Pfarre

Villach-St. Nikolai

Impuls zum Karfreitag und Karsamstag

Erlöst durch das Übermaß der Liebe Gottes

(Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM)
(Foto: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM)

Wenn wir auf die Wirklichkeit blicken – auf die im eigenen Leben, in unserem engeren Umfeld oder weltweit, entdecken wir sehr viel Gutes, das es gibt. Aber auch Böses, sogar abgründiges Böses. Neben den vielfältigen Leben der wunderbaren Schöpfung, zeigen sich Vergehen, die menschliches Leben – körperliches und seelisches, fremdes und eigenes – beeinträchtigen und zerstören.

Es zeigt sich eine Welt, die erlösungsbedürftig ist.

Erlösung – ein zentraler Begriff unseres christlichen Glaubens. Doch was bedeutet eigentlich Erlösung im christlichen Sinn?

DURCHFAHRT BLOCKIERT

Machen wir dazu zunächst einen gedanklichen Schwenk in die jüngste Geschichte. Am 23. März 2021 war die Ever Given, das riesige Containerschiff auf ihren Weg nach Rotterdam im Sueskanal auf Grund gelaufen. Für mehrere Tage war die Durchfahrt auf beiden Seiten komplett blockiert. Kein einziges Schiff konnte mehr durchfahren. Knapp 400 andere Schiffe waren an ihrer Weiterfahrt behindert worden. Dies führte und führt zu weltweiten (finanziellen) Verlusten und Schäden, die heute noch nicht einmal absehbar sind.

Kommen wir nun zurück zur eingangs gestellten Frage: Was bedeutet eigentlich Erlösung im christlichen Sinn?

Bereits am Anfang der Bibel spiegelt sich eine ähnliche Durchfahrts-Blockade wie im Suez-Kanal wieder, jedoch mit wesentlich größeren Konsequenzen.

In den Erzählungen der Bibel (v. a. im Buch Genesis) wird mit wirkmächtigen Bildern berichtet, wie es zu einer Durchfahrtsbehinderung zwischen Gott und den Menschen, sowie zwischen den Menschen untereinander gekommen ist bzw. kommt – und dies folgendermaßen:

Gott schenkt durch seine Liebe den Menschen das Leben und all das, was er braucht – inkl. die Durchfahrtsstraße, welche das göttliche und menschliche verbindet. Doch der Mensch möchte wie Gott sein und wendet sich von ihm ab. Der Mensch – nicht Gott – kappt die Beziehung zu Gott – legt sich quer – wie die Ever Given im Sues-Kanal und unterbricht damit die Liebesbeziehung zu Gott. Dabei entfremdet sich der Mensch nicht nur von Gott, sondern es kommt auch zu Beziehungsstörungen zwischen den Menschen untereinander. Es entstehen Schäden, die Spuren hinterlassen: Narben, Verletzungen usw. Neben persönlich negativen Auswirkungen, kommt es zu Folgeschäden für das unmittelbare Umfeld, manchmal sogar zu weltübergreifenden.

Christlich gesprochen: Durch die Sünde macht sich der Mensch schuldig, und zwar anderen gegenüber oder Gott gegenüber.

GOTT WENDET SICH DEN MENSCHEN UNAUFHÖRLICH ZU

Nun kann sich ein gekentertes Schiff nicht selbst befreien – bzw. der Mensch kann Erlösung nicht selbst erwirken.

Daher kommt Gott den Menschen unaufhörlich entgegen. Er wendet sich pausenlos den Menschen und der Welt zu, damit diese nicht einfach der Schuld und ihren Folgen selbst überlassen sind. Und das tut Gott aus seiner eigenen Freiheit heraus – aus Liebe ZU UNS.

Dabei setzt Gott sein erlösendes Handeln nicht bei den entstandenen Schäden , sondern bei der Wurzel – der Ursache selbst an: Dort, wo die Durchfahrts-Beziehung des Menschen mit Gott und die Beziehung der Menschen untereinander gestört und behindert wurde und wird. Danach kann dann auch ein Prozess der Heilung der verursachten Schäden beginnen – christlich ausgedrückt: kann Versöhnung beginnen.

