Pfarre

Klagenfurt-St. Peter

Gedanken für den Tag - Karsamstag

Von Provisor Richard Pirker

Gebet am Beginn des Tages der Grabesruhe Christi

Herr, lehre mich in der Stille Deiner Gegenwart

das Geheimnis zu verstehen,

wie in der Begegnung mit Dir,

in Deinem Wort,

Menschen sich erkannt haben

als Dein Bild und Gleichnis.

Hilf mir loszulassen, was mich hindert,

Dir zu begegnen und mich von Deinem Wort ergreifen zu lassen.

Hilf mir zuzulassen, was in mir Mensch werden will nach Deinem Bild und Gleichnis.

Bildunterschrift (Bildrechte sind zwingend anzugeben!)
Mitten im gewachsenen Leben tritt das Licht empor, das Kreuz Christi leuchtet auf

Joseph Ratzinger, Karsamstag, 1976:

„Karsamstag, Tag des Begräbnisses Gottes - ist das nicht auf eine unheimliche Weise unser Tag? Fängt unser Jahrhundert nicht an, zu einem großen Karsamstag zu werden, einem Tag der Abwesenheit Gottes, an dem auch den Jüngern eine eisige Leere ins Herz steigt, so dass sie beschämt und verängstigt sich zum Heimweg rüsten und auf ihrem Emmaus-Gang dumpf und verstört sich in ihre Hoffnungslosigkeit hineinbohren, gar nicht bemerkend, dass der Totgeglaubte in ihrer Mitte ist? Gott ist tot, und wir haben ihn getötet: Haben wir eigentlich bemerkt, dass dieser Satz fast wörtlich der Sprache der christlichen Überlieferung entnommen ist, dass wir oft genug in unseren Kreuzweggebeten schon Ähnliches gelallt haben, ohne den erschreckenden Ernst, die unheimliche Wirklichkeit des Gesagten zu gewahren? Wir haben ihn getötet, indem wir ihn ins Gehäuse veralteter Denkgewohnheiten einschlossen, indem wir ihn in eine Frömmigkeit verbannten, die wirklichkeitslos war und immer mehr zur devotionellen Phrase oder zur archäologischen Kostbarkeit wurde; wir haben ihn getötet durch die Zweideutigkeit unseres Lebens, die ihn selbst verdunkelte, denn was könnte Gott fragwürdiger machen in dieser Welt als die Fragwürdigkeit des Glaubens und der Liebe seiner Gläubigen?

GEBET

Herr Jesus Christus, im Dunkel des Todes hast Du Licht werden lassen, im Abgrund der tiefsten Einsamkeit wohnt nun für immer die bergende Macht Deiner Liebe, inmitten Deiner Verborgenheit dürfen wir das Alleluja der Geretteten singen.
Gib uns die demütige Einfalt des Glaubens, der sich nicht beirren lässt, wenn Du uns in die Stunden des Dunkels, der Verlassenheit rufst, wo alles fraglich zu werden scheint; gib uns in dieser Zeit, da Deine Sache wie im Todeskampfe liegt, Licht genug, um Dich nicht zu verlieren; Licht genug, damit wir andern Licht werden können, die dessen noch mehr bedürfen. Lass das Geheimnis Deiner österlichen Freude wie eine Morgenröte hineinleuchten in unsere Tage, lass uns wahrhaftig österliche Menschen sein inmitten des Karsamstags der Geschichte. Lass uns durch die hellen und dunklen Tage dieser Zeit hindurch frohgemut unterwegs sein hin zu Deiner kommenden Herrlichkeit. Amen."


Aus: Joseph Ratzinger, Meditationen zur Karwoche, Kyrios-Verlag, Freising 1969