Auf, lasst uns zum Kinde gehen!

Ein spiritueller Impuls von Seelsorgeamtsdirektorin Anna Hennersperger für Weihnachten

„Die Krippe hat heute ihren Ort, wo Leid, Trauer und Tränen, Hoffnungslosigkeit und Angst das Sagen haben. Dort wo Menschen nach Erlösung und Frieden verlangen und darauf hoffen“, schreibt Anna Hennersperger in ihrem geistlichen Impuls zum Weihnachtsfest. (© Foto: KH Kronawetter / Internetredaktion (Glasscheibe, Gajach im Drautal, um 1500 - Schatzkammer Gurk))
„Die Krippe hat heute ihren Ort, wo Leid, Trauer und Tränen, Hoffnungslosigkeit und Angst das Sagen haben. Dort wo Menschen nach Erlösung und Frieden verlangen und darauf hoffen“, schreibt Anna Hennersperger in ihrem geistlichen Impuls zum Weihnachtsfest. (© Foto: KH Kronawetter / Internetredaktion (Glasscheibe, Gajach im Drautal, um 1500 - Schatzkammer Gurk))
Glasscheibe, Gajach im Drautal, um 1500 - Schatzkammer Gurk (© Foto: KH Kronawetter / Internetredaktion)
Glasscheibe, Gajach im Drautal, um 1500 - Schatzkammer Gurk (© Foto: KH Kronawetter / Internetredaktion)

Quirinus war Statthalter von Syrien unter Kaiser Augustus. Diese Provinz galt als eine der wichtigsten des römischen Reiches. Judäa war ihr als autonomes Gebiet angegliedert. Dem Evangelisten Lukas ist es offensichtlich wichtig, das zweite Kapitel seines Evangeliums mit historischen Eckdaten zu versehen. Diese stellt er an den Beginn. Der Zugriff der Obrigkeit auf die Bürger durch Steuerlisten, die Namen der Herrschenden und die Erfüllung der staatsbürgerlichen Pflichten. Das ist der karge Kontext des folgenden Ereignisses, das sich im Schutz der Nacht außerhalb von Bethlehem ereignet.

Ein Kind wird geboren

Ein Kind erblickt das Licht der Welt. Keine Besonderheit im Lauf der Welt. So weit, so normal.
Bedeutung bekommt das „freudige Ereignis“ über das Paar hinaus erst in dem Moment, als der Engel den Hirten und „dem ganzen Volk“ offenbart, dass dabei längst Gott selbst der Handelnde ist. Eine Geburt, die in der Folge die Welt in so entscheidender Weise verändert, dass wir bis heute die christliche Zeitrechnung in die Jahrtausende davor und die Zeit danach unterteilen.
Ein Kind erblickt das Licht der Welt. Es ist das Licht der Welt. So lernen wir zu späterer Zeit von der Perspektive der Auferstehung her zu sagen.

Gott kommt uns unglaublich nahe

An jedem Weihnachtsfest versuchen Menschen zu begreifen, was sich da an Wunder zwischen Himmel und Erde vollzieht. Denn das „Heute“ des Engels benennt kein Ereignis von anno dazumal, das wir gedenkend mit einem guten Braten, mit Keksen und Glühwein, einer heimeligen Liturgie und allerhand Geschenken feiern und es (uns) dabei gut sein lassen. Das „Heute“ der Verkündigung des Engels meint „hier und jetzt“, es bezeichnet die Gegenwart.
Gott bricht mit seiner Menschwerdung heute in die Unheilsgeschichten der Welt ein. Er kommt uns als neugeborenes Kind, hilflos und zerbrechlich, unglaublich nahe.

Wo steht die Krippe heute?

Wo finden wir ihn? Wo suchen wir ihn? Wo steht die Krippe im Jahr 2016?
Die Krippe hat heute ihren Ort, wo Leid, Trauer und Tränen, Hoffnungslosigkeit und Angst das Sagen haben. Dort wo Menschen nach Erlösung und Frieden verlangen und darauf hoffen. Sie steht in den Trümmern der völlig zerstörten Oststadt von Aleppo, auf all den Straßen und Plätzen, in denen Selbstmordattentäter unzählige Menschen mit in den sinnlosen Tod gerissen haben, in dem von der Welt vergessenen Flüchtlingslager des Darfur-Konflikts im Sudan, an der Mauer zwischen Israel und Palästina … Wo noch?
Im Kind in der Krippe findet man das Licht der Welt, das so viele so sehr ersehnen. Auf, lasst uns zum Kinde gehen!

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