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Dekanat St. Andrä im Lavanttal

Neid und Wohlwollen - ein ungleiches Paar!

Gedanken zum 25. Sonntag im Jahreskreis von Dechant P. Gerfried Sitar

Neid und Wohlwollen – ein ungleiches Paar!

Neid und Wohlwollen stehen einander diametral gegenüber. So gegensätzlich sie auch sind, in unserem Leben spielen beide eine große Rolle. Wie reagieren wir darauf, wenn jemand, der einen Tag in der Woche arbeitet, gleich viel verdient, wie jemand, der wöchentlich fünf Tage hart am Bau schuften muss? Was denken wir, wenn ein Mensch, der viele Leben rettet, in einem Jahr nicht das verdient, was ein Fußballstar (ohne Schulabschluss) an einem Tag bekommt? Vermutlich empören wir uns darüber und stellen die Weltordnung in Frage, weil wir es als ungerecht empfinden.

Was wir allerdings daraus lernen ist, dass wir den Blick auf uns selber richten sollten.

Darauf vergessen wir allzu gern, wenn wir damit beschäftigt sind, das Leben anderer zu betrachten und zu vergleichen. Zugegeben, wir werden auch täglich mit der Nase darauf gestoßen, wenn das Leben Prominenter von allen Seiten beleuchtet und kommentiert wird. Nicht viel anders ist das mit den Sozialen Netzwerken so, wo jeder Lebensmoment öffentlich gemacht wird und die große Überraschung nicht ausbleibt, warum vernünftige oder minder intelligente Postings folgen. Instagram lebt von den Superlativen und dem sich gegenseitigen Überbieten. Die Welt ist ein Narrenschiff und wir sind mitten drinnen. Die einen bohren Löcher, die andere wieder zustopfen müssen. Beim Blick auf das Sonntagsevangelium geht es nicht darum, zu beurteilen, ob der letzte Arbeiter es verdient hat, dass er den vollen Lohn bekommt, sondern es geht um die Großzügigkeit des Besitzers. Diese Großzügigkeit brauchen wir, um im Narrenschiff Welt nicht irre zu werden. Großzügigkeit mindert nicht, sondern bereichert!

Da geht es nicht immer um das Aufmessen, das permanente Vergleichen, sondern vor allem darum, einander das Gute zu gönnen. Missgunst ist wie Gift im Brunnen der Gesellschaft.

Sie verhindert die Zufriedenheit und damit das Glücklichsein. Die Suche nach dem Glück beginnt in der Freude mit dem eigenen Leben und nicht dem Lamentieren über das, was man nicht hat und noch haben möchte! Dabei geht es in erster Linie darum, die eigenen Grenzen nicht nur zu akzeptieren, sondern sich selbst, mit all diesen Schranken, anzunehmen und zu lieben. Das ist kein Aufruf zur Selbstverliebtheit, sondern zur Eigenliebe, die den kritischen Blick durchaus behalten hat, aber nicht ständig aus Neid und Geltungsdrang das Wohl des anderen schmälern möchte, um selbst besser dazustehen. Sie schärft die Dankbarkeit für das Vielfältige, das wir selber an uns wahrnehmen. Da gibt es unzählige Talente und Fähigkeiten, gute Charaktereigenschaften und Zuwendungen des Lebens. Wenn jemand ein Buzzle aus 10.000 Einzelteilen zusammenstellt, dann wird er sich freuen, wenn das letzte Element sich ins Ganze fügt. Alleine betrachtet, gibt ein Buzzleelement wenig her, erst die Gesamtheit schafft ein Bild.

Wer im heutigen Evangelium den Ersten und den Letzten aufmerksam betrachtet, dem wird vieles auffallen. Der Letzte klagt darüber, dass er den ganzen Tag herumstand und nicht angeworben wurde. Auch er hat die Hitze des Tages ertragen, wie der Arbeiter der ersten Stunde im Weinberg – allerdings vielleicht noch in dieser bangen Erkenntnis, nicht gebraucht zu werden. Die Zeit ist nicht vergangen. Hat er also nicht auch etwas Gutes verdient?

Wer großzügig ist, darf ebensolche Großzügigkeit erwarten. Das ist doch eine gute Aussicht!

Ich wünsche Ihnen allen einen sonnigen und großzügigen Sonntag!

Herzlich, Ihr P. Gerfried Sitar