Organisation

Referat für Menschen mit Behinderungen

Weil wir Freunde sind

Freundschaft ist das Kennzeichen der Arche-Gemeinschaften. Eine Reportage

 (© Foto: Barka/Arche Slowenien)
(© Foto: Barka/Arche Slowenien)


Freundschaft zwischen den Bewohnern ist typisch für das Leben in Arche-Gemeinschaften. Bei einem Gespräch mit Maja, Tomaž, Hervé und Rosi, Bewohnern der Barka, spürt man, wie tief und innig Freundschaft dort gelebt wird.
von Claudia van Kessenich

 

Maja Predovic arbeitet in der Holz- und Waldwerkstatt der „Barka“, wie die „Arche“ in Slowenien heißt. Sie lebt in Ljubljana und kommt jeden Tag mit dem Bus aus der Stadt. „Ja, ich habe viele Freunde hier. Ich unterhalte mich gerne mit ihnen. Bei meiner Arbeit schleife und säge ich mit anderen zusammen. Das ist schön. Ich bin sehr zufrieden“. Hervé Le Roux ist seit vielen Jahren Assistent in der Barka. Mit den Bewohnern verbindet ihn eine tiefe Freundschaft. In den Werkstätten wird jeden Tag gemeinsam gearbeitet. Auch an vielen Wochenenden gibt es regelmäßig Kontakt. Sie gehen zusammen zu Veranstaltungen oder organisieren selbst welche. „Wir teilen unser Leben, jeder erzählt gerne von seinen Erlebnissen am Wochenende, keiner hat Angst zu sprechen. Somit teilen wir auch die Freizeiterlebnisse in der Gemeinschaft“. Maja hatte an ihrem ersten Tag in der Barka Angst. Sie war es nicht gewohnt, viele Menschen zu sehen. Sie hat sich gefühlt wie unter Fremden, die aber dann Freunde wurden. Sie hat erkannt, dass die Bewohner der Barka eine Gemeinschaft bilden. „Wenn ich nicht genau wusste, was ich brauche, dann haben mir eben die anderen geholfen. Auch ich helfe den anderen.“ Auf die Frage, wie sie denn erkennt, dass einer Hilfe braucht, kann Maja sehr schnell antworten. Sie spüre es einfach. „Bei Tomaž spüre ich, dass er viel Hilfe und Aufmerksamkeit braucht, weil er nicht sprechen kann.“ Hervé sagt es mit seinen Worten: „Tomaž spricht leise und nicht klar. Das ist nicht leicht für andere Menschen. Maja kann sich gut auf ihn einstellen. Sie nimmt sich Zeit für ihn.“

Sich in den anderen einfühlen

Maja lächelt: „Wenn Tomaž zu mir kommt, dann streichle ich ihm über den Kopf. Ich zeige ihm, dass ich ihn gerne habe, auf meine Art und Weise. Er spricht nicht, aber er kann hören, er spürt und fühlt es.“ Hervé fügt ein, dass Maja mit ihrer Einfühlsamkeit anderen ein Beispiel sein kann. Sie zeigt, wie schön man mit Tomaž umgehen kann, damit er nicht einsam ist, weil er sich ja nicht mitteilen kann. Er wohnt zu Hause und arbeitet seit zehn Jahren tagsüber in der Barka. „Wenn Tomaž kommunizieren will, dann lächelt er, neigt seinen Freunden in der Barka den Kopf zu, er nähert sich, lächelt und zeigt uns, dass er uns lieb hat.“ Bald fährt die Gruppe gemeinsam nach Kroatien auf Urlaub. Sie werden Uroš, einen ehemaligen Assistenten, treffen, der sieben Jahre lang für die Werkstätten zuständig war. Maja strahlt: „Ich freue mich sehr, ihn wieder zu sehen, mit ihm zu plaudern, er kann so gut mit mir reden.“ Wie ist es denn, sich nach einer Pause, nach den Ferien wieder zu sehen? Sie beginnt zu lachen an: „Ich fühle mich immer ausgezeichnet und fange gleich zu arbeiten an. In den Ferien vermisse ich meine Freunde in den Werkstätten “.

Freizeit miteinander verbringen

Man spürt eine schöne Freundschaft untereinander und mit allen Assistenten. Für Hervé heißt das, „dass wir zusammen sein können, auch wenn wir nicht arbeiten, dass wir eben auch einmal am Abend oder am Wochenende Freizeit gemeinsam zu verbringen, Gemeinschaft leben, auch wenn man nicht arbeitet, sondern auch die Freizeit miteinander verbringt“. Wenn jemand keine Freunde hat, helfen die Assistenten, Kontakte zu Menschen aus der Umgebung zu legen. Diese kommen dann regelmäßig, um etwas Schönes zu unternehmen: Kaffee zu trinken, spazieren zu gehen, Geburtstage zu feiern, ins Kino zu gehen oder auch Amtswege gemeinsam zu erledigen. „Wir gehen jetzt unserer Wege, weil wir gemeinsam sind, weil wir Freunde sind.“ Es geht darum, Glück, Traurigkeit und wichtige Momente zu teilen. Es ist wichtig, Kontakte außerhalb der Gemeinschaft zu haben, am Wochenende hinauszukommen, zu Freunden oder in eine Familie. Sehr schön ist es, wenn Freunde kommen und für alle kochen. Rosemarie Linde, eine Assistentin, formuliert es so: „Diese Freunde schenken uns Wärme auf zwei Ebenen. Erstens wird ein warmes Essen im Team vorbereitet, es ist ein gemeinsames Schaffen, und zweitens nährt es die menschlichen Ebene, die Freundschaft untereinander.“ Kürzlich hat ein junger Italiener, einige Zeit Freiwilliger in der Gemeinschaft, es so ausgedrückt: „Das Leben in der Barka war das bisher bedeutendste Erlebnis in meinem Leben. Ich wurde innerhalb von zwei Minuten von den Menschen hier angenommen.“ Am Anfang seiner Zeit noch etwas unsicher, hatte er am Ende ein selbstsicheres Auftreten. Es waren die Menschen mit Beeinträchtigungen, die ihm geholfen haben, sich zu verständigen und weiterzuentwickeln, auch ohne verbale Sprache, mit Augenkontakt und Gesten – er konnte ja nicht slowenisch. Vielleicht war es sogar hilfreich, miteinander ohne Worte zu kommunizieren. Der Kontakt und die Freundschaft entstehen dann eben auf einer anderen Ebene. Wer Interesse hat, einige Zeit in der Barka zu verbringen und diese Gemeinschaft zu erleben, ist dazu herzlich willkommen!

 

Kontakt:

Društvo Barka
Zbilje 66, SLO-1215 Medvode
Slowenien
Tel. +386 361 64 58
Mail: barka.skup@guest.arnes.si