GLASNOST in der Kirche?

Ein „Metalog“ * als selbstkritische Besinnung nach Innen.

Petition pro ecclesia (© Foto: Sende-Zeit: Blog der Medienpastoral im Erzbistum Freiburg )
Petition pro ecclesia (© Foto: Sende-Zeit: Blog der Medienpastoral im Erzbistum Freiburg )

Am Dienstag, 08. März 2011, just einen Tag vor Eröffnung und Präsentation der neuen Homepage der Diözese Gurk-Klagenfurt (http://www.kath-kirche-kaernten.at/home/) erhielt die Redaktion der slowenischsprachigen Kirchenzeitung der Diözese Gurk-Klagenfurt „Nedelja“ auftragsgemäß einen denkwürdigen (Leit-) Kommentar mit dem Titel  »Potrebna večglasnost v Cerkvi« (Vielstimmigkeit in der Kirche ist gefragt). Nicht unbedacht wird zu diesem Zeitpunkt auch in dieser Überschrift die Anspielung auf „Glasnost“ (Offenheit, Transparenz, Informations- und Redefreiheit) auch im Hinblick auf die neu gestaltete Homepage der Diözese gewählt worden sein
In der redaktionellen Textverarbeitung wurde diesem Kommentar nicht nur ein zusätzlicher Schlussabsatz aus dem Kommentar der vorausgehenden Ausgabe verpasst, was zu irrwitzigen Schlüssen führte, sondern auch im Textvorspann der Redaktion für die Internetausgabe des Kommentars (http://www.nedelja.at/)  wurde am 14. März 2011 der Name des Autors verballhornt. Doch soll der Konkursus (Zusammenlauf / Zusammenfall) dieser Begleitumstände nicht daran hindern, diesen Artikel in einer vom Autor Sinn entsprechend bearbeiteten deutschen Fassung hier zu präsentieren und zur Diskussion zu stellen.


„Vielstimmigkeit in der Kirche ist gefragt"
Im Bistum Chur in der Schweiz sind in den vergangenen Wochen der Regens des Priesterseminars und der Generalvikar von Graubünden zurückgetreten, weil sie nicht mehr mit dem zuständigen Diözesanbischof zusammen arbeiten können und geben vor, ihrer eigenen Entlassung zuvorgekommen zu sein. Die Stellungnahme des zuständigen Diözesanbischofs dazu lautet anders (http://www.bistum-chur.ch/am_dioezesanbischof_208.html). Weitere Mitglieder der Diözesanleitung haben sich zu Wort gemeldet und öffentlich ihre Sorge um das Bistum zum Ausdruck gebracht. Ausgangspunkt scheinen Fragen der staatlichen Kirchensteuereinhebung in der Schweiz sowie spezielle Fragen der Priesterausbildung zu sein. Das sind auch Fragen, die andere Diözesen, v. a. im deutschsprachigen Raum sich heftiger denn je stellen. Ohne in die Angelegenheit des Bistums Chur hinein zureden, wird dort wie hier die Beachtung der Vielstimmigkeit und des vertrauensbildenden Gesprächs miteinander helfen können, die Einheit und die Einstimmigkeit in Glaubensfragen zu finden, die für die Kirche wesentlich sind und bleiben.
Dies gilt auch für das initiierte und zum 06.03.2011 abgeschlossene „Memorandum zur Krise der römisch-katholischen Kirche“, das römisch-katholische  Theologieprofessoren und -professorinnen,  die an deutschsprachigen Universitäten lehren, abgegeben haben (http://www.memorandum-freiheit.de/). Beachtlich, aber von den Agenten dieses Memorandums nicht durchsichtig gemacht, ist die Tatsache, dass dieses Memorandum von einigen (oder sind es viele?) Theologieprofessoren und -professorinnen nicht unterschrieben worden ist, teilweise mit der ausdrücklichen Begründung, dass dieses Memorandum in seinen einzelnen (6) Punkten nicht vorher theologisch ausführlich  diskutiert und kommuniziert worden ist. Vielmehr erweckt es den Anschein, dass ein vorgefertigter Text nach dem Motto „Vogel friss oder stirb“ zu unterschreiben war. Deshalb ist zu fragen, ob die Stimmen derer, die nicht unterschrieben haben, hinreichend beachtet wurden. Wenn nicht, wäre das der notwendigen Vielstimmigkeit abträglich.
In diesem Zusammenhang hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch eingemahnt und darauf hingewiesen, dass es falsch sei, „den Bischöfen >>Reformresistenz und Angststarre angesichts der anstehenden Herausforderungen<< vorzuhalten“. Gleichzeitig warnte er davor, „Papst und römische Kurie als Verhinderer und Blockierer darzustellen. Das Päpstliche Amt halte über eine Milliarde Katholiken zusammen, ohne doch eine sterile Uniformität zu verordnen“ (L´Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, 41. Jahrg., Nr. 8, 25.02.2011, S.1).
Nicht nur als Reaktion auf dieses Memorandum haben wiederum engagierte Christinnen und Christen auch ihre Stimme erhoben und wie das Memorandum „Kirche 2011“ auf einer Internetseite (http://petitionproecclesia.wordpress.com/) begonnen, Stimmen in Form einer Petition „Pro Ecclesia“ (Bittstellung für die Kirche) für die Kirche und die Einheit des Glaubens zu sammeln. Sie tun dies in bewusster Treue zur Kirche, ohne jedoch die anstehenden Probleme zu verleugnen.
An beiden Aktionen haben sich mehrheitlich Unterzeichnende aus Deutschland und Österreich beteiligt. Für die Herausgeber des Memorandums aus Deutschland hat schon Erzbischof Zollitsch an die dort bediensteten oder emeritierten Theologieprofessoren und -professorinnen sein Wort gerichtet. Das Memorandum haben auch nicht wenige Theologieprofessoren und -professorinnen aus Österreich unterschrieben. Einer Stellungnahme der  österreichischen Bischofskonferenz zu beiden Aktionen wird nicht vorzugreifen sein. Diese wäre aber im Sinne der genannten Vielstimmigkeit in der Kirche und für die Kirche sehr zu begrüßen.

Mag. Michael Golavčnik
Pfarrvorsteher von Augsdorf-Loga vas und Rosegg-Rožek
Religionsprofessor BG/ BRG für Slowenen in Klagenfurt-ZG/ ZRG za Slovence v Celovcu
´Nedelja´, Sonntag, 13.03.2011, Kommentar, S. 2“
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* Bateson, Gregory:  „Ein Metalog ist ein Gespräch über ein problematisches Thema. In diesem Gespräch sollten die Teilnehmer nicht nur das Problem diskutieren, sondern die Struktur des Gesprächs als ganzes sollte auch für eben dieses Thema relevant sein.“ In: Bateson, Gregory: Ökologie des Geistes. Anthropologische, psychologische, biologische und epistemologische Perspektiven. Frankfurt a. M.: Suhrkamp,1981.