Organisation

Referat für Seniorenpastoral

In jedem Abschied wohnt ein Neubeginn

Seelsorgerin Elisabeth Vallant blickt zurück auf ihre Arbeit im Caritas Haus Elisabeth in St. Andrä

Auf Wunsch von Bischof Josef stelle ich mich im Mai 2020 im Haus Elisabeth in St. Andrä im Lavanttal als Seelsorgerin vor. Der erste Lockdown ist überstanden. Ich starte mit Besuchen in den Wohnbereichen und lege meine Dienstzeit auch auf den Tag des Gottesdienstes.

Meine erste Ansprechpartnerin ist Sozialbetreuerin Michaela Perchtold, freundlich, lustig, kreativ, praktisch veranlagt und immer positiv im Umgang mit den alten und pflegebedürftigen Menschen im Haus - manchmal auch streng, weil das zuweilen notwendig ist. Sie legt mir bestimmte Menschen ans Herz, manche die wenig bis keinen Besuch erhalten oder welche, die neu im Haus sind und sehr starkes Heimweh haben. Grundsätzlich mache ich meine Besuchsrunden in den Zimmern und komme auch oft in den Gängen mit den Bewohner*Innen und den Mitarbeiter*innen ins Gespräch.

Die Themen der Unterhaltungen sind unterschiedlich, „Wie früher im Wald gearbeitet wurde“, „Dass die Söhne Theologie studiert haben“, bis hin zu „Ich stelle mir den Himmel wie eine grüne Wiese vor, auf der ich mich ausruhen kann“. Manchmal singen wir gemeinsam Marienlieder.

Ich lerne auch Frau Buchleitner kennen, die sich jede Woche auf meinen Besuch freut. Sie erzählt mir aus ihrem Leben, von ihrer Familie, wo sie früher gearbeitet hat und dass sie in der Pfarre St. Stefan ehrenamtlich ganz viel mitgeholfen hat. Ich bringe ihr die Zeitschrift „Gute Besserung“ mit und werde immer mehr eine Bewunderin ihrer Fähigkeiten zu basteln, Billets zu gestalten und Schmetterlinge zu falten. In ihrer Erkrankung hat ihr der Glaube sehr geholfen und sie besucht regelmäßig den Gottesdienst.

Ich freunde mich auch mit einigen anderen gut an und dann - kommt wieder Corona.

Die Wintermonate sind grausam, Besuche nicht möglich, ich nehme mir die Freiheit, aus der Kapelle via Radio den Wortgottesdienst in die Zimmer zu übertragen. Die Hausleitung ist gerne einverstanden. Die Situation bessert sich und langsam kommen wieder Gottesdienstbesucher*innen in die Kapelle. Viele kommen nicht mehr. Wir singen wieder „Lobe den Herren“, ich spiele die Flöte und „aus der Konserve“ erklingt das Cello „Näher mein Gott zu dir“, viele stimmen bewegt und innig in das Lied ein.

Das gemeinsame Gottesdienstfeiern wird zu einem intensiven Ritual mit wichtigem Vor- und Nachspann. Eine halbe Stunde vor Beginn kommen schon die Ersten in die Kapelle, „He, wie geht es heute?“, „Was für einen schönen roten Samtpullover Sie heute tragen“, „Haben Sie eh die Flöte dabei?“, „Bitte sagen´s dem Herrn Pfarrer er soll lauter sprechen“, und jede und jeder möchte gerne auf dem persönlichen Stammplatz sitzen. Wenn wir Wortgottesdienst feiern halte ich meist eine kurze Predigt. Frau N. bedankt sich immer, „Ihre Worte haben mit dem Leben zu tun und ich verstehe das Evangelium besser.“

Heute fehlt Frau F. Ich bringe ihr nach dem Gottesdienst die Kommunion ins Zimmer, „Sie haben an mich gedacht“.

Im Krankenhaus habe ich Herrn Mosinzer kennengelernt, nach der Operation kommt er ins Haus Elisabeth. „Und plötzlich steht der Neuner vorne“, sagt er und schüttelt ungläubig den Kopf. Wir treffen uns regelmäßig und ich höre ihm gerne zu, wenn er von früher erzählt, wie er gearbeitet hat, wie sich das Leben nach dem Krieg verändert hat und wie er mit den Pferden die Glocke von St. Andrä vom Bahnhof bis zur Kirche geschafft hat. Ich mag es, wie Herr M. die Welt beobachtet, sich selbst kritisch und mit Humor einschätzt und mir verzeiht, dass ich erst am Abend und nicht wie versprochen am Vormittag vorbeikomme.

Ende Juli ist es fix, dass ich meine Arbeitsstelle wechsle. Ökologisch betrachtet ist es eine großartige Verbesserung, ich pendle nur noch ein Sechstel der Strecke zur Arbeit.

Aber: ich muss mich von vielen liebgewonnen Menschen verabschieden.

Ich bin dankbar für alle Begegnungen, Gespräche und das gemeinsame Feiern: Gott segne euch! Danke Michaela, danke Ingrid, danke Siegi und Manuela, danke Roman, danke Adolf, danke Renata, danke Mathilde und Bruno und danke allen anderen im Haus Elisabeth und in der Pfarre St. Andrä/Lavanttal.

Mag. Elisabeth Vallant