Pfarre

Villach-St. Nikolai

Impuls zum Gründonnerstag

Fußwaschung - Taufe/Beichte/Eucharistie

(Bild: falco by pixabay)
(Bild: falco by pixabay)

Auffällig ist, dass der Evangelist Johannes im Gegensatz zu den anderen Evangelisten, nicht die uns vertrauten Einsetzungsworte Jesu "Das ist mein Leib ... Das ist mein Blut" wiedergibt. Das liegt u. a. daran, weil Johannes diese bereits im sechsten Kapitel, wo Jesus noch öffentlich wirkt, bei der Brotrede verortet und unter anderem sagt:

„Ich bin das Brot des Lebens.Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, ich gebe es hin für das Leben der Welt.Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir, ich bleibe in ihm und der wird durch mich leben in Ewigkeit.“ (Joh 6,48ff)

Dafür integriert der Evangelist Johannes – und NUR er – beim Letzte Abendmahl, bei dem Jesus später zu seinen Jüngern sagt: „Ich nenne euch nicht mehr Knechte, sondern Freunde“ (Joh 15,15) – die Fußwaschung.

Solch eine Fußwaschung war zur damaligen Zeit vorrangig v. a. ein Dienst von Sklaven. Diese niedrigste, verachtungswürdige Aufgabe bestand u. a. darin, die Füße der Damen und Herren der Oberschicht oder die der Gäste vom Schmutz der Straße zu reinigen. Und das weiß Petrus. Er checkt sofort, dass es sich um einen Sklavendienst handelt, den Jesus, der Sohn Gottes, hier vollzieht. Und das geht gar nicht! – Zumindest dem Verständnis des Petrus nach.

Doch Jesus beharrt auf die Fußwaschung, und macht Petrus darauf aufmerksam, dass es sich hierbei nicht nur um eine Art Reinigung handelt, sondern dass sie vor allem EIN Beispiel dafür ist, WIE die Jünger – und alle, die Jesus nachfolgen werden – Anteil an ihm haben bzw. haben werden (vgl. Joh 13,8).

Hier drängt sich regelrecht die Frage auf: Worum geht es bei der Fußwaschung eigentlich? Geht es ausschließlich um eine ethische Handlung Jesu, um eine ethische Verhaltensweise Jesu, der wir folgen sollen? Möchte der Evangelist Johannes mit der Fußwaschung primär ein Bild Jesu als ethischen Superguru aufzuzeigen, wie es oft einseitig vermittelt wird? Oder ist der Sinn der Fußwaschung nicht doch ein viel tieferer?

In der Fußwaschung spiegelt sich die ganze Heiligen Schrift – das Wirken Gottes an uns Menschen – geballt wider und zwar folgendermaßen: Es ist immer die Liebe Gottes zu uns Menschen, die uns zuerst entgegenkommt, vor allem dann, wenn wir auf Irrwegen unterwegs sind. Es ist anfänglich immer der Schöpfergott, der sich der Welt zuwendet, ein Gott, der die persönliche Beziehung mit den Menschen sucht: Jene Beziehung, in der der Mensch erst wirklich seinen Sinn für sich selbst und für das Miteinander untereinander finden kann. Es ist immer zuerst Gott, der uns Menschen, die wir oft nur winzig in dieser großen Welt sind und verloren wirken, entgegengeht, damit wir nicht verzweifeln müssen. Es ist immer Gott, der „die Seinen, die in der Welt waren zuerst liebt und das bis zuletzt – bis zur Vollendung“ (vgl. Joh 13,1).

Schlicht gesagt: Die Absicht Gottes für uns Menschen ist es vorrangig, fortwährend seine Liebe zu uns zu zeigen, SEINE Liebe zuerst zu schenken, welche nur ein Ziel hat: unsere Rettung und unser Heil, sogar ohne irgendeiner vorherigen Gegenleistung.

