Pfarre

Klagenfurt-St. Modestus

Gedanken für den Tag - 29. April: Katharina von Siena

Die Friedensaktivistin und Moralapostolin ihrer Zeit. Von Pfarrprovisor Richard Pirker

Katharina von Siena fiel auf. Sie war das 23. Kind einer kinderreichen Färberfamilie in Siena. Mit sieben Jahren erlebte sie eine mystische Begegnung mit Christus und erfährt dadurch eine Art mystische Geborgenheit, was ihre Sehnsucht nach dem Alleinsein bezeugt, da sie im Gebet Gott „ganz spüren“ kann. Ihre Eltern planen „eine gute Partie“ mit einem vermögenden Ehemann, doch Katharina weist dies mit 12 Jahren strikt zurück. Sie ahnt, dass sie eine besondere Berufung in der Kirche hat und wird deshalb „Bußschwester des hl. Dominikus“, eine Art strenger, dritter Orden. Später wird sie den in Avignon residierenden Papst Gregor IX. auffordern, nach Rom zurückzukehren und ihm mit 28 Jahren offen die Missstände der Kirche und ihrer Vertreter nennen. Sie wird nicht müde werden, Kirchenfürsten und Politiker aufzufordern, Frieden zu schließen und sich um das Seelenheil und die Ordnung im moralischen Leben zu kümmern, damit die Seele im eigenen Körper wohnen kann. Völlig entkräftet stirbt sie in Rom mit 33 Jahren am 29. April 1380. Sie wird bereits 1461 heilig gesprochen, im 20. Jahrhundert durch Papst Paul VI. zur Kirchenlehrerin erhoben und durch Papst Johannes Paul II. zur Mitpatronin Europas erwählt. – Wir bräuchten heute auch solche mutigen Frauen, die es offensichtlich gibt, aber ihr Herzblut mehr für Umwelt und Frauenrechte hergeben als sich um das moralische Versagen ihrer kirchlichen Verantwortlichen zu kümmern.

Bildunterschrift (Bildrechte sind zwingend anzugeben!)
Sarkophag der Katharina in S. Maria Sopra Minerva (Foto: Hreid, Wikipedia)

Gebet

Guter Gott, du hast der heiligen Katharina von Siena eine tiefe Liebe zur Kirche geschenkt. Aus dieser Liebe heraus fand sie zu den rechten Worten und Taten, deine Kirche zu erneuern. Lass auch uns so reden und handeln, dass deine Gegenwart unter uns sichtbar wird. Darum bitten wir durch Jesus Christus, unseren Herrn. Amen.

Zum Nachdenken – Welche Begegnungen tragen mein Leben, meine Seele, damit sie atmet?

NUR NICHT von Erich Fried

Das Leben
wäre
vielleicht einfacher
wenn ich dich
gar nicht getroffen hätte

Weniger Trauer
jedes Mal
wenn wir uns trennen müssen
weniger Angst
vor der nächsten
und übernächsten Trennung

Und auch nicht soviel
von dieser machtlosen Sehnsucht
wenn du nicht da bist
die nur das Unmögliche will
und das sofort
im nächsten Augenblick
und die dann
weil es nicht sein kann
betroffen ist
und schwer atmet

Das Leben
wäre vielleicht
einfacher
wenn ich dich
nicht getroffen hätte
Es wäre nur nicht
mein Leben

Von Katharina von Siena:

Geliebteste Kinder, wollt ihr die Frucht meines Willens kosten und finden, spricht Gott, bemüht euch, immer Bewohner der Zelle eurer Seele zu sein. Diese Zelle ist ein Brunnen, der Erde und Wasser enthält.“ - Erde versinnbildlicht - so Marianne Schlosser - die Erkenntnis der eigenen Nichtigkeit, des Elends, in dem sich der Mensch befindet. Wasser bedeutet die Erkenntnis, dass Gott die Heiligkeit des Menschen will. Der Mensch muss sich klar vor Augen halten, dass sein innerster Kern, der tiefste Bereich seines Willens, frei ist. Auf ihn kommt es an. Die Seele kann nicht erobert werden, solange sich der Wille nicht ergibt. Heilige Katharina, hilf uns, diese Zelle im eigenen Herzen einzurichten und darin zu bleiben. Bitte für uns! „Lieber will ich meine Pflicht in Schmerz, Dunkelheit und Kämpfen tun für Christus, den Gekreuzigten, als dass ich sie nicht täte und meine Ruhe hätte! Habt keine Angst! Vor nichts! Antwortet auf die Vorspiegelungen des Teufels und euer eigenes lauwarmes Herz: Alles vermag ich in Christus. Er, der mich stärkt, ist in mir, durch Sehnsucht und Liebe!“ Heilige Katharina, hilf uns anzunehmen, was Gott uns zumutet, was er uns zutraut, weil er uns beisteht. Bitte für uns!

