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Katholische Aktion

Schon wieder Herbergssuche!

Ein Gedanke zum zweiten Adventsonntag: Herbergssuche - eine Lernaufgabe, die endlich angegangen werden sollte.

„Don’t panic, work hard and pray.“ So lautet die Corona-Strategie des tansanianischen Präsidenten John Magufuli, auch genannt der „Bulldozer“. Grundsätzlich lässt sich dem viel abgewinnen, wenn man, in einem relativ sicheren Betrieb angestellt, ausgestattet mit Laptop fürs Homeoffice oder genug Bürofläche, um sich ausweichen zu können. Oder wenn die eigenen Kinder in einer kostenlosen, öffentlichen und dennoch guten Schule nicht nur versorgt, sondern beim Lernen begleitet werden. Oder wenn es ein fast immer greifendes System des Sozialstaates gibt, das Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, Kinderbeihilfe und Pension weitgehend sichert.

Wie aber bewältigen die Menschen in Tansania oder allgemein im globalen Süden ihren Corona-Alltag, ohne Gesundheitssystem, ohne Lohnsicherung und Ausgleichszahlungen und ohne die Sicherheit, das Schulgeld weiter bezahlen zu können, geschweige denn die Lebensmittel? Die Aussage des Präsidenten zeigt, dass er es sich nicht leisten wird, wie sein österreichisches Pendant Alexander van der Bellen zu versichern: „Wir lassen niemanden zurück.“

Viele in Kärnten Lebende hat Corona getroffen. Weltweit sind es noch mehr. Sie leben entweder dieses Gott gegebene Leben in einer Art, die kein Infrage stellen zulässt oder sie verzweifeln. Sie verzweifeln bei ihrer odyseehaften Herbergssuche vielleicht so sehr, dass sie dem ausgebuchten Wirt eine Pandemie an den Hals wünschen, damit die Nächtigungen in den Keller sinken. Oder sie stecken ihr Lager in Brand, damit das Licht der Flammen jenes der Kaufhauszentren und Partymeilen zumindest für einen Moment überstrahlt. So wie ein SOS in dunkler Nacht.

Dass das Thema Herbergssuche 2021 noch immer aktuell ist, mag fachtheologisch faszinieren. Da hat jemand vor gut 2.000 Jahren echt Weitblick bewiesen. Dass es aber immer noch um Existenzen geht, um Menschen, die nicht willkommen sind, die das Gefühl von Geborgenheit verloren, vielleicht nie gekannt haben, lässt auf die Menschheitsgeschichte mutlos blicken. Aber Moment: wir sind lernfähig. Vielleicht nicht alle in derselben Geschwindigkeit, aber grundsätzlich ist uns diese Fähigkeit gegeben. Nutzen wir sie.

Angela Rosenzopf-Schurian, KA-Generalsekretärin