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Katholische Frauenbewegung

KleinbäuerInnenrechte sind Menschenrechte: Einsatz der österreichischen Regierung für UN-Deklaration

Katholische Frauenbewegung Österreichs: Frauen am Land besonders betroffen von Hunger und Diskriminierung

 (© Foto: kfbö)
(© Foto: kfbö)

[Wien, 6.4.2018, PA] Die Katholische Frauenbewegung Österreichs richtet einen dringenden Appell an die österreichische Regierung, sich für die Annahme einer Erklärung des UN-Menschenrechtsrates über die „Rechte von KleinbäuerInnen und anderer Menschen, die in ländlichen Regionen arbeiten“ einzusetzen. Die Erklärung verfolgt das Ziel, Rechte der Betreffenden etwa auf Land, Ernährungssouveränität oder Saatgut festzuschreiben und damit Lücken im Bestand an Menschenrechtsinstrumentarien zu schließen. „Hunger und vielfältige Diskriminierungen, die derartige Rechtsinstrumentarien erforderlich machen, treffen vor allem Frauen und Mädchen“, so Eva Oberhauser, stellvertretende Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs und im kfbö-Vorstand verantwortlich für die „Aktion Familienfasttag“, die in einer Vielzahl von Projekten in Asien, Afrika und Lateinamerika Kleinbäuerinnen und andere Frauen in ländlichen Regionen auf dem Weg zu ökonomischer und persönlicher Ermächtigung begleitet. Die 2012 vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen eingesetzte internationale Arbeitsgruppe zur Abfassung einer Deklaration über die Rechte von KleinbäuerInnen tagt vom 9. – 13. April in Genf, bei dieser fünften Sitzung der Arbeitsgruppe soll ein überarbeiteter Entwurf der Deklaration vorgestellt werden. Die EU-Mitgliedsstaaten stehen der Erklärung allgemein skeptisch gegenüber, konnten sich zuletzt jedoch auf keine einheitliche Linie einigen: „Umso schwerer wiegen Verantwortung und Chancen Österreichs, im Rahmen des bevorstehenden EU-Ratsvorsitzes für eine einheitlich positive Linie und somit die Verabschiedung der Deklaration wirksam zu werden“, so Miriam Kienesberger, Referentin für Entwicklungspolitik und Anwaltschaft bei der „Aktion Familienfasttag“ der kfbö. Angestoßen haben den Prozess der Entwicklung einer Deklaration von KleinbäuerInnenrechten in einzigartiger Weise die Betroffenen selbst: 2002 hat die internationale Bewegung von KleinbäuerInnen „La Via Campesina“ einen ersten Entwurf vorgelegt. Maßgeblich unterstützt wird die Bewegung von der internationalen Menschenrechtsorganisation FIAN (FoodFirst Informations- und Aktions-Netzwerk), die sich dafür einsetzt, dass das Recht auf Nahrung für alle Menschen verwirklicht wird. In den EU-Staaten arbeitet ein breites Bündnis von zivilgesellschaftlichen Organisationen an der Seite von „La Via Campesina“ und FIAN, darunter die Katholische Frauenbewegung Österreichs.

Rund 80 Prozent der weltweit Hungernden leben laut Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen am Land, KleinbäuerInnen stellen mit 50 Prozent die größte Gruppe dar, 20 Prozent sind Landlose, 10 Prozent FischerInnen, JägerInnen und HirtInnen. 60 – 70 Prozent der Hungernden sind Frauen und Mädchen: „Jene Menschen, die Lebensmittel produzieren – und in erster Linie sind das Frauen –, leiden am meisten Hunger“, erklärt Kienesberger. Gründe dafür sind vielfache Diskriminierungen, denen insbesondere Frauen ausgesetzt sind. Dazu zählt etwa der mangelnde Zugang zu Land – ein in patriarchal geprägten Gesellschaften verstärkt Frauen betreffendes Problem –, das durch Landraub seitens internationaler industrieller Agrarunternehmen vorangetrieben wird. Weitere Ursachen sind Benachteiligungen aufgrund geschlechtsspezifischer Rollenbilder und Gesetzgebungen, fehlende soziale Absicherung, mangelnde Vertretung von KleinbäuerInnen auf politischer Ebene, verschlechterte landwirtschaftliche Bedingungen aufgrund des Klimawandels, zunehmende Lebensmittelspekulation.

„Auch am Zugang zu Saatgut und der Kontrolle darüber, mit welchem Saatgut man arbeitet, fehlt es oft“, so Kienesberger. In Nicaragua, einem der ärmsten Länder der Welt, das gleichzeitig stark vom Machismo geprägt ist, arbeitet die Aktion Familienfasttag seit Jahren mit der „Fundacion entre Mujeres“ (FEM), einer 1994 im ländlichen Raum gegründeten Gruppe von Bäuerinnen, die ihre Mitglieder stärkt, indem sie sie ökonomisch ermächtigt, Zugang zu materiellen Ressourcen und Produktionsmitteln ermöglicht: „Die Frauen von FEM wirtschaften mit ihrem eigenen Saatgut, sie betreiben biologische Landwirtschaft, arbeiten nach den Prinzipien der solidarischen Ökonomie in Kooperativen für den Eigenbedarf, für den lokalen, nationalen und auch internationalen Markt“. Die Fähigkeiten zur Selbstverwaltung und auch zur politischen Vertretung nach außen werden gestärkt, die Frauen zu Akteurinnen eines neuen sozialen Entwicklungsmodells auf der Basis von Gleichberechtigung und einem sorgsamem Umgang mit den natürlichen Ressourcen. „Was bei FEM modellhaft und mit Unterstützung kirchlicher bzw. zivilgesellschaftlicher PartnerInnen umgesetzt wird, kann durch eine dezidierte Deklaration von KleinbäuerInnenrechten auf eine rechtlich verbindliche Basis gestellt werden und in weiten Teilen der Erde dem Hunger, insbesondere dem Hunger von Frauen und Mädchen, nachhaltig entgegenwirken“, so Kienesberger.