ERLÖST DURCH DAS ÜBERMASS DER LIEBE GOTTES

Nun glauben wir Christen, dass wir durch Jesus Christus bereits erlöst sind – also durch Gott, der in Jesus Christus, besonders seinem Tod und seiner Auferstehung erlösend wirkt.

Jesus hat uns dafür selbst ein Gleichnis hinterlassen, jenes mit dem verlorenen Schaf. Hierin kommt zum Ausdruck, dass Gott den erlösungsbedürftigen Menschen nachgeht, um ihn in das Leben heimzuführen – und zwar allen Menschen – ohne Ausnahme: Gute und Böse, Gerechte und Ungerechte.

Dabei ist Jesus, der ganz mit seinem Vater verbunden ist, im Inneren ganz mit dem Vater übereinstimmt – biblisch gesprochen: der dem Vater gehorsam ist – bis zum äußersten bereit. Bis zum Tod am Kreuz, der entscheidende Augenblick der Erlösung – unserer Erlösung.

Bei dieser Erlösung durch das Kreuz steht jedoch nicht das schmerzliche blutige Opfer, das Jesus dargebracht hat, im Mittelpunkt, sondern die Liebe. Jene Liebe, die zum Äußersten bereit war: Um uns zu vergeben, um uns für die Gemeinschaft MIT ihm zu gewinnen und uns zu erneuern.

Das Kreuz ist also wohl das äußerste und dramatischte Zeichen, wie weit Gott in seiner Liebe geht. Doch gedenken wir heute in erster Linie nicht an das Übermaß der Schmerzen Jesu, die uns erlöst haben, sondern an das Übermaß der Liebe Gottes, die sogar den Tod auf sich nimmt, wenn es sich als unvermeidbar erweist (vgl. Joseph Ratzinger, Einführung in das Christentum).

Daher beten wir ja nicht "Das Kreuz hat uns erlöst", sondern "DURCH das Kreuz hat JESUS UNS erlöst".

Dies bedeutet daher für uns, die wir Christus nachfolgen wollen: Wir sollen nicht den Schmerz anstreben, sondern die Liebe, welche es bei Bedarf auch ermöglicht, Schmerz auf sich zu nehmen.

Jesus hat uns den Weg gebahnt, um unseren oft eigenen verstopften Lebensweg, den wir nicht selbst freilegen können, „durch ihn und mit ihm und ihm“ gehen zu können.

ENTSCHEIDUNG LIEGT BEIM MENSCHEN

Entscheidend dabei ist, ob wir Menschen – ob du und ich – diese – ohne menschliche Vorleistung geschenkte Liebe und Vergebung Gottes, die sich durch Jesus offenbart – annehmen wollen oder nicht.

Diese Entscheidung kann uns kein anderer Mensch abnehmen – ja nicht einmal Gott nimmt uns diese ab, weil er NIE GEGEN den uns von ihm geschenkten freien Willen handelt.

Damit wir uns aber immer wieder neu dafür entscheiden und uns auf dem Weg einlassen und ihn gehen können, vertraute und schenkte uns der Herr als Stütze und Stärkung die Sakramente an.

GEBET FÜR DIE PERSÖNLICHE KREUZVEREHRUNG AM KAFREITAG ODER VOR DEM GRAB AM KARSAMSTAG

Herr, danke für deine Liebe zu mir. Ich übergebe mich heute neu deiner Liebe, die mir Erlösung geschenkt hat und die mich auch auf den schweren Pfaden meines Lebens begleitet.

Stärke mein Vertrauen zu dir, damit ich mich durch dich dort versöhnen lasse, wo es noch notwendig ist.

Ich danke dir für deinen Weg der Erlösung, welcher der Weg zur Auferstehung ist, die du mir schon heute in meinem Herzen schenken möchtest. Amen.