdrücklich in Belgien, Niederlanden und Luxemburg erlaubt.

Belgien (11 Mio. Ew.):

  • seit 2002 erlaubt. 2004: 349 Fälle, 2017 2309 Fälle
  • seit 2014 können auch Kinder auf Verlangen getötet werden bzw. Beihilfe zum Selbstmord „in Anspruch“ nehmen
    https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/belgien-seit-fuenf-jahren-duerfen-auch-kinder-sterbehilfe-in-anspruch-nehmen-a-1252812.html

Niederlande (17 Mio. Ew.):

  • seit 2002 von mehr als 60.000 Menschen in Anspruch genommen
  • 2017: 6.500 Fälle
  • 4,5 % der Gesamtsterbefälle
  • Jedes Leiden kann sofort beendet werden, wenn es als unerträglich diagnostiziert wird:
    z.B. Demenzkranke, Depressive, Menschen mit Borderline-Störung oder mit Behinderung, Alkoholkranke
  • 2013: von jährlich rund 175.000 Neugeborenen, denen Ärzte eine nur kurze Lebensdauer vorhersagten, wurden im Jahr 2013 650 Babys durch aktive Sterbehilfe getötet
    https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/54769/Niederlande-legalisieren-Sterbehilfe-bei-todkranken-Babys
  • Im Jahr 2016 wurden 400 Patienten ohne ausdrückliche Zustimmung getötet
    https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/88797/Hollaendische-Sterbehilfe-Kontrolleurin-tritt-aus-Protest-zurueck
  • Viele Ärzte, die früher Befürworter waren, steigen aus und warnen:die gesetzlichen Schutzmaßnahmen für die Bürger halten nicht mehr (!)
    https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/88797/Hollaendische-Sterbehilfe-Kontrolleurin-tritt-aus-Protest-zurueck

Deutschland (83 Mio. Ew.):

  • Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) im Februar 2020, ist in Deutschland „assistierter Suizid“ (Beihilfe zum Selbstmord) auch „geschäftsmäßig“, d.h. auf Wiederholung angelegte „Sterbehilfe“, erlaubt. Tötung auf Verlangen ist weiterhin verboten.
  • Ein erster Suizid in einem Altenheim hat stattgefunden. (Stand Juni 2020)
  • Ein Sterbehilfeverein fordert, dass alle Heime die Hausordnung dahingehend ergänzen, dass jeder Bewohner ein „Grundrecht auf Suizid und Suizidbeihilfe“ habe und dies jederzeit ausgeübt werden könne.

Schweiz (8,6 Mio. Ew.):

  • Aus nicht-selbstsüchtigen Motiven darf kranken Menschen auf Wunsch Beihilfe zum Selbstmord geleistet werden. Tötung auf Verlangen ist verboten
  • Prominente Sterbehilfevereine sind Exit und Dignitas. Dignitas unterstützt weltweit Verfahren zur Legalisierung von assistiertem Suizid und Tötung auf Verlangen.
  • Weniger bekannt sind die Organisationen Pegasos und Ex International (Bern) https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/einfacher-sterben-eine-neue-freitod-organisation-ist-entstanden-135749746
  • Beihilfe zur Selbsttötung soll künftig auch für Gefangene möglich sein.
  • Befürworter fordern „Recht auf Selbstbestimmung“ ein. Kritiker warnen vor Druckmittel in Richtung „freiwillige Todesstrafe“
  • https://www.bazonline.ch/schweiz/standard/kantone-einigen-sich-auf-sterbehilfe-in-gefaengnissen/story/27146524
  • Kommentar: Die Sterbehilfe in der Schweiz ist längst außer Kontrolle geraten
    https://www.swissinfo.ch/ger/gesellschaft/standpunkt_die-sterbehilfe-in-der-schweiz-ist-laengst-ausser-kontrolle/44599878

Wirtschaftliche Aspekte:

  • Die drei größten Schweizer Sterbehilfe-Vereine Exit, Eternal Spirit und Dignitas kommen zusammen auf einen Jahresumsatz von zehn Millionen Schweizer Franken
    https://www.erzdioezese-wien.at/site/home/nachrichten/article/80763.html
    https://www.nzz.ch/schweiz/sterbehilfe-exit-hat-ein-vermoegen-in-millionenhoehe-angehaeuft-ld.1478725?reduced=true
  • Die Kosten der Durchführung einer Freitod-Begleitung betragen bei Dignitas in der Schweiz derzeit CHF 7.500 bis CHF 10.500

„Klares Nein zu ärztlicher Beihilfe zur Selbsttötung – Für eine Kultur des Beistandes“

https://www.imabe.org/erklaerungen/imabe-stellungnahme-klares-nein-zu-aerztlicher-beihilfe-zur-selbsttoetung-fuer-eine-kultur-des-beistandes

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