Pfarre

Feldkirchen

Stadtpfarrkirche Maria im Dorn

 (© Foto: Pfarrarchiv)
(© Foto: Pfarrarchiv)

Legende von Maria im Dorn

Ein Hirte beobachtet, dass ein Ochse vor einem Dornenstrauch niederkniet. Er hält Nachschau und entdeckt im Strauch ein Marienbild. Man bringt es feierlich nach St. Michael. Am nächsten Tag ist es – offenbar von Engeln getragen – wieder im Dornenstrauch draußen. Dies nehmen die Bewohner von Feldkirchen als Zeichen Gottes und erbauen die Kirche „Maria im Dorn“.

Geschichte

„Ueldkiricha“ wird im 9. Jahrhundert erstmalig urkundlich erwähnt, in dieser Zeit gibt es ein erstes Gotteshaus, vermutlich einen einfach Holzbau. Um 1000 entsteht die spätkarolingisch-vorromanische Chorturmanlage. Im Jahre 1166 wird Feldkirchen Bambergischer Besitz; bald darauf Vergrößerung der Kirche in eine dreischiffige, romanische Pfeilerbasilika mit Lichtgarten im Mittelschiff und flacher Holzdecke. 1285 wird Feldkirchen als Pfarre erstmals genannt, 1313 ein Priester namens Friedrich. Anfang 14. Jahrhundert Bau des Ostchores; dieser wird reich mit Fresken geschmückt. Reste sind noch erhalten. Um 1480 schwere Ungarn- und Türkeneinfälle; die Kirche und der Pfarrhof werden befestigt – ein Wehrturm ist noch erhalten (der alte Karner). Im Barock, um 1730, erhält die Kirche Hochalter und Kanzel; etwas später den Marienaltar, der schon ins Rokoko verweist. 1783 wird der im Kern romanische Turm erhöht und erhält seinen schönen Zwiebelhelm. 1850 Spätbiedermeier-Aufbau über der Sakristei. 1984 bis 1986 Renovierung von Turm und Langhaus, sowie Erweiterung durch einen 12 x 17 großen Zubau an der Westseite. Kirchweihe am Fest Maria Himmelfahrt, 15.8.1986!

1991 wurde eine 22-Register-Orgel angeschafft und mit einer Empor an der Westwand des Turmes angebracht.

Die Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt („Maria im Dorn“) liegt, fünf Gehminuten vom Hauptplatz entfernt, am nördlichen Steilrand der Tiebel. Die Kirchgasse verbindet den südlichen und nördlichen Punkt des verbauten Gebiets, den Hauptplatz und die Kirche, in einer Länge von 503 Metern. Die „Kirche im Feld“, der die Stadt („Ueldchiricha“) ihren Namen verdankt, liegt außerhalb des Altstadtbereichs.. Warum dieses geistliche vom weltlichen Zentrum so weit entfernt ist, hat seinen Grund darin, dass der Grundherr des 12. Jahrhunderts den Herrschaftsbereich der unteren Tiebelterrasse in eine nördliche und südliche Hälfte geteilt hat. Die nördliche wurde als Kirchenland gewidmet. Hier entstand schon in der 1. Hälfte des 10. Jahrhunderts eine Eigenkirche, die Vorläuferin der heutigen Pfarrkirche Maria im Dorn. Diese Kirche hat später dem ganzen Markt ihren Namen gegeben.

