Dekanat

Dekanat St. Andrä im Lavanttal

Gott liebt die Welt

Gedanken zum Dreifaltigkeitssonntag von Dechant Gerfried Sitar

Wenn wir eine Vorladung zu einer Gerichtsverhandlung erhalten, überfällt uns schnell ein flaues Gefühl in der Magengegend. Dazu kommen uns auch sehr rasch Bilder namhafter Künstler in den Sinn, wie das Weltgericht von Hieronymus Bosch oder jene eindrucksvolle Szene in der Sakristei des Stiftes Vorau (Steiermark), wo das Jüngste Gericht in erschreckenden Szenen dargestellt wird. Dazu gesellen sich Texte, wie aus Franz Kafkas „Der Prozess“, die unser mulmiges Gefühl unterstreichen. Ist Gott ein strafender Richter?

Nahezu trostreich empfinden wir das Evangelium des heutigen Sonntags, das ein Bild eines liebenden und verzeihenden Gottes zeichnet. Gott liebt die Welt! Das sagt alles!

Der Liebende ist nicht zerstörend, sondern er versucht, das Gefährdete zu retten. Trotzdem scheint das Evangelium unmissverständlich aufzuzeigen, dass es nur ein Entwederoder gibt. Das Vielleicht, ein Wort, das wohl im Dienst des Zeitgeschmacks steht und die gelebte Unverbindlichkeit zum Ausdruck bringt, ist im Gehen mit Jesus nicht möglich. Der Glaube ist gefordert! Das ist allerdings nicht so einfach. Früher haben Eltern und Großeltern den Glauben durch ihr Beispiel vorgelebt. Wer ist heute dafür verantwortlich? Die Suche nach dem Glauben wird zu einer Suche nach der Barmherzigkeit, die wir nur in der Begegnung mit großartigen Menschen finden. Das brauchen wir!

Nicht Auge um Auge und Zahn um Zahn, sondern das Versöhnende und das Heilende, das wieder neu das Gefühl entzündet: Gott ist nicht tot. Er lebt!

Auch wenn Friedrich Nietzsche keine Freude mit dieser Erkenntnis hätte: Gott ist dort lebendig, wo Menschen einander in Barmherzigkeit begegnen - dort braucht es keine Worte, sondern es ist klar und fühlbar!

Diese Erkenntnis fordert uns Christen allerding in einer Zeit der Empörungsgesellschaft, wo wir so sehr damit beschäftigt sind, die Makel der anderen aufzuzeigen, um selbst besser dazustehen und die eigenen Fehler damit zu übertünchen. Wer für sich Barmherzigkeit erwartet, sollte auch bereit sein, diese zu geben und zu leben. Alles andere ist verabscheuenswürdige Heuchelei, über die auch würdevolle Gewänder nicht hinwegtäuschen können. Leider ist diese Selbstgerechtigkeit, die massiv zerstörend ist, auch in der Kirche sehr stark am Werk. Menschen, die so handeln, haben wenig verstanden vom Evangelium und predigen Hass und nicht Liebe. Das sollte uns bewusst sein.

Wer Hass predigt, wird selbst von Innen her zerfressen und kann nicht mehr für sich den Anspruch erheben, Spiegel der Liebe Gottes zu sein.

Das sollte niemand vergessen. Im Übrigen gilt der entwaffnende Satz von Don Bosco: "Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen!" Wenn wir so den Menschen begegnen, dann wird überall dort, wo wir von Gott erzählen, deutlich:

Gott liebt die Welt!

Ich wünsche Ihnen einen von Innen strahlenden Dreifaltigkeitssonntag!

Herzlich, Ihr P. Gerfried Sitar