Und genau diese Liebe Gottes FÜR UNS, welche wir nie voll erfassen werden und können, diese bedingungslose Liebe Gottes vollendet sich in seinem Sohn, der sich FÜR UNS unaufhörlich klein macht und erniedrigt: als Kind in der Krippe, durch seinen Tod am Kreuz, im Brot, in der Eucharistie. Und ebenso bei der Fußwaschung, bei der Jesus Petrus darauf aufmerksam macht, dass es bei dieser seiner Handlung zuallererst um eine innerste Zugehörigkeit zu IHM geht.

Nachdem dies Petrus, der ganz mit dem Herrn verbunden sein möchte, ansatzweise klar ist, schwenkt er schlagartig um: Vom „Ich lass mir nicht meine Füße von dir waschen“ zu „Wasch mich ganz – meine Hände und mein Kopf“ (Joh 13,6.9).

Nur Petrus schnallt noch immer nicht ganz, worum es Jesus wirklich geht. Da der Herr aber die Seinen kennt, sagte er schon zuvor: „Was ich tue, verstehst du jetzt noch nicht: doch später wirst du es begreifen“ (Joh 13,7). Und mit größter Geduld erklärt der Herr dem Petrus: „Wer gebadet ist, braucht nichts mehr, außer dass ihm die Füße gewaschen werden; er ist vielmehr ganz rein“ (Joh 13,10).

In diesem Satz spiegelt sich für uns unsere eigene Taufe wider, durch die wir schon Anteil an Jesus Christus haben. Anders gesagt: Auf Grund der Taufe müssen wir nicht mehr ganz von Jesus gebadet werden.

Allerdings ist der Herr sich bewusst, dass wir Menschen oft im Lebens-Schlamm herumlaufen und stecken bleiben und uns staubig machen – in Gedanken, Worte und Werke und so nicht mehr wirklich weiterkommen. Daher überreicht er uns Menschen das Sakrament der Buße und Versöhnung, jene "himmlische Fußpflege", in der sich der liebende Gott stets zu uns niederbeugt und zuruft: „Komm, lass dir deine Füße waschen, damit du unaufhörlich GANZ Anteil an meiner Gemeinschaft hast, denn: „Ich bin der Weinstock, du bist die Rebe und ohne mich und von mir getrennt, kannst du nichts tun.“

Darin spiegelt sich die Barmherzigkeit Gottes – die rettende Form der Gerechtigkeit Gottes wieder. Und DIESE Barmherzigkeit Gottes, DIESE RETTENDE FORM der GERECHTIGKEIT GOTTES, vollzieht sich schlussendlich vor allem in der Eucharistie, der Quelle und der Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens (LG 11), wo Jesus in einem kleinen, zerbrechlichen Stück Brot Gestalt annimmt und uns noch demütiger und unaufdringlicher auf uns zukommt.

Und das nicht abstrakt, nicht durch einen Aufschwung des Gefühls, nicht aus einer schlichten Sympathie uns gegenüber, sondern durch ein konkretes leibliches Geschehen: Durch das Brot, in dem er selbst sein Fleisch und Blut annimmt und damit „wir in seiner und des Vaters Liebe“ bleiben" (Joh 15,10).

Dies ist und bleibt ein Geheimnis, welches schlussendlich ausschließlich im Glauben erfasst werden kann!

Der Dienst der Fußwaschung Jesu weist sich in der Messfeier als vollendete Liebeserweis Gottes an uns Menschen aus. Durch sie wird sichtbar, was der Herr tut und was auch wir tun sollen: "Mitliebende mit Ihm zu sein", wie es der selige Franziskaner Duns Scotus ausdrückte.

In der Messfeier, hebt sich die Geschichte in die Gegenwart auf. Und durch sie sollen wir jene Kraft schöpfen, die wir für unseren Alltag – auf all unseren Ebenen des Lebens brauchen – und damit wir selbst die Fußwaschung an unsere Mitmenschen leben können.