Der Baukörper der Kirche hat im Lauf der Jahrhunderte wie ein Krustentier immer neue Wachstumsschichten angesetzt. Der romanisch-basilikale Teil und das Chorturmgeschoss wurden am Beginn des 12. Jahrhunderts errichtet. Die romanischen Fresken der Hängekuppel sind um 1220/30 entstanden. Um 1325/30 wurden im gotischen Gewölbe des Chores die beiden Schlussteine („Segnende Hand Gottes“ und „Fünfblättrige Rosette“) verlegt. Das älteste Fresko der Kirche (von 1325/30) kann man in seinem fragmentarischen Zustand an der Außenseite der Chorwand betrachten. Um 1340/50 wurde das gotische Fresko des Dreikönigszuges an die Nordwand des Chores gemalt. Um 1450 malte Meister Friedrich die gotischen Passionsfresken der südlichen Chorwand. Von seinem Sohn Johann von Laibach stammt die Freskomalerei „Flucht nach Ägypten“. Sie wurde erst im Oktober dieses Jahres vollständig freigelegt und konserviert. 1476 plünderten und brandschatzten osmanische Türkenhorden den Markt. Nur „die kirchn, pharrhof und ambthof“ hielten stand. Aus dieser Zeit stammen die Wehrmauer bis zum heutigen Wehrturm und das Wehrgeschoss über dem Ostchor. Bis zur Brandkatastrophe von 1537 erlebte der Markt eine wirtschaftliche und künstlerische Blüte, in der auch die gotischen Grabsteine des Eingangsbereichs entstanden sind. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts haben die Steinmetzmeister der Gotik die romanische Flachdecke durch ein Netzrippengewölbe ersetzt. In einen der Schlusssteine haben sie (um 1500) das Wappen des Hochstiftes Bamberg gemeißelt.

Die Renaissance ist am Baugeschehen der Kirche spurlos vorübergegangen. 1783 wurde der Kirchturm, wie aus der Inschrift seiner Fassade hervorgeht, bis zu seiner heutigen Höhe (40 m) aufgestockt und mit einem barocken Zwiebelhelm versehen. Aus dem Biedermeier stammen der gegenläufige Stiegenaufgang beim Sakristeieingang und die zweiteilige Empore, die der Gewerke Thomas Novak für sich und seine Frau Therese 1850 in die südliche Chorwand einbauen ließ. 1950 hat Dechant Clemens Illmeier die Generalsanierung in Angriff genommen. 1986 wurde die Kirche um einen Zubau erweitert und gleichzeitig „gewestet“, das heißt, der Hauptaltar wurde vom Ostchor in den westlichen Zubau verlegt. Diese Kirchenerweiterung war unter Dechant Engelbert Hofer aus liturgischen Gründen und aus Gründen des zunehmenden Kirchenbesuchs notwendig geworden. So präsentiert sich der Kirchenbau als steinernes Zeugnis der Geschichte Feldkirchens und als Ort der Begegnung von Menschen, die den ehrwürdigen Bau als Domus Dei, Haus des lebendigen Gottes, betrachten.

Das Innere der Kirche ist mit einer Reihe wertvoller Kunstobjekte ausgestattet. In der Vorhalle veranschaulicht eine Wandmalerei des 19. Jahrhunderts die Gründungslegende. Danach habe ein Hirte gesehen, wie ein Ochse vor einem Dornstrauch kniete, in dem ein Marienbild hing. Man habe es in die Michaelikirche getragen, es sei aber über Nacht dreimal in den Dornbusch zurückgekehrt. Darauf habe der Pfarrer an dieser Stelle eine Kapelle, die Vorläuferin der heutigen Kirche, errichten lassen. Beim Betreten des südlichen Seitenschiffs überblickt man in diagonaler Sicht die dreischiffige Innengestaltung. Die Pfeilerarkaden des Mittelschiffs sind der originale Teil der frühromanischen, einschiffigen Pfeilerbasilika. In den südlichen Pfeiler des Chorturmgeschosses haben die Bauleute des 12. Jahrhunderts den kopflosen Torso einer römerzeitlichen Herkulesstatue als Baustein eingemauert. Dechant Illmeier hat das eiserne Türchen, hinter dem die nackte Marmorfigur versteckt war, entfernen lassen. An der Sakristeiwand hängt der Rokoko-Aufsatz des Marienaltares, des jetzigen Hochaltars, mit der schlichten Nachbildung des Mariazeller Gnadenbildes. Im Scheitelfresko der Chorturmkuppel erkennt man ein Lamm, das Sinnbild für Christus, im Mandelbogen thront Christus als Richter im Jüngsten Gericht. Unterhalb des Fußbodens der darüber liegenden Turmkammer wurde 1991 eine gotische Zinnflasche (aus 1430) gefunden, die sich im Lauf ihrer Untersuchungen als Weltunikat erwies. Eine Seite ist mit dem gravierten Bild des Hl. Georg, die andere mit dem der Hl. Drei Könige geschmückt. Diese Plattflasche ist im Amthofmuseum ausgestellt. Über die Passionsfresken der südlichen Chorwand gibt es eine feinsinnige Abhandlung des Laibacher Kunsthistoriker Janez Höfler.

