Pfarre

Villach-St. Josef

Der Türöffner - Gedanken zum 4. Ostersonntag

von Pfarrassistentin Heidi Wassermann-Dullnig

Wenn es um Türen geht, braucht es heute wie damals viel Vertrauen. In den letzten Wochen hat die Welt sehr eindrücklich erlebt, wie schnell politische Hirten private und öffentliche Türen verschließen und wieder öffnen können. Den Stimmen galt es zu folgen, wer sich widersetzte, war im Verdacht, Dieben und Räubern zu gehorchen und damit sein und das Leben anderer zu gefährden.

Im Johannesvangelium bekommt die Tür heute eine noch größere Vertrauensdimension. Jesus gibt sich den Jüngern als guter Hirte zu erkennen, der jedes einzelne seiner Schafe beim Namen kennt und ruft. Jesus nennt sich sogar selbst die rechte Tür und verspricht allen, Hirten wie Schafen, die durch diese Tür ein- und ausgehen, dass sie zur Weide finden werden.

Das Bild von einer Tür, die zur Weide bringt, spricht direkt ins Leben der Menschen. Die Tür anzutreffen, hinter der nicht die sich immer wiederholenden Lebenshemmer warten, sondern das Leben in Fülle, scheint oft ein endlos zum Scheitern verurteilter Versuch. Und auch wenn die Tür einmal durchschritten ist, ist einem nicht für alle Zukunft garantiert, dass man durch sie ein- und ausgehen kann. Hirtenstimmen sind schnell einmal mit denen von Dieben und Räubern verwechselt und dann ist nicht sicher, ob die Weide tatsächlich satter macht als andere. Vielleicht ist manchen Hirten und Schafen deshalb manchmal die Lust darauf abhanden gekommen, vertrauensvoll und leidenschaftlich nach dieser Tür zu suchen.

Die in den letzten Wochen für viele schmerzliche und für manche erleichternde Erfahrung der geschlossenen Türen und dadurch begrenzten Möglichkeiten hat Neuorientierung und Flexibilität gefordert. Mancherorts ist nun ein ganz feines Gespür zu entdecken für das, was im Leben „das Leben“ ausmacht. Vielleicht wird genau dieses Gespür jetzt wieder Lust darauf machen, Jesus als Tür Priorität zu geben. Wir dürfen darauf hoffen und gespannt sein, was sich dabei für Kirche und Gesellschaft an Ungeahntem und Erfüllendem auftut.

Persönlich inspirieren kann dabei ein Blick in die Geschichte, wie etwa auf Katharina von Siena, die Kirchenlehrerin aus dem 14. Jahrhundert, die mit den Worten zitiert wird: „Nicht weiterschlafen, sondern aufwachen und kühn beginnen! Nur reden und nicht handeln, hilft nichts. Gebt euch nicht mit Kleinem zufrieden, Gott erwartet Großes!“. Umgekehrt darf, wer vertraut, sich auch von Jesus „Großes“ erwarten - er bleibt der Türöffner - ungeachtet aller Replikationszahlen.

EVANGELIUM JOH 10,1-10 ZUR NACHLESE

In jener Zeit sprach Jesus:
Amen, amen, ich sage euch:
Wer in den Schafstall nicht durch die Tür hineingeht,
sondern anderswo einsteigt,
der ist ein Dieb und ein Räuber.
Wer aber durch die Tür hineingeht,
ist der Hirt der Schafe.
Ihm öffnet der Türhüter
und die Schafe hören auf seine Stimme;
er ruft die Schafe,
die ihm gehören, einzeln beim Namen
und führt sie hinaus.
Wenn er alle seine Schafe hinausgetrieben hat,
geht er ihnen voraus und die Schafe folgen ihm;
denn sie kennen seine Stimme.
Einem Fremden aber werden sie nicht folgen,
sondern sie werden vor ihm fliehen,
weil sie die Stimme der Fremden nicht kennen.
Dieses Gleichnis erzählte ihnen Jesus;
aber sie verstanden nicht den Sinn dessen,
was er ihnen gesagt hatte.
Weiter sagte Jesus zu ihnen:

Amen, amen, ich sage euch:
Ich bin die Tür zu den Schafen.
Alle, die vor mir kamen, sind Diebe und Räuber;
aber die Schafe haben nicht auf sie gehört.
Ich bin die Tür;
wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden;
er wird ein- und ausgehen und Weide finden.
Der Dieb kommt nur,
um zu stehlen, zu schlachten und zu vernichten;
ich bin gekommen, damit sie das Leben haben
und es in Fülle haben.