Wie könnte unsere Kirche mit großen Visionen aussehen? Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI. hat 1970 folgende Vision in einem kleinen Auszug beschrieben:

»Die Zukunft der Kirche kann und wird auch heute nur aus der Kraft derer kommen, die tiefe Wurzeln haben und aus der reinen Fülle ihres Glaubens leben. Sie wird nicht von denen kommen, die nur Rezepte machen. Sie wird nicht von denen kommen, die nur dem jeweiligen Augenblick sich anpassen. Sie wird nicht von denen kommen, die nur andere kritisieren, aber sich selbst als unfehlbaren Maßstab annehmen. Sie wird also auch nicht von denen kommen, die nur den bequemen Weg wählen. Die der Passion des Glaubens ausweichen und alles das für falsch und überholt, für Tyrannei und Gesetzlichkeit erklären, was den Menschen fordert, ihm wehe tut, ihn nötigt, sich selbst preiszugeben.

Sagen wir es positiv: Die Zukunft der Kirche wird auch dieses Mal, wie immer, von den Heiligen neu geprägt werden. Von Menschen also, die mehr wahrnehmen als die Phrasen, die gerade modern sind. Von Menschen, die deshalb mehr sehen können als andere, weil ihr Leben weitere Räume umfasst.

Selbstlosigkeit, die den Menschen frei macht, wird nur erreicht in der Geduld der täglichen kleinen Verzichte auf sich selbst. In dieser täglichen Passion, die den Menschen erst erfahren lässt, wie vielfach sein Ich ihn bindet, in dieser täglichen Passion und nur in ihr wird der Mensch Stück um Stück geöffnet. Er sieht nur so viel, so viel er gelebt und gelitten hat. Wenn wir heute Gott kaum noch wahrnehmen können, dann deshalb, weil es uns so leicht gemacht wird, vor uns selbst auszuweichen, vor der Tiefe unserer Existenz zu fliehen in die Betäubung irgendeiner Bequemlichkeit. So bleibt unser Tiefstes unerschlossen. Wenn es wahr ist, dass man nur mit dem Herzen gut sieht, wie blind sind wir dann doch alle!

Was heißt das für unsere Frage? Es besagt, daß die großen Worte derer, die uns eine Kirche ohne Gott und ohne Glauben prophezeihen, leeres Gerede sind. Eine Kirche, die in politischen "gebeten" den Kult der Aktion feiert, brauchen wir nicht. Sie ist ganz überflüssig. Und sie wird daher ganz von selbst untergehen. Bleiben wird die Kirche Jesu Christi. Die Kirche, die an den Gott glaubt, der Mensch geworden ist und uns Leben verheißt über den Tod hinaus. Desgleichen kann der Priester, der nur noch Sozialfunktionär ist, durch Psychotherapeuten und durch andere Spezialisten ersetzt werden. Aber der Priester, der kein Spezialist ist, der nicht sich selber aus dem Spiele hält, während er amtliche Beratungen gewährt, sondern von Gott her sich den Menschen zur Verfügung gibt, für sie da ist in ihrer Trauer, in ihrer Freude, in ihrem Hoffen und in ihrer Angst, er wird auch weiterhin nötig sein.

Gehen wir einen Schritt weiter. Aus der Krise von heute wird auch dieses Mal eine Kirche morgen hervorgehen, die viel verloren hat. Sie wird klein werden, weithin ganz von vorne anfangen müssen. Sie wird viele der Bauten nicht mehr füllen können, die in der Hochkonjunktur geschaffen wurden. Sie wird mit der Zahl der Anhänger viele ihrer Privilegien in der Gesellschaft verlieren. Sie wird sich sehr viel stärker gegenüber bisher als Freiwilligkeitsgemeinschaft darstellen, die nur durch Entscheidung zugänglich wird. Sie wird als kleine Gemeinschaft sehr viel stärker die Initiative ihrer einzelnen Glieder beanspruchen. Sie wird auch gewiss neue Formen des Amtes kennen und bewährte Christen, die im Beruf stehen, zu Priestern weihen: In vielen kleineren Gemeinden bzw. in zusammengehörigen sozialen Gruppen wird die normale Seelsorge auf diese Weise erfüllt werden. Daneben wird der hauptamtliche Priester wie bisher unentbehrlich sein.

Aber bei allen diesen Veränderungen, die man vermuten kann, wird die Kirche ihr Wesentliches von neuem und mit aller Entschiedenheit in dem finden, was immer ihre Mitte war: Im Glauben an den dreieinigen Gott, an Jesus Christus, den menschgewordenen Sohn Gottes, an den Beistand des Geistes, der bis zum Ende reicht. Sie wird in Glaube und Gebet wieder ihre eigentliche Mitte erkennen und die Sakramente wieder als Gottesdienst, nicht als Problem liturgischer Gestaltung erfahren."

Joseph Ratzinger, Glaube und Zukunft, Kösel-Verlag 1970