Der mächtige Barockaltar von 1738 schwingt sich hinter dem Altartisch bis zum Ansatz der mittleren Stichkappe des Chorgewölbes empor. Seine nun leere Bildnische (Ädikula) war der Platz für die Marienstatue, die den jetzigen Hauptaltar ziert. Das nördliche Seitenschiff lässt mit seinem kunstvollen Rippennetzwerk die hohe Meisterschaft der Steinmetzmeister der Gotik erkennen. Sie haben sich im dritten und vierten Pfeiler mit ihren Meisterzeichen verewigt. Im Chorschluss stehen die Reste des gotischen Tschahitscher Flügelaltars, dessen Tafelbilder und Schreinfiguren, zusammen mit den Evangelistenstatuen der Kanzel, 1987 gestohlen wurden. Nach sechsjähriger Abwesenheit ist nur die Schnitzfigur des Hl. Martin zurückgestellt worden. Sie wurde an der Südwand der neuen Westhalle postiert. Der Altarunterbau (Predella) des Flügelaltars trägt auf der Vorderseite ein Schnitzrelief des aus dem Steingrab auferstehenden Christus, auf der Rückseite ist in einem qualitätvollen Tafelbild das Schweißtuch der Veronika dargestellt. Zwei Grabsteine der Chorwand verdeutlichen den Kunstgeschmack der Periode ihrer Entstehung. Derjenige des „Johan Lorentz Jovio“, Herrn von Poitschach (gest. 1733), ist in triumphaler, barock ausschweifender Technik gemeißelt, der des „edl und vest Christoff Scheitt“, eines bambergischen Amtmannes, in der schlicht-eleganten Stilart der Gotik. Die von Baumeister Anton Missoni gewidmete „Ecce-Homo“-Darstellung wurde höchstwahrscheinlich aus einem figurenreichen Heiligen Grab geborgen.

In einer Wandnische des Westchores kommt seit 1991 ein ausdrucksvoller spätgotischer Crucifixus, der ursprünglich die Triumphbogenwand (Lettner) zierte, zu unmittelbar ansprechender Wirkung. Die neue Orgel wurde vom Tiroler Orgelbauer Martin Pflüger gebaut und 1991 vor dem genannten Lettner montiert. Mit einem Drittel der Herstellungs-kosten von 2,5 Millionen Schilling hat Pfarrer Hofer einen „Orgel-Kindergarten“ in Sao Paolo, Brasilien, finanziert.

Der heutige Hauptaltar ist ein Marienaltar des Rokoko. Er diente ursprünglich als rechter Seitenaltar. Nun veranschaulicht er an zentraler Stelle das Marienpatrozinium dieser Kirche. Den Mittelpunkt der beschwingten Architektur bildet eine große, mit einem zarten Goldmuster eingerahmte Bildnische, in der die Marienstatue des alten Hochaltars den Altarbereich optisch beherrscht. In den angrenzenden Nischen posieren die goldgefassten Statuen der Heiligen Katharina und Lucia, auf den Konsolkapitellen der beiden Randsäulen stehen die Statuen der Heiligen Anna und Joachim, der Eltern Marias. In der Altarmensa ist eine Reliquie des heiligen Clemens Maria Hofbauer eingemauert, der zwei Mal Feldkirchen besucht hat. In Wien hatte er durch seinen persönlichen Umgang, durch Glaubensmission und Predigt, als Beichtvater und Studentenberater eine umfassende Seelsorgetätigkeit entfaltet, die alle Schichten bis in die höchsten Kreise der Gesellschaft erfasste. 1820 ist er gestorben, 1909 wurde er heilig gesprochen.

HR Dr. Hans Neuhold